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Duldungspflichten des Mieters vs. Rechte des Vermieters
Die neue Hausverwaltung will unbedingt die Wohnung besichtigen; die Genossenschaft will im gesamten Haus neue Fenster einbauen, obwohl die alten noch gut instand sind – muss der Mieter all dies dulden?
Jeder Mieter ist berechtigt, seine Wohnung entsprechend dem geschlossenen Mietvertrag zu gebrauchen und zu benutzen und andere davon auszuschließen. Demgegenüber stehen die Rechte eines Vermieters, insbesondere Ansprüche auf Erfüllung von Duldung-, Anzeige- und Sorgfaltspflichten, wie insbesondere das Recht auf Betreten des Mietgegenstands.
Betreten des Mietgegenstandes
Gemäß § 8 MRG ist der Mieter verpflichtet, das Betreten des Bestandgegenstands durch den Vermieter zu dulden, allerdings nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes. Es muss daher ein Grund für den Eingriff vorliegen und der Eingriff muss auch zumutbar sein, auch eine Abwägung der Interessen hat zu erfolgen.
Wichtige Gründe für das Betreten
Wichtige Gründe wären zum Beispiel:
- die Besichtigung zur Vorbereitung von Bauarbeiten;
- die Kontrolle hinsichtlich der Benutzung des Mietgegenstands;
- das Betreten des Mietobjektes durch Handwerker zur Vorbereitung und Durchführung notwendiger Arbeiten;
- baupolizeiliche Begehungen, Besichtigungen der Liegenschaft durch Kauflustige;
- bevorstehendes Ende des Mietverhältnisses;
- beabsichtigter Fenstertausch;
- Prüfung von Gewährleistungsmängel;
- Ausübung der notwendigen Hausaufsicht;
- Inventarkontrolle, sofern dieses mitvermietet wurde;
- Kontrolle Umbauarbeiten durch Mieter.
Das Betreten darf grundsätzlich nur gegen Voranmeldung und zu einer zumutbaren Tageszeit erfolgen. Voraussetzung ist immer das Vorliegen eines wichtigen Grundes, der vom Vermieter darzulegen ist.
Hinweis:
Allgemein gesagt, ist der Mieter verpflichtet, dem Vermieter Zutritt zur gemieteten Wohnung zu gewähren, soweit dies im Interesse der Erhaltung des Hauses oder zur Ausübung der notwendigen Aufsicht über das Haus erforderlich ist.
Dem Mieter sind Beschränkungen seines ungestörten Gebrauchsrecht auch ohne diesbezügliche Vereinbarung im Mietvertrag oder im Anwendungsbereich des MRG insofern auferlegt, als solche wegen berechtigter Interessen des Vermieters unbedingt notwendig und zumutbar sind. Bei Mietverträgen, die nicht im Vollanwendungsbereich des MRG unterliegen, wird § 1098 ABGB herangezogen.
Berechtigte Interessen des Mieters sind jedoch nach Maßgabe der Wichtigkeit des Grundes angemessen zu berücksichtigen.
Ein Wechsel des Verwalters allein ist allerdings kein ausreichender Grund für das Betreten des Mietobjektes.
Der Kontrollmöglichkeit durch den Vermieter ist durch das Schikaneverbot eine Grenze gesetzt, wobei allerdings einer zumutbaren Besichtigung des Objektes bei bevorstehendem Ende des Mietverhältnisses vor allem aber die Vorbereitung und Durchführung von Arbeiten nicht dagegen verstoßen.
Bei Weigerung kann die Duldungspflicht im Außerstreitverfahren durchgesetzt werden.
Durchführung von Erhaltung-, Verbesserung-, Änderungs- und Errichtungsarbeiten
Ein Mieter hat auch die Pflicht, die vorübergehende Benutzung und die Veränderung seines Mietgegenstandes zu dulden, damit der Vermieter bestimmte Arbeiten durchführen kann.
