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Dokument-ID: 009408

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 115/09m; OGH; 7. Juli 2009

GZ: 5 Ob 115/09m | Gericht: OGH § 37 Abs 3 Z 16 MRG vom 07.07.2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragsteller 1. Dr. Johannes P*****, 2. Susanna Z*****, 3. Michael K*****, beide *****, 4. Dr. Ernst G*****, 5. Gertraud G*****, beide *****, Fünftantragstellerin vertreten durch den Viertantragsteller, gegen die Antragsgegner 1. Marena B*****-R*****, 2. Dr. Karl Peter R*****, beide *****, 3. Thomas M*****, 4. Markus Z*****, 5. Ursula F*****, 6. Mag. Romana M*****, 7. Ing. Harald M*****, beide *****, 8. Dr. Barbara B*****, 9. Ing. Dieter B*****, beide *****, 10. Dr. Friedrich B*****, 11. Danuta B*****, beide *****, 12. Brigitte D*****, G***** und R***** GmbH, *****, 13. H***** & P***** I***** V***** KEG, *****, Zwölft- und Dreizehntantragsgegner vertreten durch Dr. Alexander Widter, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 52 Abs 1 Z 3, 6 und 8 WEG 2002 über die außerordentlichen Revisionsrekurse des Erstantragstellers sowie des Viertantragstellers und der Fünftantragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3. März 2009, GZ 41 R 252/08z–85, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG, § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Die Revisionsrekurswerber wenden sich (inhaltlich nur) gegen die Entscheidung laut Pkt I. des rekursgerichtlichen Sachbeschlusses (Abweisung des Antrags auf Abberufung der Zwölftantragsgegnerin als Verwalterin wegen grober Pflichtverletzungen). Der Erstantragsteller sowie Viert– und Fünftantragsteller machen inhaltlich im Wesentlichen übereinstimmend eine aufzugreifende rechtliche Fehlbeurteilung des Rekursgerichts mit der sinngemäßen Begründung geltend, dass die Mit– und Wohnungseigentümer nur einem aufzunehmenden Kredit in der Höhe von EUR 43.603,70 zugestimmt hätten und der Verwalterin daher ohne vorherige Zustimmung der Mit– und Wohnungseigentümer eine eigenmächtige weitergehende Kreditaufnahme, namentlich in der erfolgten Höhe von EUR 183.611,28 verboten gewesen sei. Das gegenteilige Verhalten der Verwalterin stelle – entgegen der Ansicht des Rekursgerichts – eine grobe Pflichtverletzung dar, die deren Abberufung zur Vorbeugung gegen künftige derartige Handlungen erfordere.

Rechtliche Beurteilung

1. Ob der Zwölftantragsgegnerin als nunmehriger Verwalterin sämtliche Verhaltensweisen der früheren Verwalterin D***** KEG (als [wie vom Rekursgericht bezeichnet] „Universalrechtsvorgängerin“) überhaupt rechtlich zugerechnet werden können, ist bisher unerörtert geblieben; dieser Frage muss allerdings nicht nachgegangen werden, denn selbst wenn man – wie die Vorinstanzen und die Parteien – eine solche Zurechnung vornähme, liegt eine aufzugreifende Fehlbeurteilung des Rekursgerichts nicht vor:

2. Zu den Voraussetzungen des Individualrechts eines Mit- und Wohnungseigentümers auf Auflösung des Verwaltungsvertrags wegen grober Vernachlässigung der Verwalterpflichten existiert bereits umfangreiche Judikatur (RIS–Justiz RS 0083280; RS 0013771; RS 0111894; RS 0101593; RS 0083275; RS 0082920; RS 0111893; RS 0083249). Dieses Individualrecht kann nur dann erfolgreich ausgeübt werden, wenn nach dem Verhalten des Verwalters begründete Bedenken gegen seine Treue- und Interessenwahrungspflicht bestehen. Es muss sich dabei um Gründe handeln, die nach allgemeiner Verkehrsauffassung so gewichtig sind, dass die Wahrnehmung der Interessen der Wohnungseigentümer nicht mehr gesichert ist (RIS–Justiz RS 0083249). Mehrere einzelne Pflichtverletzungen des Verwalters, die für sich allein betrachtet noch keine grobe Vernachlässigung der Verwalterpflichten darstellen, können bei einer Gesamtschau die Auflösung des Verwaltungsvertrags rechtfertigen (RIS–Justiz RS 0111894 [T1]; RS 0083249 [T2]). Bei der Prüfung von Auflösungsgründen ist jeweils eine Zukunftsprognose anzustellen (RIS–Justiz RS 0101593 [T1]). Ob ausreichende Gründe vorliegen, den Verwaltungsvertrag auf Antrag eines Mit- und Wohnungseigentümers aufzulösen, lässt sich immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilen (RIS–Justiz RS 0111893). Die Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten des Verwalters als grobe Vernachlässigung seiner Pflicht zu werten ist, eröffnet einen gewissen Beurteilungsspielraum. Solange die Vorinstanzen ihre Entscheidung innerhalb dieses Beurteilungsspielraums treffen, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor (RIS–Justiz RS 0042763; 5 Ob 189/02h = wobl 2003/35, 58, Call = MietSlg 54.489). Letzteres ist hier der Fall:

3. Die Revisionsrekurswerber lassen bei der von ihnen als grobe Pflichtverletzung bezeichneten, vermeintlich exzessiv überhöhten Kreditaufnahme entscheidungswesentliche Sachverhaltselemente außer Betracht:

Nach der Konkursanmeldung des Bauträgers nahmen im Baugewerbe tätige Wohnungseigentümer Ausschreibungen vor, holten Angebote über die anstehenden Sanierungsmaßnahmen ein und kamen zum Schluss, dass die voraussichtlichen Sanierungskosten ATS 600.000,– betragen würden. Bei einer folgenden Hausversammlung sprach sich die Mehrheit der Wohnungseigentümer für die Sanierung aus, doch waren die Wohnungseigentümer nicht bereit, zur Abdeckung dieses Schadens Eigenmittel zu leisten und bevollmächtigten mehrheitlich die (damalige) Verwalterin zur Darlehensaufnahme in der Höhe von EUR 43.603,70. In der Folge kristallisierte sich allerdings heraus, dass weitere massive Schäden bestanden, die in Hausversammlungen auch besprochen wurden. Insbesonders betrafen diese Sanierungsarbeiten die Statik der Decke, weshalb die Verwalterin befand, dass „Gefahr in Verzug“ sei. Nach Einholung weiterer Angebote ergaben sich die voraussichtlichen Sanierungskosten mit (offenbar netto) EUR 148.000,–. Die eingeholte Leistungsaufstellung samt voraussichtlichen Kosten wurde an sämtliche Wohnungseigentümer übermittelt, sodass alle Wohnungseigentümer über den tatsächlichen Sanierungsaufwand in Kenntnis waren. Bei einer Hausversammlung sprachen sich die Eigentümer nicht gegen die Sanierung aus. Es handelte es sich um eine übliche Sanierungsmöglichkeit, die kostengünstig war. Sie war in diesem Umfang zur Behebung der aufsteigenden Feuchtigkeit auch notwendig. Da sämtliche Wohnungseigentümer in Kenntnis des tatsächlichen Sanierungsaufwands und der höheren Kosten waren, sich kein Wohnungseigentümer gegen diesen Sanierungsaufwand aussprach, nahm die Verwalterin - ohne vorherige Beschlussfassung der Wohnungseigentümer – ein Darlehen über EUR 183.611,28 auf. Sie ging davon aus, dass – wie zuvor betreffend die Finanzierung von EUR 43.603,70 – kein Wohnungseigentümer bereit sei, Eigenmittel beizubringen. Der Ansicht des Rekursgerichts, wonach die fraglichen Sanierungsarbeiten eine Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung darstellten, treten die Revisionsrekurswerber nicht entgegen. Die Verwalterin war zur Durchführung derartiger Maßnahmen verpflichtet (§ 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002). Der erhöhte Kreditbedarf ergab sich aufgrund neu hervorgekommener Schäden, war der Höhe nach durch eingeholte Anbote verifiziert, es handelte sich um eine übliche und kostengünstige Sanierung, gegen welche sich die informierten Wohnungseigentümer nicht aussprachen, aber dafür keine Eigenmittel aufbringen wollten. Wenn das Rekursgericht unter diesen Umständen in der – wenngleich deutlich erhöhten und ohne vorherige Beschlussfassung der Wohnungseigentümer – erfolgten Kreditaufnahme durch die Verwalterin keine grobe Pflichtverletzung erkannte, dann liegt darin jedenfalls keine exzessive Ausübung des ihm in dieser Frage einzuräumenden Ermessens.

4. Der Erstantragsteller macht weiters geltend, die Verwalterin habe es unterlassen, Wohnbeiträge gegen säumige Wohnungseigentümer zu betreiben. Dass und inwieweit konkret der Zwölftantragstellerin in dieser Hinsicht ein Fehlverhalten anzulasten sei, lässt sich den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen nicht entnehmen und der Erstantragsteller zeigt dies auch nicht auf; immerhin sollen die „Wohnbeiträge“ ohnehin bei Gericht erlegt worden sein (vgl Beschluss des Erstgerichts S 20).

Die Revisionsrekurswerber machen damit insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage geltend; ihre außerordentlichen Revisionsrekurse sind wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG (iVm § 37 Abs 3 MRG, § 52 WEG 2002) unzulässig und zurückzuweisen.

Leitsätze