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Dokument-ID: 1090959

Judikatur | Entscheidung

9 Ob 21/20h; OGH; 24. Februar 2021

GZ: 9 Ob 21/20h | Gericht: OGH vom 24.02.2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Fichtenau, Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner und Mag. Korn als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen I. der klagenden Partei H***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Richter, Rechtsanwalt in Wien, und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei G*****GmbH & Co *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Richter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. R*****, vertreten durch Mag. Nicole Feucht, Rechtsanwältin in Hollabrunn, 2. DDr. W*****, 3. F***** Handelsgesellschaft mbH, *****, zweit- und drittbeklagte Partei vertreten durch Dr. Heinz-Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung und Unterlassung (Top 65) (AZ 89 C 128/07z), und II. der klagenden Partei H***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Richter, Rechtsanwalt in Wien, und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei G*****GmbH & Co *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Richter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. F***** Handelsgesellschaft mbH, *****, 2. DDr. W*****, beide vertreten durch Dr. Heinz-Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung und Unterlassung (Top 66) (AZ 89 C 108/07d) infolge Rekurses der klagenden Partei und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 18. Dezember 2018, GZ 39 R 157/18d-235, mit dem der Berufung der beklagten Parteien gegen das Teilurteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 26. März 2018, GZ 89 C 128/07z-228, Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Begründung

[1] Die Klägerin war Eigentümerin der Liegenschaft *****, die Nebenintervenientin ist ihre Rechtsnachfolgerin. Erst- und Zweitbeklagte im Verfahren 89 C 128/07z (im Folgenden als Erst- und Zweitbeklagte bezeichnet) sind Rechtsnachfolger von Dr. H*****, die Mieterin der Wohnung Top 65 in diesem Haus war. Die Drittbeklagte im Verfahren 89 C 128/07z (und Erstbeklagte im Verfahren 89 C 108/07a, im Folgenden als Drittbeklagte bezeichnet) ist Untermieterin dieser Räume. Der Zweitbeklagte (in beiden Verfahren) ist Geschäftsführer der Drittbeklagten. Die Drittbeklagte ist Mieterin der ebenfalls im Dachgeschoss gelegenen Wohnung Top 66 in diesem Haus.

[2] 2001/2002 mussten das Dach und sämtliche Dachgeschossobjekte wegen diverser Baumängel saniert werden. Daraufhin trat der Zweitbeklagte als Bevollmächtigter der Mieter der Wohnungen Top 65 und 66 an die Klägerin heran und fragte an, ob die Möglichkeit bestehe, im Zuge der Sanierungsarbeiten jeweils eine Dachterrasse zu den beiden Bestandobjekten zu errichten. Die Parteien vereinbarten, dass beide Terrassen gleichzeitig mit den Sanierungsarbeiten unter Ausnutzung der Baustelle und des Gerüsts errichtet werden sollten. Um die Ausführung zu erleichtern, kamen die Parteien von der zunächst erörterten Idee ab, dass die Terrassen von den Mietern selbst bei der Baubehörde einzureichen wären, die Einreichung sollte vielmehr über die Klägerin erfolgen. Hinsichtlich des Mietzinses sowie der Errichtungskosten wurden mehrere Varianten dahingehend besprochen, dass entweder die Klägerin die Errichtungskosten übernimmt und den Mietern für die Benutzung einen zusätzlichen höheren, ziffernmäßig noch nicht festgelegten, Mietzins vorschreibt oder die Mieter die Errichtungskosten übernehmen und im Gegenzug nur pro forma eine deutlich geringere Miete von etwa EUR 1,– für die Benützung zahlen.

[3] Weiters wurde vereinbart, dass im Gegenzug zur Gestattung der Errichtung der Terrasse ein betreffend Top 65 eingeleitetes Mietzinsüberprüfungsverfahren ruhen gelassen wird, sowie während der Umbauarbeiten trotz damit verbundener Unbenutzbarkeit der Objekte der gesamte Mietzins weiter bezahlt wird. Nach Abschluss der Sanierungsarbeiten und Fertigstellung der Terrassen sollte eine Abrechnung stattfinden, „bei der geschaut wird“, wie viel die Errichtung der Terrassen gekostet hat und in welcher Höhe den Beklagten Ansprüche gegen die Klägerin unter anderem aus der weiter bezahlten Miete und den Unannehmlichkeiten im Zusammenhang mit der Baustelle zustehen. Diesbezüglich sollte eine Gegenverrechnung erfolgen. Auch von den Mietern allfällig geleistete Akontozahlungen für die Terrassenerrichtung sollten berücksichtigt werden.

