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Judikatur | Entscheidung

5 Ob 63/09i; OGH; 24. November 2009

GZ: 5 Ob 63/09i | Gericht: OGH vom 24.11.2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé und Dr. Tarmann–Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. DI M***** W*****, vertreten durch Mag. Klaus Keider, Rechtsanwalt in Wien, 2. Mag. M***** H*****, 3. W***** P*****, beide *****, gegen die Antragsgegner 1. M***** V*****, 2. E***** T*****, 3. M***** D*****, 4. Mag. S***** H*****, 5. G***** V*****, 6. I***** Immobilienverwertungs GmbH, ***** 7. A***** H*****, 8. S***** B*****, 11. DI S***** O*****, 12. DI P***** O*****, 13. B*****, K***** & P*****, I***** GmbH, ***** die 1.–, 5.–, 6.– und 13.–Antragsgegner vertreten durch Dr. Erich Kafka, Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in Wien, wegen § 30 Abs 1 Z 1 iVm § 28 Abs 1 Z 1 (§ 52 Abs 1 Z 3) WEG, über den Revisionsrekurs der 1.–, 5.–, 6.– und 13.–Antragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. August 2008, GZ 39 R 164/08v, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 31. August 2007, GZ 43 Msch 9/06d-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Revisionsrekursbeantwortung der Erstantragstellerin vom 12.03.2009 wird zurückgewiesen.

Begründung

In beiden Vorinstanzen waren die Antragsteller mit ihrem Begehren erfolgreich, den Antragsgegnern die fach– und sachgerechte Reparatur der schadhaften Dachkonstruktion des Hauses R***** 175/S*****-Gasse 18 in ***** und die Durchführung aller erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen in diesem Zusammenhang binnen einer Frist von zwei Monaten aufzutragen.

Das Rekursgericht betonte in seinem angefochtenen Sachbeschluss unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass die Erhaltungspflicht der Wohnungseigentümergemeinschaft unabhängig davon bestehe, ob der zu erhaltende Liegenschaftsanteil schon bei Errichtung der Wohnungseigentumsanlage vorhanden war oder erst nachträglich durch eine Änderung geschaffen wurde. Dieser Grundsatz gelte nicht nur für „ernste“ Schäden und bestehe unabhängig von einem allfälligen Verschulden eines einzelnen Wohnungseigentümers.

Aufgrund der Zulassungsvorstellung der am Revisionsrekursverfahren beteiligten Antragsgegner änderte das Rekursgericht seinen ursprünglichen Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses im stattgebenden Sinn ab, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu der Frage auffindbar sei, ob Baumaßnahmen am Dach des Hauses, die durch Schaffung eines neuen Wohnungseigentumsobjekts notwendig werden, in die Erhaltungspflicht der Eigentümergemeinschaft fallen oder den Antragstellern als betroffenen Wohnungseigentümern zuzurechnen sind.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist ungeachtet des – den Obersten Gerichtshof gemäß § 16 Abs 3 AußStrG nicht bindenden – Zulassungsausspruchs des Rekursgerichts unzulässig.

Die Antragsteller sind Wohnungseigentümer von Dachgeschoßwohnungen im gegenständlichen Haus. Der Erstantragsgegner und seinerzeitige Wohnungseigentumsorganisator hatte den ursprünglich als Zubehör zu seiner Wohnung gehörenden Rohdachboden an die Rechtsvorgängerin der Antragsteller verkauft. Die Käuferin hat sich im Kaufvertrag verpflichtet, den Rohdachboden auf eigene Kosten binnen 12 Monaten auszubauen und dazu unter anderem alle erforderlichen Arbeiten am Dachstuhl, an der Dacheindeckung und Isolierung sowie die an den allgemeinen Teilen des Hauses erforderlichen Installations– und Verputzarbeiten nach den anerkannten Regeln der Technik durchführen zu lassen. Der Erstantragstellerin (und offenbar unstrittig: auch Zweit- und Drittantragsteller) wurden die gegenständlichen Liegenschaftsanteile noch vor der Fertigstellung des Ausbaus weiterverkauft, jedoch mit der Verpflichtung der Verkäuferin, die künftige Wohnung nach dem letzten Stand der Technik und unter Einhaltung aller geltenden relevanten technischen Normen und Gesetze herzustellen.