Man unterscheidet dabei einerseits zwischen
- den Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses sowie Behebung ernster Schäden in Mietgegenständen oder zur Erhaltung einer mitvermieteten Heiztherme, eines mitvermieteten Warmwasserboiler oder eines sonstigen mitvermieteten Wärmebereitungsgerätes (§ 8 Abs 1 Z 1 MRG)
und andererseits
- Arbeiten zu einer Beseitigung einer von seinem oder einem anderen Mietgegenstand ausgehenden erheblichen Gesundheitsgefährdung sowie Veränderung (Verbesserungen) in einem anderen Mietgegenstand (§ 8 Abs 2 Z 2 MRG)
Ausgeschlossen sind Arbeiten, die nur zur Verbesserung des Mietgegenstandes selbst dienen, zulässig wären dabei allerdings Arbeiten an allgemeinen Teilen, die den Mietgegenstand umgeben, wie zum Beispiel die Außen-, aber auch Innenfenster.
Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses
Bei Fällen der Z1 wird jedenfalls auf die Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Zumutbarkeit der Arbeiten abgestellt. Bei Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen genügt schon die Zweckmäßigkeit, worunter allerdings auch die Prüfung zu subsumieren wäre, ob die Durchführung der Arbeiten nicht auch ohne Eingriff in Mietrechte oder mit einem geringeren Eingriff möglich ist, jedoch eine eigentliche Interessensabwägung wird entfallen. Zu den allgemeinen Teilen gehören naturgemäß auch die Fenster.
Arbeiten zur Beseitigung einer Gesundheitsgefährdung
Bei Fällen der Z2 erfolgt jedenfalls eine Interessensabwägung.
Zu beachten ist, dass die grundlose Verweigerung des Zutrittes zur Durchführung von Erhaltungsarbeiten einen Kündigungsgrund darstellen kann (unleidliches Verhalten).
Schonungsprinzip
Die vorzunehmenden Arbeiten sind unter möglichster Schonung des Mietrechtes des betroffenen Mieters durchzuführen. Wenn Arbeiten durchgeführt werden, die dem Schonungsprinzip widersprechen, ist der Mieter entsprechend und angemessen zu entschädigen. So können zum Beispiel vermehrte Putzkosten der Wohnung geltend gemacht werden, da durch die Umbauarbeiten höherer Aufwand notwendig wurde. Sogar immaterielle Schäden können in diesem Fall geltend gemacht werden (erlittenes Ungemach) auch das Recht auf Mietzinsminderung steht dem Mieter offen.
Auch kann der Mieter verlangen, dass das Betreten durch die vom Vermieter beauftragten Personen so koordiniert ist, dass die Anzahl der Betretungen geringgehalten wird.
Verbesserungsarbeiten in der Wohnung
Ein Mieter muss Verbesserungsarbeiten in seinem Mietgegenstand (ausgenommen an allgemeinen Teilen – Fenster, Eingangstür) nicht dulden, die Durchführung derartiger nützlicher Verbesserungen im Inneren des Mietgegenstands bedürfen seiner Zustimmung.
Die Verbesserungsarbeiten sollen einen bestehenden Zustand in einen besseren, vorteilhafteren, aus verschiedenen Gründen positiver bewerteten Zustand machen, was grundsätzlich nur im Einzelfall beurteilt werden kann, die Zweckmäßigkeit spielt dabei auch eine Rolle.
Bei Überwiegen der Vorteile liegt eine Verbesserungsarbeit vor, die der Mieter, wenn sie an allgemeinen Teilen des Hauses vorgenommen werden soll, ohne weitere Interessenabwägung zu dulden hat. Das normierte Schonungsprinzip regelt nur die Durchführung der Arbeiten, nicht aber welche Arbeiten der Mieter zu dulden hat.
Duldungspflicht des Mieters: Beispiel Fenstertausch
Wenn alte Holzrahmenfenster durch neue Kunststofffenster ersetzt werden sollen, kann man dies grundsätzlich als Erhaltungsarbeit oder Verbesserungsarbeit an allgemeinen Teilen des Hauses ansehen.
Voraussetzung für die Qualifikation als Erhaltungsarbeit ist ein Mangel im Sinne einer Reparaturbedürftigkeit, einer Einschränkung der Funktionsfähigkeit oder Brauchbarkeit oder zumindest einer Schadensgeneigtheit. Dies gilt allerdings nicht für die so genannten fiktiven Erhaltungsarbeiten nach § 3 Abs 2 Z 4-6 MRG (Arbeiten aufgrund öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zB Anschluss an Wasserleitung oder Kanal; Installation und Miete von technisch geeigneten Meßvorrichtungen zur Verbrauchsermittlung).