[4] Die Stahlkonstruktion für die Terrassen sollte zunächst von der Klägerin bevorschusst werden, letztlich aber von den Mietern getragen werden. Eine Vereinbarung hinsichtlich der Tragung der Kosten für Planung, Überwachung und Statik konnte nicht festgestellt werden. Der Bodenbelag der neu beschaffenen Terrassen sollte jedenfalls auf Kosten der Mieter verlegt werden. Zwischen den Parteien wurde zu keinem Zeitpunkt eine Einigung über die Höhe des zu zahlenden Mietzinses erzielt.

[5] Die Stahlkonstruktion für die Terrasse zu Top 66 wurde im Jahr 2003 errichtet, für Top 65 im Jahr 2005. In Übereinstimmung zwischen den Parteien wurden die von den Mietern gekauften Holzbodenbelege auf den Terrassen verlegt. Seitdem nutzen die Beklagten die Terrassenflächen. Die Terrasse zu Top 66 verfügt nach wie vor über kein Geländer und keine Absturzsicherung. Auf der Terrasse zu Top 65 ließ der Zweitbeklagte im Jahr 2009 ein Geländer anbringen. Der Klägerin war die Nutzung der Terrassenflächen durch die Mieter bekannt, ihr wurde weder zugestimmt noch wurde sie untersagt.

[6] Ab 2003 wies der Vertreter der Klägerin die Mieter wiederholt darauf hin, dass hinsichtlich der Terrassen ein Mietvertrag auszuhandeln und schriftlich abzuschließen sei. Eine Abrechnung nach Abschluss der Sanierungsarbeiten und Errichtung der Terrassen erfolgte bislang nicht.

[7] 2004 leistete Dr. H***** eine Akontozahlung von EUR 14.000, – an die Klägerin für die Terrasse. Für die Terrassen liegt in Bezug auf die tatsächliche Ausführung weder eine Einreichung bei der Baubehörde noch eine baubehördliche Genehmigung vor. Die Terrassen wurden tatsächlich größer errichtet als ursprünglich eingereicht, weshalb die MA37 der Klägerin auftrug, die ohne baubehördliche Bewilligung in der Wohnung Top 66 im Dachgeschoss und über dem Dach angelegte Dachterrasse sowie den in der Wohnung Top 65 an die bestehende Terrasse angebauten Blumentrog zu entfernen bzw abtragen zu lassen.

[8] Zwischen den Parteien war von Anfang der Gespräche an klar, dass die Terrassen nach Errichtung von den Mietern der jeweiligen Wohnung angemietet werden sollen, weil nur über diese Objekte die Terrassen erreichbar sind.

[9] Die Klägerin begehrt – soweit für das Revisionsverfahren von Relevanz im Verfahren 89 C 128/07z die dort Beklagten schuldig zu erkennen, die von der Wohnung Top 65 erreichbare Plattform sowie im Verfahren 89 C 108/07a von den dort Beklagten, die von der Wohnung Top Nr 66 erreichbare Plattform binnen 14 Tagen geräumt von eigenen Fahrnissen zu übergeben. Sie habe im Zuge der Generalsanierung die Stahlgerüste errichtet, die als Grundlage für die Terrassen dienen sollten, die dann hätten vermietet werden sollen. Die Mieter hätten sich bereit erklärt, die Errichtungskosten zu übernehmen, sofern eine entsprechend geringere Miete angeboten würde. Es hätte ein schriftlicher Mietvertrag abgeschlossen werden sollen. Die Klägerin habe den Mietern auch angeboten, ohne Übernahme der Errichtungskosten die Terrassen gegen einen angemessenen Mietzins anzumieten, das sei jedoch abgelehnt worden. Ein Mietvertrag sei in der Folge nicht zustande gekommen. Die Beklagten nützten die Plattformen ohne Rechtstitel, weshalb die Räumung begehrt werde. Für den Fall der Annahme, dass ein Mietvertrag zustande gekommen sei, werde eine Räumung gestützt auf § 1118 ABGB begehrt.

[10] Die Beklagten bestritten und brachten vor, das Stahlgerüst sei zwar von der Klägerin errichtet worden, die Böden hätten die Beklagten jedoch auf eigene Kosten verlegt. Die Terrassenflächen seien über vier Jahre unwidersprochen genutzt worden. Die Beklagten seien zumindest konkludent Mieter.

