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Roman Reßler | News | 18.02.2014

Blei im Trinkwasser: Besteht ein Anspruch auf Mietzinsminderung?

Gastautor Mag. Reßler geht in seinem Beitrag darauf ein, dass seit Dezember 2013 ein strengerer Grenzwert für den Bleigehalt im Trinkwasser besteht und erläutert anhand bestehender Judikatur, wann hierbei ein Mietzinsminderungsanspruch besteht.

Rechtsgrundlagen, Quellen, Judikatur

§ 1096 Abs 1 ABGB, OGH vom 17.11.2004, 9 Ob 34/04x, 07.12.2004, 5 Ob2 33/04g, 31.08.2005, 7 Ob 155/05b, LGZ Wien vom 29.10.2003, 39 R333/03i, MietSlg 55.150, 56.140, immolex 2003,173

Seit 1. Dezember 2013 gilt ein strengerer Grenzwert für den Bleigehalt im Trinkwasser. Vor 10 Jahren wurden die Grenzwerte für Blei im Trinkwasser auf 0,025 mg/l gesenkt. Dies wurde in der Österreichischen Trinkwasserverordnung BGBl 304/2001 festgelegt. Damit wurde die EU-Richtlinie 98/83 EG in innerstaatliches Recht umgesetzt. In der angesprochenen Trinkwasserverordnung wurden im Anhang I, Teil A und Teil B Parameter und Parameterwerte sowohl für mikrobiologische als auch chemische Parameter festgelegt. Diese legen fest, dass für Blei im Trinkwasser ab Dezember 2013 ein neuer Grenzwert von maximal 0,01 Milligramm pro Liter (10 µg/l) gilt.

Der Wert von 0,01 mg/l wurde von der WHO empfohlen, damit dürften praktisch keine Bleirohre mehr in Hausinstallationen vorhanden sein, was insbesondere bei Stagnationswasser in Gründerzeithäusern problematisch sein kann. In der Praxis hängt die Bleibelastung jedoch stark vom pH-Wert des Wassers ab. Der pH-Wert liegt in Wien zwischen 6,5 und maximal 8,5, laut Homepage der MA 31. Bei einem Härtebereich zwischen 6 und 11, vereinzelt 14° dH bildet der Kalkgehalt des Wassers im Laufe der Zeit einen schützenden Belag in der Wasserleitung, wodurch ein Herauslösen von bleihaltigen Verbindungen weitgehend verhindert wird. Kalkhaltiges Wasser gibt es vor allem in jenen Bezirken, welche insbesondere durch die Hochquellwasserleitungen versorgt werden. In Gebieten, welche durch „weiches“ Grundwasser versorgt werden, kann es in Einzelfällen zu erhöhten Bleibelastungen kommen.

Zu den Grenzen und der Bandbreite von Mietzinsminderungsansprüchen von Mietern

Die bis dato ergangene Judikatur zur Mietzinsminderung bei Blei im Trinkwasser ist nicht so vielfältig und liegt schon längere Zeit zurück, jedoch ist wie bei jeder Beeinträchtigung des Gebrauches festzuhalten, dass eine bloß geringfügige Überschreitung des Grenzwertes noch nicht zu einer Mietzinsreduktion führen muss. Umgekehrt folgt daraus, dass eine gesundheitsschädliche Bleikonzentration im Trinkwasser eine Mietzinsreduktion rechtfertigt. Allerdings kann dabei nach der Judikatur nicht schematisch auf das bloße Überschreiten von Grenzwerten abgestellt werden (9Ob34/04x, immolex 2003,173).

Im Einzelfall ist zu prüfen, ob tatsächlich über einen relevanten Zeitraum eine Gesundheitsgefahr besteht. Die Möglichkeit, das Wasser vor der Entnahme einige Zeit laufen zu lassen kann unter Umständen das Ausmaß der Mietzinsminderung reduzieren, allerdings nur dann, wenn sichergestellt ist, dass dadurch in einer relativ kurzen Zeit verlässlich eine Reduktion des Bleigehaltes auf ein die Gesundheit nicht mehr gefährdendes Ausmaß erreicht werden kann.

So hat der OGH ausgesprochen, dass im Falle einer Unterschreitung der Grenzwerte bei einer Vorlaufzeit von nur einer Minute kein Mangel in der Trinkwasserversorgung gesehen werden kann, da dieser Mangel mit einem derart geringen Aufwand ausgeschaltet werden kann (5Ob233/04g).

Dabei wird eine über 25 % hinausgehende Mietzinsminderung kaum in Betracht zu ziehen sein, weil Wasser auch anderwertig nutzbar ist (Lenk, Blei im Trinkwasser, immolex 2003,173).
In einer ebenfalls schon älteren Entscheidung des LGZ Wien wurde eine Mietzinsminderung von 10 % zuerkannt, da es dem Mieter unzumutbar ist, gesundheitsgefährdendes Wasser zum Trinken oder Kochen zu verwenden (LGZ Wien vom 29.10.2003, 39 R333/03i, MietSlg 55.150). Die Mietzinsminderung als wichtigstes Gewährleistungsrecht des Mieters besteht nicht nur bei Wohnräumlichkeiten, sondern auch bei Geschäftsräumlichkeiten: Auch hier muss die Gesundheitsgefahr über einen relevanten Zeitraum bestehen, um einen Mietzinsminderungsanspruch zu rechtfertigen (OGH 7 0b 155/05b).

Fazit

Die Auswirkungen in Bezug auf eine etwaige Mietzinsminderung auf die Judikatur, aufgrund des strengen Grenzwertes für eine Bleibelastung im Trinkwasser, bleiben abzuwarten. Langfristig wird ein Austausch von Bleileitungen unerlässlich sein, soferne nicht schon ein Austausch aufgrund schadhafter Versorgungsleitungen stattgefunden hat. Gerade bei Wasserschäden wird es zweckmäßig sein, im Zuge deren Behebung auch alte Bleileitungen gegen neue auszutauschen.

Autor

Mag. Roman Reßler ist Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum. Schon während seines Studiums war er als Eigentümer von Liegenschaften mit Fragen des Miet- und Wohnrechts beschäftigt. Nach Absolvierung des rechtswissenschaftlichen Studiums und des Gerichtsjahres mit dem Schwerpunkt „Wohnrecht“ sammelte er weitere praktische Erfahrungen in einer Hausverwaltung. Im Jahre 2001 begann er seine Tätigkeit als Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum, wo er für die persönliche Mitgliederberatung verantwortlich ist.

Neben seiner Tätigkeit als Rechtsberater verfasst er auch juristische Fachartikel in der monatlich erscheinenden Mitgliederzeitung „Haus & Eigentum".