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Zum Verbot der Hundehaltung in Mietwohnungen
Enthält der Mietvertrag keine ausdrückliche Regelung, ist dann die Haltung der üblichen Haustiere wie Hund und Katze laut jüngster Rechtsprechung erlaubt oder kann der Vermieter auf Unterlassung klagen?
Geschäftszahl
OGH 19.10.2021, 10 Ob 24/21h
Norm
Leitsatz
Quintessenz:
Enthält der Mietvertrag keine ausdrückliche Regelung, ist die Haltung der üblichen Haustiere (insbesondere von Hunden und Katzen) – abgestellt auf den Zweck des Vertrags, den Ortsgebrauch und die Verkehrssitte – in der Regel erlaubt. Ein generelles Haustierverbot in einem Formularmietvertrag wird als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB beurteilt, soweit es auch artgerecht in Behältnissen gehaltene wohnungsübliche Kleintiere erfasse. Bei anderen Tieren könne dem Vermieter ein schützenswertes Interesse an einer Beschränkung nicht abgesprochen werden.
OGH: Die Zulässigkeit der Tierhaltung in einem Mietobjekt wird in Rechtsprechung und Lehre zunächst danach beurteilt, ob sie vertraglich geregelt ist.
Ein im Mietvertrag enthaltenes ausdrückliches Verbot, Hunde zu halten, wurde in der (überwiegend älteren) Rechtsprechung (6 Ob 121/64 MietSlg 16.127; RS0020976) generell für zulässig gehalten und berechtigte den Vermieter, auf Unterlassung der Hundehaltung zu klagen, unabhängig davon, ob im Einzelfall Probleme aufgetreten waren.
In der vierten mietrechtlichen Klauselentscheidung 2 Ob 73/10i beurteilte der Oberste Gerichtshof ein generelles Haustierverbot in einem Formularmietvertrag als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, soweit es auch artgerecht in Behältnissen gehaltene wohnungsübliche Kleintiere (wie beispielsweise Ziervögel, Zierfische, Hamster oder kleine Schildkröten) erfasse. Bei anderen Tieren könne dem Vermieter ein schützenswertes Interesse an einer Beschränkung nicht abgesprochen werden (RS0126573).
Sofern im Mietvertrag keine ausdrückliche Regelung enthalten ist, ist die Haltung der üblichen Haustiere (insbesondere von Hunden und Katzen) – abgestellt auf den Zweck des Vertrags, den Ortsgebrauch und die Verkehrssitte – in der Regel erlaubt (9 Ob 102/98k mwN; 6 Ob 129/08a mwN; RS0109603; differenzierend im Einzelfall zwischen Vermietung zu Geschäftszwecken oder Wohnzwecken: 3 Ob 7/11t; Gaisbauer, Tierhaltung in der Mietwohnung, ÖJZ 1990, 669 [670]; Lovrek in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1098 Rz 16; Pletzer, Nochmals: Verbot der Katzen- und Hundehaltung im Formularmietvertrag? wobl 2013, 249 [251]; H. Böhm/Pletzer in GeKo Wohnrecht I § 8 MRG Rz 13).
In der Praxis wird häufig im Mietvertrag ein Genehmigungsvorbehalt des Vermieters festgehalten: Die Haltung von Tieren ist nur zulässig, wenn der Vermieter sie genehmigt.
Einen derartigen Genehmigungsvorbehalt hatte der Oberste Gerichtshof in einem Individualprozess zu 6 Ob 129/08a (immolex 2009/3, 17 [Pfiel/Maier-Hülle] = wobl 2009/60, 170 [Hausmann] = Zak 2008/689, 396 [Pletzer 383]) – betreffend die Haltung einer Katze – zu beurteilen. Der Oberste Gerichtshof differenzierte zwischen einem generellen, als zulässig angesehenen Tierhaltungsverbot und einem nach § 915 2. Fall ABGB zu interpretierenden Genehmigungsvorbehalt. Dieser mache nur dann Sinn, wenn damit dem Mieter ein Anspruch auf Genehmigung der Tierhaltung eingeräumt werden solle, der Vermieter sich – im Gegensatz zur generellen Erlaubnis – aber auch eine gewisse Entscheidungsbefugnis vorbehalten wolle. Diese Entscheidungsbefugnis könne allerdings nicht freies Ermessen sein, weil auch im zweipersonalen Vertragsverhältnis – jedenfalls zwischen Unternehmer und Verbraucher – reine Willkür verpönt sei. Ein Abweichen der dispositiven Rechtslage sei jedenfalls im Anwendungsbereich des § 879 Abs 3 ABGB dann nicht zu billigen, wenn keine sachliche Rechtfertigung für die Abweichung von der für den Durchschnittsfall getroffenen Norm vorliege. Im Fall des Genehmigungsvorbehalts dürfe der Vermieter die Zustimmung nicht willkürlich ablehnen (RS0014419 [T1], RS0020976 [T1]).
Zu 7 Ob 505/82 (MietSlg 34.228/6) hatte der Oberste Gerichtshof hingegen ausgesprochen, dass der Vermieter bei Vereinbarung eines Genehmigungsvorbehalts die Unterlassung der Tierhaltung begehren könne, ohne triftige Gründe dafür zu behaupten und zu beweisen.
In casu ging es um die Haltung eines maximal mittelgroßen Hundes (Widerristhöhe bis 60 cm), der nicht zu den in der Verordnung der Wiener Landesregierung über die Festlegung von hundeführscheinpflichtigen Hunden (LGBl 2010/33) aufgezählten „Listenhunden“ gehört, in einer rund 90 m² Wohnung mit Terrasse. Die Betreuung des Hundes während des Tages war sichergestellt. Daher war das Klagsbegehren des Mieters auf Erteilung der Zustimmung des Hundes berechtigt. Die Tatsache, dass es in dem gegenständlichen Haus bereits Beschwerden über andere Hunde gibt, steht dem nicht entgegen.