[11] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren in diesem Umfang mit Teilurteil statt. Es sei zu keiner Einigung über eine unentgeltliche Benutzung noch über die konkrete Höhe eines zu entrichtenden Mietzinses gekommen. Die Nutzung der Terrassenplattformen erfolge daher titellos. Ein konkludenter Mietvertrag sei nicht zustande gekommen, weil die Klägerin wiederholt schriftlich aufgefordert habe, einen Mietvertrag auszuverhandeln, weshalb die Mieter nicht hätten darauf vertrauen dürfen, dass die Duldung der Benutzung der Terrassen schlüssig eine Zustimmung zu einem Mietvertrag darstelle.

[12] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, hob das angefochtene Teilurteil auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf. Zwischen den Parteien habe Einigkeit über die Bestandobjekte und die Entgeltlichkeit der Überlassung bestanden, wobei vorerst wechselseitige Leistungen zu erbringen gewesen seien, die einer Abrechnung hätten zugeführt werden sollen. Es sei daher von einem mündlich zustande gekommenen Vertrag auszugehen. Der Klägerin stehe nicht frei, die vereinbarte Abrechnung bzw Gegenverrechnung der jeweiligen Leistungen zu verweigern. Es liege an ihr, die Fertigstellung der Terrassen in die Wege zu leiten und die Errichtungskosten bekanntzugeben. Nach der vereinbarten Abrechnung sei von einem Sachverständigen der ortsübliche oder nach den gesetzlichen Bestimmungen maßgebliche Mietzins festzustellen. Eine titellose Benutzung liege nicht vor. Für die Berechtigung des Klagebegehrens sei jedoch noch das Vorbringen der Klägerin zum Vorliegen eines Auflösungsgrundes nach § 1118 ABGB zu prüfen.

[13] Das Berufungsgericht bewertete den Wert des Entscheidungsgegenstands mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil keine Rechtsprechung dazu bestehe, ob der Bestimmbarkeit des Bestandzinses auch dann entsprochen werde, wenn dieser erst durch eine von verschiedenen Kriterien abhängige Abrechnung ermittelt werden müsse.

[14] Gegen diese Entscheidung richtet sich der (richtig) Rekurs der Klägerin und der Nebenintervenientin mit dem Antrag, den Beschluss des Berufungsgerichts dahingehend abzuändern, dass das Teilurteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

[15] Zweit- und Drittbeklagte beantragen, den Rekurs zurückzuweisen bzw ihm nicht Folge zu geben. Der Erstbeklagte beteiligte sich nicht am Rekursverfahren.

Rechtliche Beurteilung

[16] Der Rekurs ist zur Klarstellung zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

[17] 1. Vorauszuschicken ist, dass die Klägerin ihr Räumungsbegehren nicht nur auf eine von Anfang an titellose Benützung der Terrassen durch die Beklagten stützt, sondern auch darauf, dass ein Bestandvertrag, sollte er zustande gekommen sein, nach § 1118 ABGB aufgelöst wurde. Es geht demnach im Verfahren gegen die Mieter der Wohnungen um eine unter § 49 Abs 2 Z 5 JN bzw § 502 Abs 5 Z 2 ZPO fallende Streitigkeit, für die der streitwertabhängige Rechtsmittelausschluss des § 528 Abs 2 Z 1 ZPO nicht gilt (5 Ob 274/02h). Ist das Bestehen oder Nichtbestehen eines Bestandvertrags im Rahmen des Räumungsstreits strittig, hängt die Zulässigkeit der Revision nicht vom Streitwert ab (RS0046865 [T13]).

[18] 2. Ausgehend von den Feststellungen ersuchten die Mieter der Objekte Top 65 und 66 die Klägerin als damalige Vermieterin darum, dass nachträglich zu den Bestandobjekten jeweils eine Terrasse errichtet wird. Selbst wenn das nicht ausdrücklich besprochen worden sein sollte, ergibt sich aus den Gesamtumständen, dass damit die Terrassen nicht gesondert von den Wohnungen angemietet werden sollten, sondern das Mietrecht an den Bestandobjekten um das Recht der Terrassennutzung erweitert werden sollte und für diese zusätzliche Nutzungsmöglichkeit ein zusätzliches Entgelt bezahlt werden sollte.

[19] Stellt der Vermieter dem Hauptmieter Einrichtungsgegenstände bei oder verpflichtet er sich auch zu anderen Leistungen, so kann er nach § 25 MRG dafür ein angemessenes Entgelt vereinbaren. Auch für mitvermietete Haus- und Grundflächen kann in Analogie zu § 25 MRG ein separates – angemessenes – Entgelt vereinbart werden (RS0020307). Dies gilt jedenfalls bei nachträglicher Erweiterung der Bestandsfläche auch für Terrassenflächen (vgl 5 Ob 213/15g). Die Entgeltlichkeit bedarf aber auch in diesen Fällen einer gesonderten Vereinbarung (RS0117878).

