Ihre Suche nach räumung lieferte 56 Ergebnisse.

Dokument-ID: 319373

Olaf Rittinger | News | 20.10.2010

Dr. Rittinger: Vermietung eines Miteigentumsobjektes: Probleme – Fragestellungen

Bei Vermietung eines Miteigentumsobjektes, bzw. Teilen von selbigen, ist Einiges zu beachten, zum Beispiel ob allfällige Benutzungsvereinbarungen bestehen oder eventuell Wohnungseigentum begründet ist.

Rechtsgrundlagen:

§§ 825, 829, 833ff, 838a, ABGB; § 523 ABGB; § 2 WEG

Sachverhalt:

Für ein im schlichten Miteigentum stehendes Eigentumsobjekt wird von den je zu ¼ Miteigentümern eine bessere Nutzung angedacht. Für dieses Objekt besteht weder eine Benutzungsvereinbarung, noch wurde Wohnungseigentum für die einzelnen Einheiten begründet. Nach einigen Monaten erklärt ein Eigentümer, Mietinteressenten für das Objekt gefunden zu haben. Jetzt stellt sich heraus, dass schon eingehend Konditionen besprochen wurden und diese von den Mietern auch als vereinbart angesehen werden.

Rechtsnatur des Miteigentums:

Ein Miteigentumsobjekt wird nach ideellen Anteilen aufgeteilt, wobei jeder Eigentümer über seinen Anteil grundsätzlich frei verfügen, nämlich diesen verpfänden, vermachen oder veräußern kann, sofern die Rechte der übrigen Miteigentümer nicht verletzt werden (§ 829 ABGB). Da es sich jedoch um eine ideelle Aufteilung handelt, ist eine Realaufteilung des Miteigentumsobjektes nicht vorgesehen. Nicht die Sache ist geteilt, sondern das Recht (vgl. dazu Ausführungen in Koziol-Welser I 13, Bürgerliches Recht, Seiten 293ff). Sofern keine zusätzliche Regelung zwischen den Miteigentümern getroffen wird, steht jedem Einzelnen die volle Nutzung des gesamten Objektes zu. Durch die Gebrauchsmöglichkeit eines Miteigentümers dürfen die übrigen Miteigentümer in ihrer ebenfalls zustehenden Nutzungsmöglichkeit nicht eingeschränkt werden.

Anders verhält es sich, wenn für bestimmte Teile des Miteigentumsobjektes einem Miteigentümer das Recht der alleinigen Nutzung durch eine entsprechende Benutzungsvereinbarung eingeräumt wird. Bei einer derartigen Vereinbarung müssen die übrigen Miteigentümer eine Einschränkung ihrer Nutzungsrechte bei den betreffenden Teilen dulden (vgl. ua § 828 ABGB). Daneben besteht die Möglichkeit für Miteigentümer, ein Miteigentumsobjekt in Wohnungseigentumseinheiten aufzuteilen. Hinzu ist es notwendig, dass überhaupt wohnungseigentumstaugliche Objekte in ausreichender Zahl vorhanden sind und die Miteigentümer über ausreichende Mindestanteile verfügen, die die Zuweisung von Sondernutzrechten an konkreten Objekten erlauben (§ 2 WEG; vgl dazu zB auch OGH zu 5 Ob 4/09p; Entscheidung iZhg mit Real-, Zivilteilung). Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Gebrauchsmöglichkeit bestimmter Räumlichkeiten aufgrund einer Benutzungsvereinbarung und der Nutzung aufgrund eines bestehenden Wohnungseigentums besteht darin, dass ein Wohnungseigentumsobjekt auch als solches ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer veräußert werden kann, wohingegen bei einer ausschließlichen Gebrauchsmöglichkeit aufgrund einer Benutzungsvereinbarung unverändert nur über den ideelen Anteil, dh über das Miteigentumsrecht verfügt werden kann.

Vermietung: Maßnahme ordentlicher, außerordentlicher Verwaltung:

Aus dem Vorangegangenen ergibt sich somit, dass dem einzelnen Miteigentümer prinzipiell ohne spezielle Vereinbarung eigenmächtige und einschränkende Verfügungen im Zusammenhang mit der Nutzung des Objektes nicht möglich sind, zumal die übrigen Miteigentümer in ihren Nutzungsrechten nicht beeinträchtigt werden dürfen (vgl. § 828 ABGB).

