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Andrea Weisert | News | 06.06.2011

Aufkündigung rechtzeitig?

Gastautorin Dr. Weisert gibt in ihrem Beitrag einen guten Überblick, welche Kündigungstermine und -fristen bei der Aufkündigung eines Mietverhältnisses zu beachten sind. Dazu liefert sie ein hilfreiches Fallbeispiel.

Im Anwendungsbereich des MRG können Mietverträge von Vermietern nur mehr gerichtlich aufgekündigt werden (§ 33 Abs 1 MRG). Dies gilt im Grunde auch für die Aufkündigung des Mieters, wobei die Annahme einer außergerichtlich erfolgten Kündigung zu einer einvernehmlichen Auflösung führen kann. Dies bedeutet Mieter können den Mietvertrag auch schriftlich (außerstreitig) auflösen.

Die gerichtliche Aufkündigung ist jedenfalls eine formstrenge Prozesshandlung, die als Schriftsatz einzubringen oder gerichtlich zu Protokoll zu erklären ist.

Die gerichtliche Aufkündigung ist eine verfahrenseinleitende Prozesshandlung und hat materiellrechtliche Wirkungen, nämlich insofern, dass mit Zustellung der Kündigung der Bestandvertrag aufgelöst wird, sofern der Kündigungsgegner keine Einwendungen erhebt.

Kündigungstermin und Kündigungsfrist

Zu beachten ist bei einer ordnungsgemäßen Aufkündigung des Mietvertrages, dass der Kündigungstermin und die Kündigungsfrist eingehalten werden. Unter Kündigungstermin ist jener Zeitpunkt zu verstehen, zu dem das Bestandverhältnis enden soll. Die Kündigungsfrist ist die Zeitspanne, die zwischen der Zustellung der Aufkündigung und dem Kündigungstermin liegen muss.

Sollten im Mietvertrag keine Kündigungstermine und Fristen genannt werden, ist analog die Bestimmung des § 560 ZPO anzuwenden, wonach Mietverträge über Wohnungen oder Wohnräume zum letzten Tag eines Monats derart aufzukündigen sind, dass die Aufkündigung dem Gegner spätestens einem Monat vor dem Kündigungstermin zugestellt werden muss.

Einbringung vor Gericht

Die Aufkündigung muss jedenfalls vor Beginn der für den darin genannten Kündigungstermin einzuhaltenden Kündigungsfrist bei Gericht eingebracht werden. Wenn dies nicht eingehalten wird, ist die Kündigung von Amts wegen zurückzuweisen.

Für die Wirksamkeit der Aufkündigung ist daher relevant, wann die Aufkündigung bei Gericht eingebracht und in weiterer Folge wann die Zustellung an den Gegner der aufkündigenden Partei zugestellt worden ist und wie sich dieser verhält.

Zivilverfahrensnovelle 2009

Durch die Zivilverfahrensnovelle 2009 wurde unter anderem die Bestimmung des § 563 ZPO an die Änderungen durch die WRN 2006 angepasst.

Es ist daher zu unterscheiden

1. Wann die Aufkündigung eingebracht wurde:

D.h. ob die Aufkündigung vor oder nach dem Beginn der Kündigungsfrist dem Gericht übermittelt wurde. Der Beginn der Kündigungsfrist ist jener Zeitpunkt, der sich ausgehend von dem in der Aufkündigung genannten Kündigungstermin unter zeitlicher Rückrechnung der dafür einzuhaltenden Kündigungsfrist als spätest möglicher Zeitpunkt ergibt. Es kommt aber bei der Rechtzeitigkeit der Anbringung nicht auf das Einlangen des Kündigungsschriftsatzes bei Gericht, sondern im Fall postalischer Übermittlung auf den Zeitpunkt der Postaufgabe an.

In diesem Sinn verspätet eingebrachte Aufkündigungen (das heißt, nach Beginn der Kündigungsfrist eingebrachte) sind von Amts wegen zurückzuweisen.

2. Wann die Aufkündigung dem Kündigungsgegner zugestellt wurde:

Auch wenn klar ersichtlich ist, dass eine Zustellung der Aufkündigung nicht mehr rechtzeitig an den Gegner erfolgen kann, sind die rechtzeitig eingebrachten Aufkündigungen dem Gegner aber jedenfalls zuzustellen. Das heißt, wenn eine Aufkündigung am letzten Tag vor Beginn der Kündigungsfrist zur Post gegeben und deshalb beispielsweise ein paar Tage später nach Beginn der Kündigungsfrist bei Gericht einlangt, hat das Gericht diese Aufkündigung dem Gegner auch zuzustellen, obwohl bereits feststeht, dass die Zustellung verspätet erfolgen wird.

Alte Rechtslage

Nach der alten Rechtslage waren Aufkündigungen, die nach den in § 560 ZPO genannten Fristen eingebracht wurden, mit Beschluss zurückzuweisen, dh also nicht nur solche, die schon dem Gericht verspätet übermittelt wurden, sondern auch jene, die schon in die Kündigungsfrist, die dem Gegner zur Gänze zur Verfügung stehen sollte, hineinfallen würden. Erfolgte keine Zurückweisung, weil die Fristen eingehalten wurden und konnte trotzdem nicht mehr rechtzeitig dem Gegner zugestellt werden, war dieser Umstand nur dann zu berücksichtigen, wenn der Gegner diesbezüglich Einwendungen erhob. Mit der WRN 2006 sollte der nächstmögliche Kündigungstermin gelten, wenn die Aufkündigung verspätet zugestellt wurde.