[20] 3. Da es sich auch bei dieser Erweiterung des Mietrechtes um die Überlassung des Gebrauchs einer unbestimmten unverbrauchbaren Sache gegen Entgelt handelt, muss es sich – wie allgemein – bei dem dafür vereinbarten Bestandzins um eine bestimmte oder zumindest bestimmbare Leistung handeln. Zur notwendigen Bestimmtheit ist es nicht erforderlich, dass das Entgelt ziffernmäßig festgesetzt wird. Es genügt, wenn im Vertrag alle Elemente enthalten sind, die dessen objektive Bestimmbarkeit ermöglichen (vgl RS0020426). Der Bestandzins, das Entgelt für die Gebrauchsüberlassung, besteht zwar in der Regel in Geld, und zwar entsprechend dem Charakter eines Dauerschuldverhältnisses in wiederkehrenden Leistungen. Das ist aber nicht zwingend. Jede geldwerte Leistung für eine Gebrauchsüberlassung ist Bestandzins (3 Ob 306/04b). Er kann daher auch in einer einmaligen Leistung, sei es Geldleistung (7 Ob 69/98t), sei es die Übernahme von Sanierungs- oder Errichtungskosten (6 Ob 51/03y) bestehen (Lovrek in Rummel/Lukas [Hrsg], ABGB4 §§ 1092–1094 Rz 53).

[21] Bei einer einmaligen Leistung muss – im Anwendungsbereich der Mietzinsbildungsvorschriften des MRG – feststehen, für welche Zeit sie die Überlassung der Benutzung abgelten soll, sonst entsteht mangels Bestimmbarkeit kein Bestandvertrag (vgl RS0069577; RS0070126; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht I22 § 1 Rz 14; Lovrek in Rummel/Lukas, ABGB4, §§ 1092–1094 Rz 59). Allgemein wird die Vereinbarung eines „ortsüblichen“ oder „angemessenen“ Mietzinses als ausreichend angesehen (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht I22, § 1 Rz 14).

[22] 4. Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, dass die ausdrückliche Feststellung, dass zwischen den Parteien zu keinem Zeitpunkt eine Einigung über die Höhe des für die beiden neu errichteten Terrassen zu zahlenden Mietzinses erzielt wurde, sich nur auf eine ausdrückliche Vereinbarung eines Mietzinses bezieht. Ob eine solche Vereinbarung allenfalls konkludent zustande gekommen ist, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann aber nach den Feststellungen auch nicht von einer schlüssig zustande gekommenen ausreichend bestimmten Vereinbarung ausgegangen werden.

[23] Im vorliegenden Fall war zwischen den Parteien ausdrücklich besprochen, dass die Nutzung der Terrassen entgeltlich erfolgen sollte, eine unentgeltliche Verwendung ist daher keinesfalls vereinbart. Dabei gab es nach den Feststellungen „mehrere Varianten“. Eine Einigung auf eine dieser Varianten hat das Verfahren nicht ergeben.

[24] Vielmehr wurde in weiterer Folge eine Abrechnung und Gegenverrechnung über die nicht näher besprochenen Kosten der Errichtung der Terrassen, Akontozahlungen der Mieter und allfälligen anderen Ansprüchen der Mieter „unter anderem“ aus Mietzahlungen trotz Nichtbenützbarkeit und Unannehmlichkeiten im Zusammenhang mit der Baustelle vereinbart. Wie aus dem Ergebnis dieser Abrechnung ein Mietzins ermittelt werden sollte, hat das Verfahren nicht ergeben. Tatsächlich bleibt auch hier offen, ob nach dem Willen der Parteien der sich daraus ergebende Betrag von den Mietern getragen werden oder nur die Grundlage für weitere Gespräche über den Mietzins darstellen sollte. Dabei konnte auch nicht geklärt werde, ob die Kosten der Planung, Überwachung und Statik von Mieter- oder Vermieterseite zu zahlen sind, Mieteransprüche werden nur „unter anderem“ aufgezählt, damit ist aber nicht einmal klar, welche Positionen in eine solche Abrechnung aufgenommen werden sollten.

[25] Daran ändert letztlich auch nichts, dass für einzelne Kosten, etwa die Stahlkonstruktion und den Bodenbelag, eine ausdrückliche Vereinbarung über die Kosten festgestellt werden konnte.