In den beiden Wohnungseigentumsobjekten der Antragsteller sind Schwachstellen in der Isolation im Bereich des Trempelmauerwerks und der Dachschräge festzustellen, sodass die Dichtheit der Gebäudehülle maßgeblich beeinträchtigt ist. Die Ursache dafür sind eine völlig unsachgemäße Ausführung der Dampfbremse sowie undichte Bauteilfugen. Zur Behebung ist eine Reparatur der fehlerhaften Stellen der Dampfbremse und die Herstellung eines normgerechten Anschlusses an das aufgehende Mauerwerk und zu den Decken erforderlich. Der bestehende Mangel bedingt nicht nur eine Beeinträchtigung innerhalb der Wohnungen der Antragsteller durch Luftzug, sondern mittel- oder langfristig auch die Gefahr eines Feuchtigkeitseintritts in Form von Kondenswasser, der zur Durchfeuchtung des Trempelmauerwerks und der Holzbauteile führen kann.

Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die festgestellten Mängel im Bereich der allgemeinen Teile des Hauses liegen, begegnet keinen Bedenken (vgl ua 5 Ob 1102/92) und wird von den Revisionsrekurswerbern auch nicht bekämpft. Die Voraussetzungen dafür, nämlich ein Mangel im Sinn einer Reparaturbedürftigkeit, einer Einschränkung der Funktionsfähigkeit oder Brauchbarkeit oder zumindest einer Schadensgeneigtheit (RS 0083121 [T11]), stehen hier fest.

Die Antragsgegner argumentieren lediglich damit, dass die Mängel erst durch die Schaffung neuer Wohnungseigentumsobjekte entstanden seien und das Haus vor Beginn des Dachbodenausbaus über ein brauchbares Dach verfügt habe.

Der Oberste Gerichtshof hat aber bereits wiederholt ausgesprochen, dass die allgemeine Regel des § 28 Abs 1 Z 1 WEG auch für die Erhaltung eines geänderten Wohnungseigentumsobjekts gilt, selbst wenn die Änderung nur einem einzigen Wohnungseigentümer zugute gekommen ist (RIS–Justiz RS 0116332, insb [T2], [T3]; siehe auch Tschütscher in wobl 2004, 233). Dieser hat zwar die Kosten der Errichtung allein zu tragen, aber nicht jene der Erhaltung der geänderten allgemeinen Teile. Für eine abweichende Beurteilung besteht auch im vorliegenden Fall kein Anlass.

Es ist zudem unstrittig und kann auch ohne konkrete Feststellung der Vorinstanzen keinem Zweifel begegnen, dass der Ausbau des Dachbodens generell vom Konsens aller Miteigentümer erfasst war, zumal nach dem Grundbuchsstand mittlerweile an den neu geschaffenen Objekten der Antragsteller gemäß § 3 Abs 1 Z 1 WEG Wohnungseigentum begründet wurde. Ein Konsens über den Dachbodenausbau schließt aber zwangsläufig die Vornahme der nötigen Änderungen an den allgemeinen Teilen des Hauses, insbesondere des Daches, mit ein. Es besteht auch vor diesem Hintergrund kein Anlass, die Außenhaut des Gebäudes im Bereich der neu geschaffenen Wohnungen entgegen dem Grundsatz des § 28 Abs 1 Z 1 WEG allein und auf Dauer dem Verantwortungsbereich der neuen Mit- und Wohnungseigentümer zuzuordnen. Letztendlich kommt auch die Aufwertung des gesamten Hauses durch den Dachbodenausbau allen Miteigentümern gemeinsam zugute.

Mangels einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG war der Revisionsrekurs daher zurückzuweisen.

Der Vollständigkeit wegen ist festzuhalten, dass der Revisionsrekurs hinsichtlich der 13.–Antragsgegnerin auch deswegen unzulässig ist, weil ihr als bloßer Verwalterin im Verfahren nach § 30 Abs 1 Z 1 WEG keine Parteistellung zukommt (vgl RIS–Justiz RS 0123170; Hausmann/Vonkilch WEG § 30 Rz 38).

Die Erstantragstellerin hat zwei Revisionsrekursbeantwortungen eingebracht, der später eingelangte Schriftsatz war wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels zurückzuweisen (RIS–Justiz RS 0007007 uva).

Ein Zuspruch von Kosten der Revisionsrekursbeantwortung nach § 52 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 17 an die Erstantragstellerin kommt nicht in Betracht, weil sie (im zulässigen ersten Schriftsatz) keine Kosten verzeichnet hat.

Leitsätze

  • Erhaltungspflicht des Daches bei nachträglichem Dachbodenausbau

    Die Erhaltungspflicht der Wohnungseigentümer besteht unabhängig davon, ob der zu erhaltende Liegenschaftsanteil schon bei Errichtung der Wohnungseigentumsanlage vorhanden war oder erst nachträglich durch eine Änderung geschaffen wurde.
    Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 63/09i | OGH vom 24.11.2009 | Dokument-ID: 256034