Bei Vermietung des Miteigentumsobjektes oder Teilen davon muss daher ein entsprechender Konsens unter den Mieteigentümern bestehen. Dabei ist zunächst zu klären, ob die betreffende Vermietung eine Maßnahme der ordentlichen oder der außerordentlichen Verwaltung darstellt. Zur Umsetzung von Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung ist eine Stimmenmehrheit ausreichend, wobei das Verhältnis der Anteile der Miteigentümer ausschlaggebend ist. Unter der ordentlichen Verwaltung werden jene Maßnahmen verstanden, die zur Erhaltung und zum Betrieb notwendig und zweckmäßig sind, den Interessen aller Miteigentümer dienen und keine besonderen Kosten hervorrufen (§ 833 ABGB; vgl. Koziol-Welser I 13,Bürgerliches Recht, Seite 297). Nach Judikatur des Obersten Gerichtshofes stellt eine Vermietung an Dritte (gemeint Nichteigentümer) zu ortsüblichen Bedingungen eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung dar (vgl. ua OGH zu 6 Ob 119/04z).

Ob eine Vermietung zu ortsüblichen Bedingungen anzunehmen ist, wird im Einzelfall zu überprüfen sein, wobei hier ua der Zustand des Bestandobjektes mit dem vereinbarten Mietzins in Verhältnis gesetzt werden muss (daneben: uU Lage, Alter udgl. des Objektes). Bei Vermietung zu unüblichen Bedingungen kommen die Regelungen zur Umsetzung einer Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung zur Anwendung (§§ 834 ff ABGB), wobei hier ein einstimmiger Beschluss zwischen den Miteigentümern notwendig ist.

Einem allfällig von den Miteigentümern bestellten Verwalter ist daher die Vermietung des Miteigentumsobjektes möglich, sofern diese nicht zu ungewöhnlichen Bedingungen abgeschlossen wird.

Bei Vermietung an Miteigentümer der Liegenschaft ist davon abweichend die Zustimmung aller übrigen Miteigentümer nötig. Nach Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu 1 Ob 259/03z ist dann jemand – trotz zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschluss nicht erfolgter Grundbuchseintragung – wie ein Miteigentümer zu behandeln, wenn bereits eine vertragliche Basis für die rechtliche Durchsetzung der Miteigentumsposition vorliegt (im zitierten Fall: Übergabsvertrag) und dieser schon vor Vertragsabschluss in physischen Besitz und Genuss des Miteigentumsanteils gelangt ist.

Eine weitere Unterscheidung ist zu treffen, wenn einem Miteigentümer in Form einer Benutzungsvereinbarung der Gebrauch bestimmter Räumlichkeiten der gemeinsamen Liegenschaft eingeräumt wird. Dieser Miteigentümer ist zum Abschluss eines Bestandvertrages im Namen aller Miteigentümer gleich einem Verwalter legitimiert. Er handelt, auch wenn er dies nicht zum Ausdruck bringt, im Zweifel als Vertreter sämtlicher Miteigentümer und begründet durch Vermietung des ihm zur Benutzung zugewiesenen Objektes ein Mietverhältnis mit allen Miteigentümern, wobei es nicht darauf ankommt, ob mit diesen Anteilen der übrigen Miteigentümer Wohnungseigentum verbunden ist. Der schlichte Miteigentümer kann folglich auch nur im Namen aller Miteigentümer kündigen oder auf Räumung klagen. Eine Gleichstellung mit einem Wohnungseigentümer, der auch im eigenen Namen klagen kann, scheidet aus (vgl. RIS, RS0107642).

Unter Heranziehung all dieser Kriterien ist es einem Minderheitseigentümer ohne spezielle Rechtseinräumung durch die übrigen Miteigentümer nicht möglich, eine Vermietung des gesamten Objektes vorzunehmen. Potenzielle Mieter werden sich mA nicht auf den Anschein einer Vertretung berufen können, wenn dafür nicht eindeutige Anhaltspunkte vorliegen (zB. für eine Verwalterbevollmächtigung). Generell werden sich die übrigen Miteigentümer auf den für jedermann einsehbaren Grundbuchsstand berufen können, der die Eigentumsverhältnisse offen legt.