Wenn eine Reparatur von schadhaften Gebäudeteilen möglich und wirtschaftlich vertretbar ist, würde dem ortsüblichen Standard auch dann entsprochen werden, wenn dadurch nicht die heutigen Anforderungen des Wärme- und Schallschutzes erzielt werden können. Zur Beurteilung der wirtschaftlichen Vertretbarkeit einer Reparatur ist unter Berücksichtigung der zu erwartenden restlichen Lebensdauer ein Vergleich zwischen diesen Kosten und jenen der Erneuerung anzustellen. Zur Senkung des Energieverbrauchs führende Maßnahmen wie die Aufbringung eines Vollwärmeschutzes an der äußeren Fassade und der Einbau neuer Fenster sind jedenfalls das gesamte Haus betreffende Erhaltungsarbeiten. Auf eine Reparaturbedürftigkeit kommt es insoweit dann nicht mehr an.
Dass der Einbau neuer Kunststofffenster wegen der damit verbundenen Erhöhung der Schall- und Wärmedämmung von Fenstern und zB der Förderungsmöglichkeiten als Verbesserung anerkannt wird, begründet in Fällen, in denen tatsächlich eine Förderung nicht erfolgt ist, bzw überprüft werden muss, ob die Verbesserungsarbeiten, zu deren Ausführung der Mieter die Benutzung seiner Mietwohnung und deren Veränderung zulassen soll, eine dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Erhöhung des Schall- und/oder Wärmeschutzes bewirkt, noch keine Duldungspflicht.
Um zu beurteilen, ob aus dem bestehenden Zustand ein besserer, vorteilhafterer Zustand gemacht werden kann, müssen alle im Einzelfall die Erreichung dieses Zustandes fördernden oder hindernden Umstände bewertet werden. Dh ob die Ersetzung von Holzrahmenfenster durch Verbundfenster eine Verbesserung darstellt, kann nur durch wertenden Vergleich der mit den einzelnen Fenstergattungen im konkreten Einzelfall verbundenen Wirkungen beurteilt werden. Die Beurteilung kann nur im Einzelfall erfolgen, es spielt daher die Zweckmäßigkeit jedenfalls eine Rolle. Überwiegen die Vorteile, liegt eine Verbesserungsarbeit vor, die der Mieter, wenn sie an allgemeinen Teilen des Hauses vorgenommen wird, zu dulden hat.
Sonderfall Wohnung der Kategorie D
Hier hat ein Mieter die vom Vermieter angebotene Standardverbesserung zuzulassen, sofern die Wohnung mangelhaft ausgestattet ist oder zur Anhebung des Standards geeignet ist bzw die bautechnischen Maßnahmen zur Abwendung eines Enteignungsantrages nach dem Stadterneuerungsgesetz dienen würden.
Weiters hat er damit einverstanden zu sein, für die so verbesserte Wohnung den Hauptmietzins für die Kategorie C zu bezahlen, lehnt der Mieter dies ab und ist auch nicht bereit die notwendigen Maßnahmen selbst durchzuführen, würde dies einen Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 16 MRG darstellen (Voraussetzung es wird dem Mieter ein Ersatz beschafft!).
Fazit
Der Mieter hat Duldungspflichten, allerdings spielt die Zweckmäßigkeit von Arbeiten, die durchgeführt werden sollen, eine große Rolle. Auch muss der Mieter nicht jeglicher Aufforderung, seine Wohnung innen besichtigen zu wollen, nachkommen!
Autorin
Frau Dr. Weisert ist seit 2006 selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Im gleichen Jahr promovierte sie zum Doktor der Rechtswissenschaften. Ihre Haupttätigkeit liegt in der zivil- und strafrechtlichen Beratung und Vertretung. Auf folgende juristische Felder hat sie sich spezialisiert: Miet- und Wohnrecht, Immobilien- und Liegenschaftsrecht, Gewährleistungs- und Schadenersatzrecht, Familien- und Erbrecht sowie Straf- und Verwaltungsstrafrecht.
Für den WEKA-Verlag erstellt sie regelmäßig Fachbeiträge für das Portal Wohnrecht online und ist Autorin von Loseblattwerken zum WEG und Zivilverfahrensrecht.
Produktipp:
Zahlreiche Judikatur zu Erhaltungspflichten, Verbesserungsarbeiten und Duldungpflicht des Mieters finden Sie auf unserem wohnrechtlichen Portal Wohnrecht online.