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Die Wertsicherung des Richtwertmietzinses
Gastautor Mag. Ortbauer von der Mietervereinigung Österreichs erläutert aus konkretem Anlass – der Erhöhung der Richtwerte ab 1. April 2012 – alle wesentlichen Aspekte zur Wertsicherung des Richtwertmietzinses.
Seit In-Kraft-Treten des „Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetzes“ (MILG) im Jahr 2008, als auch der Wohnrechtsnovelle 2009 (WRN 2009), geben die Valorisierungen der Richtwerte sowohl auf Mieter- als auch auf Vermieterseite Anlass zu Diskussionen. Schließlich stellt der Richtwertmietzins gegenwärtig das vorrangige Mietzinsbildungssystem im MRG dar. Am 01.04.2012 kommt es gemäß § 5 RichtWG erneut zu einer solchen Wertanpassung. Dies gibt Anlass, die Wertsicherung von Hauptmietzinsen im Vollanwendungsbereich des MRG und im Speziellen der Richtwertmietzinse etwas näher zu beleuchten.
Wertsicherung der Richtwerte nach § 5 RichtWG
Gemäß § 5 RichtWG erhöhen (oder vermindern) sich die dort in Absatz 1 ziffernmäßig angeführten Richtwerte für die einzelnen Bundesländer, beginnend mit 01.04.2010, jedes zweite Jahr in dem Maß, welches sich aus der Veränderung des verlautbarten Jahresdurchschnittswertes des Verbraucherpreisindex 2000 des jeweiligen Vorjahrs gegenüber dem Indexwert 114,6 (Durchschnittswert des Jahres 2007) ergibt.
In seiner ursprünglichen Fassung normierte § 5 RichtWG eine an den VPI 1986 gebundene alljährlich stattzufindende Valorisierung der Richtwerte.
Diese Regelung wurde einerseits im Jahr 2008 durch das sog „Mietrechtliche Inflationslinderungsgesetz“ (MILG) und andererseits durch die WRN 2009 bedeutend verändert.
Durch den sprunghaften Anstieg der Verbraucherpreise im Jahr 2007 (vor allem zum Monat Dezember 2007) wäre es nämlich zum 1.4.2008 zu einer massiven Erhöhung der Richtwerte gekommen. Um diesen Effekt der hohen Inflation für die Mieter abzumildern, wurde § 5 RichtWG durch das „Mietrechtliche Inflationslinderungsgesetz“ entsprechend abgeändert. Insbesondere wurde dabei der Vergleich der Dezemberindexwerte durch einen Vergleich der Jahresdurchschnittswerte ersetzt. Weiters wurde als Bezugsgröße nicht mehr der VPI 1986 sondern der VPI 2000 herangezogen. Vor allem die Umstellung auf die Jahresdurchschnittswerte führte zu der vom Gesetzgeber beabsichtigen Abschwächung der Richtwertentwicklung. So wäre bspw der Richtwert für das Bundesland Wien zum Stichtag 1.4.2008 innerhalb eines Jahres von zuvor EUR 4,63/m² auf EUR 4,80/m² angestiegen. Durch das Eingreifen des Gesetzgebers betrug er schließlich EUR 4,73/m² (siehe Stabentheiner, Das MILG- Inflationslinderung im Mietrecht, wobl 2008/98). Mit der WRN 2009 wurde schließlich die bis dahin vorgesehene jährliche Anpassung der Richtwerte durch einen Zweijahresrhythmus ersetzt.
Der sich durch den Berechnungsmodus des § 5 Abs 2 RichtWG ab 01.04.2012 ergebende Richtwert für das Bundesland Wien wird EUR 5,16/m² betragen. Im Vergleich dazu hat der Richtwert in Wien zuletzt EUR 4,91 betragen (BGBl II Nr 93/2010). (Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrages waren die neuen Werte des § 5 Abs 1 RichtWG noch nicht verlautbart. Zur Berechnung: Jahresdurchschnittswert 2007 = 114,60/Jahresdurchschnittswert 2011 = 125,00 x EUR 4,73).
§ 5 RichtWG unterscheidet sich somit wesentlich von der Valorisierung der Kategoriemietzinse oder wertbeständigen Mietzinse (§§ 16 Abs 6, 45 MRG), da hier keine Valorisierung durch eine sog Schwellenwertklausel, sondern eine zweijährliche Anpassung im Wege eines Vergleiches der Jahresdurchschnittswerte des VPI 2000 vorgesehen ist.
Wertsicherung im Mietrecht nach § 16 Abs 9 MRG
Für alle Mietzinsvereinbarungen, die ab 01.04.2012 getroffen werden und dem Geltungsbereich des § 16 Abs 2 bis 4 MRG unterliegen, kommen sodann die neuen in § 5 Abs 1 RichtWG angeführten Werte zum Ansatz.