3 Fallkonstellationen nach angepassten Bestimmungen der ZPO

Nunmehr werden – nach der ZVN 2009 und mit ihr der WRN 2006 angepassten Bestimmungen der ZPO – 3 Fallkonstellationen unterschieden:

  • Die Zustellung der Aufkündigung ist rechtzeitig vor Beginn der Kündigungsfrist, der Gegner erhebt keine Einwendungen gegen die Aufkündigung oder dringt mit diesen im Verfahren nicht durch – Aufkündigung ist zu dem in ihr genannten Kündigungstermin rechtswirksam.
  • Die Zustellung der Aufkündigung ist nicht mehr rechtzeitig, der Gegner erhebt jedoch überhaupt keine Einwendungen oder er bringt Einwendungen an, macht aber die Versäumung der Kündigungsfrist nicht geltend – die Aufkündigung entfaltet ihre Wirkung trotz der verspäteten Zustellung ebenfalls für den in ihr genannten Kündigungstermin.
  • Aufkündigung wird verspätet zugestellt. Der Kündigungsgegner macht diese Verspätung entweder bereits zum Gegenstand seiner Einwendungen oder zumindest im Laufe des Verfahrens über sonstige Einwendungen geltend. Verspätete und vom Gegner relevierte Zustellung der Aufkündigung hat aber nicht die Unwirksamkeit derselben zur Folge, sondern lediglich den entsprechend verspäteten Eintritt ihrer Vertragsauflösungswirkung. Das heißt, die Kündigung wird zum nächst möglichen folgenden Kündigungstermin wirksam (sofern keine anderen Einwendungen außer die zeitlichen zutreffen).

Fallbeispiel

In einem bei mir anhängigen Aufkündigungsverfahren stellt sich nun die Frage, wie der Gesetzestext „keine Einwendungen erhebt oder die Verspätung nicht rügt“ zu verstehen ist.

Laut Gericht hätte die Gegnerin der Aufkündigung (in diesem Fall Vermieterin) telefonisch die späte Zustellung moniert – was als ausreichend angesehen wurde. Dieser Rechtsansicht kann meiner Ansicht nicht gefolgt werden, nicht nur aus rechtssicherheitlichen Überlegungen, denn wie soll die aufkündigende Partei wissen, ob die Gegenseite „so mal zwischendurch“ ein Telefonat mit dem Gericht führt, woraufhin die Aufkündigung erst für den nächst möglichen Termin gelten soll. Über das Telefonat wurde im gegenständlichen Fall weder ein Aktenvermerk gemacht, noch wurde die aufkündigende Partei hievon verständigt. Außerdem sind Telefonate schon im Außerstreitverfahren, welches bekanntlich nicht so formalistisch wie ein streitiges Verfahren ist, unzulässig, nichts anderes hat im Aufkündigungsverfahren zu gelten.

In der Bestimmung des § 563 Abs 2 ZPO ist von Einwendungen bzw von einer Verspätungsrüge die Rede. Welche Formerfordernisse die Verspätungsrüge zu haben hat, kann dieser Bestimmung jedenfalls nicht entnommen werden. Nachdem jedoch Anbringen von Parteien bei Gericht entweder schriftlich oder mündlich zu Protokoll gegeben werden müssen, sind die Erfordernisse der §§ 75 ff ZPO jedenfalls auch hier zu beachten. Dass die Verspätungsrüge auch nichts anderes als ein expliziter Einwendungsgrund ist, ergibt sich zB aus der Entscheidung des OGH (1 Ob 284/99t) – aus welcher ersichtlich ist, dass eine Rüge keine Alternative zu den Einwendungen ist, sondern nur einen speziellen Einwand darstellt. Vor und mit der WRN 2006 wurde nicht zwischen zeitlichen und sonstigen Einwendungen unterschieden, dass zeitliche Einwendungen nun explizit als Verspätungsrüge bezeichnet werden, soll der Formerfordernis von Einwendungen keinen Abbruch tun.

Fazit

Ob es tatsächlich zu einer von der Gesetzesnovelle beabsichtigte Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch die Möglichkeit der Geltung der Aufkündigung zum nächst möglichen Termin bei Verspätungsrüge kommt, wird die Praxis zeigen.

Autorin

Frau Dr. Weisert ist seit 2006 selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Im gleichen Jahr promovierte sie zum Doktor der Rechtswissenschaften. Ihre Haupttätigkeit liegt in der zivil- und strafrechtlichen Beratung und Vertretung. Auf folgende juristische Felder hat sie sich spezialisiert: Miet- und Wohnrecht, Immobilien- und Liegenschaftsrecht, Gewährleistungs- und Schadenersatzrecht, Familien- und Erbrecht sowie Straf- und Verwaltungsstrafrecht.

Für den WEKA-Verlag erstellt sie regelmäßig Fachbeiträge für das Portal Wohnrecht online.

www.weisert.at