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Lisa Korninger | News | 29.06.2012
Renovierungsverpflichtung nach Beendigung des Mietverhältnisses?
Ist das Bestandobjekt nur gewöhnlich abgenützt, liegt keine Verpflichtung des Mieters vor, das Bestandobjekt neu auszumalen oder etwa mit abgeschliffenem und neu versiegeltem Holzboden zurückzustellen.
Geschäftszahl
OGH 27.02.2012, 2 Ob 215/10x
Norm
§§ 879 Abs 3, 1096 Abs 1, 1109, 1111 ABGB; § 9 KSchG
Leitsatz
Quintessenz:
Die natürliche Abnützung des Mietobjekts ist bereits durch den Mietzins abgegolten. Ist das Bestandobjekt also nur gewöhnlich abgenützt, liegt keine Verpflichtung des Mieters vor, das Bestandobjekt neu auszumalen oder etwa mit abgeschliffenem und neu versiegeltem Holzboden zurückzustellen. Gegenteilige Klauseln sind gröblich benachteiligend für den Mieter. Liegen aber übermäßige Gebrauchsspuren oder andere Schäden vor, trifft den Mieter auch nach dem dispositiven Recht die Beseitigungspflicht.
OGH: Der Vermieter ist nach der dispositiven Bestimmung des § 1096 Abs 1 ABGB verpflichtet, den Bestandgegenstand auf eigene Kosten in brauchbarem Zustand zu übergeben und zu erhalten und den Bestandnehmer im bedungenen Gebrauch nicht zu stören. Liegt keine gegenteilige Vereinbarung vor, wird bei Übergabe bloß die „Brauchbarkeit“ des Objekts geschuldet. Die Erhaltungspflicht nach § 1096 ABGB kann auch auf den Mieter überwälzt werden. Die Abdingbarkeit dieser Erhaltungspflicht des Vermieters wird jedoch durch das KSchG und den § 879 Abs 3 ABGB beschränkt.
Bei Verträgen zwischen Verbrauchern und Unternehmern stellt eine Überwälzung von Erhaltungspflichten, die den Mieter nach der (dispositiven) Gesetzeslage sonst nicht treffen würden, eine unzulässige Beschränkung von Gewährleistungsansprüchen und einen Verstoß gegen § 9 KSchG dar.
Gemäß § 1109 erster Satz ABGB hat der Mieter die Bestandsache nach Beendigung des Bestandverhältnisses dem etwa errichteten Inventarium gemäß oder doch in dem Zustand, in welchem er sie übernommen hat zurückzustellen. Nach der Rechtsprechung hat der Bestandnehmer aber nicht für die durch vertragsgemäßen Gebrauch entstandene Abnutzung des Bestandgegenstandes und für Schäden aufzukommen, für die er nicht nach § 1111 ABGB haftet.
Nach dem OGH handelt es sich bei der „Ausmalverpflichtung“ bei Beendigung des Mietverhältnisses um keine Hauptleistung iSd § 879 Abs 3 ABGB. Diese Verpflichtung widerspricht dem dispositiven Recht (§ 1109 ABGB). Im Vollanwendungsbereich des MRG ist nach dem OGH jedenfalls keine sachliche Rechtfertigung für eine derartige Abweichung vom dispositiven Recht zu erkennen. Die natürliche Abnützung des Mietobjekts ist bereits durch den Mietzins abgegolten. Die durch das Ausmalen entstehende Werterhöhung würde bloß dem Vermieter zugute kommen.
Ist das Bestandsobjekt also nur gewöhnlich abgenützt, liegt keine Verpflichtung des Mieters vor, das Bestandobjekt neu auszumalen oder etwa mit abgeschliffenem und neu versiegeltem Holzboden zurückzustellen. Gegenteilige Klauseln sind gröblich benachteiligend für den Mieter. Liegen aber übermäßige Gebrauchsspuren oder andere Schäden vor, trifft den Mieter auch nach dem dispositiven Recht (§ 1111 ABGB) die Beseitigungspflicht.
Eine Klausel, die die Mietobjektsrückstellung „ordnungsgemäß weiß ausgemalt“ anordnet, bevorzugt die Interessen des Vermieters. Sie ist für den Mieter im Vollanwendungsbereich und im Teil- und Nichtanwendungsbereich des MRG gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Dies gilt im Geltungsbereich des KSchG und im Verhältnis zwischen zwei Verbrauchern.
Weitere Leitsätze sowie OGH-Entscheidungen im Volltext finden Sie am Portal unter https://www.weka.at/wohnrecht/Judikatur.