Möglichkeiten bei titelloser Benutzung:

Wird wider den oben angeführten Kriterien eine eigenmächtige Veränderung der Benutzungsverhältnisse durch einzelne Miteigentümer – hier beispielsweise durch Vermietung durch einen Minderheitseigentümer – herbeigeführt, stellt dies nach ständiger Judikatur einen rechtswidrigen Eingriff in die Anteilsrechte der anderen dar. Kein Miteigentümer kann den Gebrauch eines bestimmten Teiles des Objektes einseitig erzwingen. Ein Recht zur ausschließlichen Benutzung eines Teiles der gemeinsamen Sache setzt wie erwähnt eine Benutzugsvereinbarung oder eine vom Außerstreitrichter (§ 838a ABGB) eingeräumte Benutzungsregelung voraus (vgl. dazu OGH zu 10 Ob 53/08d und der dort zitierten Jud.).

Jeder Miteigentümer ist daher berechtigt, die Beseitigung einer ohne Rechtstitel erfolgten Benutzung zu verlangen. Die Einbringung einer Räumungsklage aufgrund titelloser Benutzung Dritter (gemeint Nichteigentümer) ist eine mögliche Vorgangsweise (vgl. dazu OGH zu 6 Ob 119/04z).

Bei unrechtmäßiger ausschließlicher Benutzung durch einen Miteigentümer ist zu überlegen, an wen die Übergabe des Objektes tatsächlich zu erfolgen hat. Strebt ein Miteigentümer eine Räumungsklage gegen einen Miteigentümer an, so würde ein klagsweise geltend gemachtes Übergabsbegehren nur dann gerechtfertigt sein, wenn der Kläger sich seinerseits auf einen entsprechenden Rechtstitel in Form eines alleinigen Nutzungs- und Verfügungsrechtes berufen kann. Anderenfalls wäre zu erörtern, wer zur Übernahme einer Wohneinheit im Miteigentumsobjekt berechtigt ist (vgl. dazu OGH zu 10 Ob 53/08d und der dort zitierten Entscheidungen zu 8 Ob 2027/96p, 1 Ob 242/98i).

Von Bedeutung ist zudem die Frage, ob die Rechtsdurchsetzung der einzelnen Miteigentümer auf streitigem oder außerstreitigem Wege iSd § 838a ABGB erfolgen soll. Der Oberste Gerichtshof hat idZhg zu 5Ob 257/08i entschieden, dass nicht nur nachbarrechtliche Unterlassungsansprüche, sondern auch Eigentumsfreiheitsklagen nach § 523 ABGB zwischen Miteigentümern vom Anwendungsbereich des § 838a ABGB auszunehmen und derartige Auseinandersetzungen zwischen Miteigentümern weiterhin dem streitigen Verfahren vorbehalten sind.

Fazit:

Bei Vermietung eines Miteigentumsobjektes, bzw Teilen von selbigen, ist einerseits zu beachten, ob allfällige Benutzungsvereinbarungen bestehen oder eventuell Wohnungseigentum begründet ist, andererseits sind die Miteigentumsanteile wesentlich.

Daneben wird ausschlaggebend sein, ob eine Vermietung an Dritte oder an Miteigentümer selbst erfolgt, sowie die Frage, ob ein Bestandverhältnis zu üblichen Bedingungen abgeschlossen wird oder nicht.

Unrechtmäßige, vereinbarungswidrige eigenmächtige Veränderungen der Benutzungsverhältnisse können von den übrigen Miteigentümern notfalls klagsweise unterbunden werden, wobei durch eine solche Klage die eigene Rechtsposition nicht ausgeweitet werden kann.

Schließlich ist bei Streitigkeiten zwischen Miteigentümern die Wahl des Rechtsweges zu beachten.

Autor:

Herr Dr. Olaf Rittinger ist selbstständiger Rechtsanwalt in Salzburg. Eines seiner Spezialgebiete ist das Miet- und Wohnrecht. Als Gastautor schreibt er regelmäßig Artikel für Wohnrecht online.

www.ra-rittinger.at