[26] 5. Dass eine Vereinbarung über eine konkrete monatliche Zahlung getroffen wurde, behaupten auch die Beklagten nicht. Richtig verweist der Rekurs aber darauf, dass wenn man von einer Kostenübernahme der Mieter als Teil des Mietzinses ausgeht, jedenfalls offen ist, auf welche Periode eine Einmalzahlung der Mieter angerechnet werden soll, was aber, wie ausgeführt im – hier nicht strittigen Anwendungsbereich des MRG – Voraussetzung für eine wirksame Mietzinsvereinbarung ist.

[27] 6. Das Berufungsgericht hat die Rechtsauffassung vertreten, dass nach einer Abrechnung der wechselseitigen Ansprüche unter Beiziehung eines Sachverständigen der ortsübliche Mietzins für die Nutzung der Terrassen festzustellen ist. Dabei übersieht es aber, dass zwar der angemessene Mietzins die Höchstgrenze des zulässigen Mietzinses bildet, die Zahlung eines solchen angemessenen Mietzinses aber zu keinem Zeitpunkt, auch nicht konkludent vereinbart war. Damit kommt aber auch die Umrechnung eines Abrechnungsergebnisses in eine über den angemessenen Mietzins noch zu bestimmende Periode nicht in Betracht.

[28] 7. Allein der Umstand, dass die Klägerin von einer Nutzung der noch nicht benützungsbewilligten Terrassen durch die Beklagten wusste, lässt ebenfalls keinen Schluss auf eine konkludente Mietzinsvereinbarung, welchen Inhalts auch immer, zu. Richtig verweist die Revision darauf, dass auch festgestellt wurde, dass von Seiten der Klägerin von Anfang an mehrfach – auch schriftlich – darauf hingewiesen wurde, dass ein Mietvertrag noch auszuhandeln und schriftlich abzuschließen ist, von Vermieterseite also gerade nicht von einem bereits zustande gekommenen Mietvertrag ausgegangen wird, weshalb die Mieter die Duldung der Nutzung nicht als eine dementsprechende Willenserklärung der Vermieterin ansehen konnten.

[29] 8. Insgesamt stellt sich aufgrund der getroffenen Feststellungen die Situation so dar, dass die Parteien zwar einzelne Elemente im Hinblick auf die noch zu vereinbarende Mietzinszahlung besprachen, etwa die Tragung bestimmter Kosten durch die Mieter oder die Berücksichtigung bestimmter Positionen, jedoch eine abschließende – gegebenenfalls konkludente – Einigung im Hinblick auf einen von den Mietern sei es periodisch oder durch Einmalzahlung zu leistenden Bestandzins nicht erfolgt ist. Inwieweit sich aus schon geleisteten Zahlungen der Mieter im Hinblick auf die erwartete Einigung Rückzahlungsansprüche ergeben können, ist hier nicht zu beurteilen.

[30] 9. Mangels Einigung über wesentliche Teile des in Aussicht genommenen Nutzungsvertrags können sich die Beklagten daher nicht auf einen Titel zur Benutzung der Terrassen berufen. Auf die Frage, ob selbst bei Vorliegen eines Titels eine Nutzung schon vor Benutzungsbewilligung zulässig ist, muss daher nicht eingegangen werden.

[31] 10. Allerdings ist das Räumungsbegehren der Klägerin dessen ungeachtet nicht spruchreif. Ausgehend von seiner vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht hat das Berufungsgericht die Tatsachen- und Mängelrüge in der Berufung der Beklagten nicht behandelt. Es war daher der Beschluss des Berufungsgerichts aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

[32] 11. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Leitsätze

  • Vereinbarung über eine (zusätzliche) Nutzung neu errichteter Terrassen?

    Die ausdrückliche Feststellung, dass zwischen den Parteien zu keinem Zeitpunkt eine Einigung über die Höhe des für die beiden neu errichteten Terrassen zu zahlenden Mietzinses erzielt wurde, bezieht sich nur auf eine ausdrückliche Vereinbarung eines Mietzinses. Ob eine solche Vereinbarung allenfalls konkludent zustande gekommen ist, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung. Allein der Umstand, dass die Klägerin von einer Nutzung der noch nicht benützungsbewilligten Terrassen durch die Beklagten wusste, lässt keinen Schluss auf eine konkludente Mietzinsvereinbarung, welchen Inhalts auch immer, zu.
    Stanislava Doganova | Judikatur | Leitsatz | 9 Ob 21/20h | OGH vom 24.02.2021 | Dokument-ID: 1090944