Bei einem aufrechten Mietverhältnis erfolgt eine Anpassung des vereinbarten Hauptmietzinses jedoch nicht bereits automatisch mit der Verlautbarung der neuen Richtwerte. Grundsätzlich bedarf jede Wertanpassung des Hauptmietzinses einer Vereinbarung, ansonsten ist eine Wertsicherung des im Mietvertrag vereinbarten Hauptmietzinses nicht möglich (Schinnagl in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht Kurzkommentar, Rz 28 zu § 16 MRG). Anders verhält es sich bei den nach § 45 MRG und § 46f MRG, die gesetzlich wertgesichert sind und daher keiner gesonderten Wertsicherungsvereinbarung bedürfen.
Die nach 01.03.1994 im Vollanwendungsbereich des MRG abgeschlossenen Mietverträge unterliegen zwar grundsätzlich, mangels Vorliegen eines Belohnungstatbestandes oder Einstufung in die Kategorie D, dem Richtwertmietzins nach § 16 Abs 2 bis 4 MRG. Dies bedeutet aber nicht, dass jedenfalls nur eine Wertsicherungsvereinbarung nach § 5 RichtWG zulässig wäre. Die in der Praxis durchaus übliche Wertsicherungsvereinbarung nach einem VPI mit einer entsprechenden Schwellenwertgrenze kann ebenfalls wirksam vereinbart werden.
Allerdings ist auch in solchen Fällen die Entwicklung des Richtwertes nach § 5 RichtWG zu beachten. Ergibt sich nämlich durch die vereinbarte Wertsicherung und geltend gemachte Anpassung ein höherer Hauptmietzins als zu diesem Zeitpunkt nach den §§ 16 Abs 2 bis 7 MRG zulässig, so ist der überschreitende Betrag teilunwirksam iSd § 16 Abs 9 MRG. Durch das oben beschriebene Mietrechtliche Inflationslinderungsgesetz und die WRN 2009 wurde die Entwicklung der Richtwerte von der Entwicklung der VPI getrennt, wodurch nicht das gesamte Ausmaß der Inflationserhöhung berücksichtigt wird. Ist daher etwa in einem Mietvertrag – abgeschlossen vor dem Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetz – der zu diesem Zeitpunkt maximal zulässige Richtwertmietzins und gleichzeitig eine Wertanpassung nach einem VPI vereinbart worden, so kann in diesem Fall nicht die gesamte aus der Wertsicherungsvereinbarung ergebende Hauptmietzinserhöhung geltend gemacht werden, da sich daraus eine durch die abgeschwächte Richtwerterhöhung gesetzlich unzulässige Höhe des Hauptmietzinses ergeben würde.
Geprüft iSd § 16 Abs 9 MRG wird nämlich nicht das Erhöhungsausmaß an sich, sondern nur inwieweit durch den erhöhten Hauptmietzins das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten wird (Stabentheiner, Das MILG- Inflationslinderung im Mietrecht, wobl 2008/98).
Formerfordernisse des § 16 Abs 9 MRG
Berechtigt eine Wertsicherungsvereinbarung den Vermieter zu einer Erhöhung des Hauptmietzinses, ist weiters zu beachten, dass der Mieter zur Entrichtung dieses erhöhten Hauptmietzinses nur dann verpflichtet ist, wenn der Vermieter dies mittels Schreiben spätestens 14 Tage vor dem Erhöhungstermin bekanntgibt.
Maßgeblich für die Wahrung der Frist ist der Zugang des Schreibens. Ein verspätetes Schreiben ist nicht gänzlich unwirksam, sondern gilt ab dem darauffolgenden Zinstermin (MietSlg 37.349). Aufgrund der zu wahrenden 14-tägigen Frist vor dem Erhöhungstermin ist eine rückwirkende Anhebung im Anwendungsbereich des § 16 Abs 9 MRG ausgeschlossen. Bezieht sich der Vermieter in seinem Wertsicherungsschreiben auf einen nicht vereinbarten Index oder ist das Erhöhungsbegehren verfrüht, so entfaltet das Schreiben keine Rechtswirkung (Schinnagl in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht Kurzkommentar, Rz 31 zu § 16 MRG).
Wird durch die Erhöhung das gesetzlich zulässige Zinsausmaß iSd § 16 Abs 1 bis 7 MRG überschritten, so ist die (Teil-)Unwirksamkeit des sich aus der Erhöhung ergebenden Hauptmietzinses binnen einer (Präklusiv-)Frist von 3 Jahren gerichtlich geltend zu machen (Antrag nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG).
Das Mietrechtliche Inflationslinderungsgesetz und die WRN 2009 hat sohin nicht nur Einfluss auf jene Mietverträge, in denen auch eine Wertsicherung nach § 5 RichWG vereinbart wurde. Die in § 16 Abs 9 MRG normierten Formvorschriften zwingen den Vermieter ja nicht zur Vereinbarung einer Wertsicherung nach § 5 RichtWG. Eine allfällige, durch die Anhebung verursachte, Überschreitung des gesetzlich zulässigen Richtwertmietzinses ist aber dennoch stets zu beachten.
Zum Autor:
Mag. Philipp Ortbauer ist Jurist der Mietervereinigung Österreichs mit langjähriger Beratungserfahrung in sämtlichen Bereichen des österreichischen Wohnrechts und Vertretungstätigkeit in allen Angelegenheiten des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens.