Über 300 Mustervorlagen, Fachinformation, aktuelle Judikatur
» Mehr Infos zum Portal Wohnrecht
Ihre Suche nach gärten lieferte 69 Ergebnisse.
Verderblichkeit des Wassers – Mieterpflichten versus Erhaltungspflichten des Vermieters
Gastautorin Dr. Weisert erläutert in ihrem Beitrag, welche Gesundheitsgefährdungen von Wasserleitungen ausgehen können und welche Pflichten Vermieter und Mieter treffen, um die Wasserqualität unseres Trinkwassers zu erhalten.
Laut Ergebnis einer Umfrage, die im Auftrag des Forums Wasserhygiene (2017) durchgeführt wurde, kommen zwei Drittel des in Österreich getrunkenen Wassers aus der Leitung.
Legionärskrankheit durch Leitungswasser?
Dass sich im Leitungswasser Bakterien unter bestimmten Bedingungen rasch vermehren können, ist nicht jedem bewusst. Im Jahr 2015 erkrankten laut der Nationalen Referenzzentrale für Legionella-Infektionen (AGES) zufolge 160 Menschen in Österreich an der Legionärskrankheit, etwa jeder 10. stirbt an den Folgen dieser schweren, durch Legionellen hervorgerufene Lungenentzündung. Diese Süßwasser-Bakterien können sich im warmen Wasser (ca.25 °C – 50 °C) vermehren und das Einatmen von Legionellen belasteten Aerosolen (feinsten Wassertröpfchen) kann zu dieser schweren Lungenentzündung führen. Das Trinken von legionellenbelastetem Wasser stellt kein gesundheitliches Risiko dar. Die Dunkelziffer an Erkrankungen ist laut Experten sogar deutlich höher, denn im ambulanten Versorgungsbereich erfolgt nur selten eine mikrobiologische Abklärung. Ein erhöhtes Risiko haben Personen mit geschwächtem Immunsystem, mit chronischen Lungenerkrankungen sowie Raucher. (Quelle: www.forum-wasserhygiene.at).
Als Endnutzer von Wasserleitungen haben wir oft kein Bewusstsein dafür, dass Wasser auch verderben kann. Die Wasserqualität hat in Österreich hohen Standard, die „Anlieferung“ passt sohin, nur die Frage, wie geht man mit dem angelieferten Wasser um, nämlich in Hinblick auf die Erhaltung dieser Qualität, hat sich erst in letzter Zeit gestellt, vor allem seit vor Keimen im Trinkwasser gewarnt wird (Quelle: Standard vom 13.6.2018).
Was tun um Wasserqualität zu erhalten?
Um die Wasserqualität im Haus zu erhalten, empfiehlt das FORUM Wasserhygiene die regelmäßige Wasserentnahme bzw Freispülen der Leitungen nach 24 Stunden Abwesenheit, die Beachtung der richtigen Temperatur (Kaltwasser darf maximal 20 Grad, Warmwasser muss mindestens 55 Grad Celsius haben) und dass die Trinkwasserinstallation im Haus regelmäßig gewartet und gereinigt werden sollte (zB auch Tausch von Brauseköpfen und Schläuchen).
Wer aber hat nun die Trinkwasserinstallationen zu warten?
Der Vermieter hat nach Maßgabe der rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass die Baulichkeit, die vermieteten oder zur Nutzung überlassenen Wohnungen oder Geschäftsräume und die der gemeinsamen Benützung der Bewohner der Baulichkeit dienenden Anlagen im jeweils ortsüblichen Standard erhalten und erhebliche Gefahren für die Gesundheit der Bewohner beseitigt werden (§ 14a WGG = § 3 MRG).
Erhebliche Gesundheitsgefährdung
Durch die Wohnrechtsnovelle 2006 (WRN 2006) wurde die Verpflichtung des Vermieters zu Erhaltungsarbeiten im Inneren des Mietgegenstandes eingeführt, wenn von diesem eine erhebliche Gesundheitsgefährdung ausgeht. Diese Änderung hatte ihren Ausgangspunkt in gefährlichen, weil nicht geerdeten Elektroinstallationen, sowie in der Diskussion über Blei im Trinkwasser. Ausdrücklich wurde dazu in den Materialien festgehalten, dass die Wertungsinkongruenz, wonach dem Vermieter zwar eine Erhaltungspflicht auch für das Innere des Mietgegenstandes trifft, wenn der fragliche Mangel einen ernsten Schaden des Hauses darstellt, nicht aber dann, wenn vom Zustand des Mietgegenstandes eine Gefahr für Leib oder Leben des betreffenden Mieters ausgeht, ohne dass die Substanz des Hauses betroffen ist, beseitigt werden soll. Zur Klarstellung wurde aber auch festgehalten, dass eine erhebliche Gesundheitsgefährdung nicht nur von Wasserleitungen aus Blei und ungeerdeten Elektroinstallationen, sondern beispielsweise auch von Asbest und anderen gefährlichen Baustoffen ausgehen kann.
Der Hinweis, dass es sich um eine erhebliche Gesundheitsgefährdung handeln muss, bringt zum Ausdruck, dass nicht jede Bagatellbeeinträchtigung die Erhaltungspflicht des Vermieters auslöst. Ob ein bestimmter Mangel die Erheblichkeitsschwelle überschreitet und damit die Pflichten des Vermieters zur Gefahrenabwehr begründet, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen (ÖJZ 2006/48).
Erheblichkeitsschwelle
Die Erheblichkeitsschwelle wird als nicht allzu hohe Hürde vor der Inanspruchnahme der Erhaltungspflicht des Vermieters verstanden, so dass dessen Erhaltungspflicht nicht erst bei extremen, gar lebensbedrohenden, besonders intensiven Gefahren gegeben ist, sondern bei jeder signifikanten Gefährdung der körperlichen Integrität zum Tragen kommt. Die Anführung der Beispiele in der Regierungsvorlage macht es aber deutlich, dass es sich um einen Zustand handeln muss, der sich unmittelbar negativ auf die Gesundheit des Mieters auswirkt und die geforderte Erheblichkeitsschwelle übersteigt, jedenfalls aber geeignet ist, eine solche Gesundheitsbeeinträchtigung konkret herbeizuführen, insbesondere wenn dabei die Gefahr von deren Gefährdung umso größer wird, je länger der Zustand andauert. (OGH 5 Ob264/15g)
Bleirohre und Bleigrenzwerte
Sind Bleirohre im Inneren eines Hauses für eine Trinkwasserkontamination ursächlich, so trifft den Vermieter eine Behebungspflicht.
Werden die Bleigrenzwerte der Trinkwasserverordnung in der Wohnung eines Mieters bei einer Wasserentnahmestelle gar nicht und bei der anderen dann nicht überschritten, wenn ein Wasservorlauf von nur einer Minute eingehalten wird, besteht kein Baugebrechen, das der Erhaltungspflicht des Vermieters im Sinne des § 3 Abs 2 Z 1 MRG unterliegen würde (5 Ob 233/04g). Diese Entscheidung stammt zwar von vor WRN 2006 und wurde oft kritisiert, insbesondere ob es zumutbar ist, Wasser 1 Minute laufen zu lassen, dennoch wurde auch in der Entscheidung des OGH 5 Ob 88/14y darauf abgestellt, dass nach § 6 Abs 1a MRG einem Vermieter der Austausch von Bleileitungen nur dann aufgetragen werden kann, wenn sich die Gesundheitsgefährdung dieser Wasserleitungen nicht durch andere zumutbare Maßnahmen der Hausbewohner abwenden lässt.
Ordnungsgemäße Trinkwasserversorgung – Pflicht des Vermieters?
Hinsichtlich anderer Fälle kann man derzeit nur pauschalierend sagen, dass eine ordnungsgemäße Trinkwasserversorgung zu den Pflichten des Vermieters zählt. Beim Trinkwasser dürfen bestimmte Grenzwerte • [Fußnote: Verordnung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung – TWV BGBl II Nr 304/2001).Die Verordnung regelt die Anforderung an die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch.] (bei Legionellenbefall spricht man vom KBE = kolonienbildende Einheit) nicht überschritten werden. Doch kann der Vermieter für Bakterienbefall verantwortlich gemacht werden, der nicht in der „Zulieferung“ des Wassers oder in der Verrohrung seine Ursache hat? Ist der Mieter mitverantwortlich?
Feststeht, dass wenn der Grenzwert deutlich überschritten wird, auch Mietzinsminderung in Betracht kommen könnte, wie das Beispiel einer Wohnanlage in Klagenfurt zeigt, hier ist das Wasser immer wieder verkeimt (Quelle: ORF 2017).
Wartungspflicht dem Mieter nicht immer bekannt
Es ist aber nachvollziehbar, dass jedem Mieter eine Wartungspflicht trifft, denn der Vermieter kann wohl kaum dafür Sorge tragen, dass länger nicht benutzte Entnahmestellen ordnungsgemäß bedient werden. Wasserleitung müssen nach längerer Abwesenheit durchgespült werden, Brauseköpfe und Schläuche erneuert werden.
Dass ein Nichtdurchspülen nach längerer Abwesenheit oder auch das jahrelange Verwenden von Brauseköpfen oder Duschschläuchen Gefahrenpotential für Keimbildungen in sich trägt, ist nicht jedermann bekannt, jedem Vermieter sei daher angeraten, auf diese Verpflichtungen des Mieters gesondert hinzuweisen, auch ein Passus im Mietvertrag ist empfehlenswert.
Autorin
Frau Dr. Weisert ist seit 2006 selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Im gleichen Jahr promovierte sie zum Doktor der Rechtswissenschaften. Ihre Haupttätigkeit liegt in der zivil- und strafrechtlichen Beratung und Vertretung. Auf folgende juristische Felder hat sie sich spezialisiert: Miet- und Wohnrecht, Immobilien- und Liegenschaftsrecht, Gewährleistungs- und Schadenersatzrecht, Familien- und Erbrecht sowie Straf- und Verwaltungsstrafrecht.
Für den WEKA-Verlag erstellt sie regelmäßig Fachbeiträge für das Portal Wohnrecht online und ist Autorin von Loseblattwerken zum WEG und Zivilverfahrensrecht.