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Dokument-ID: 009403

Judikatur | Entscheidung

4 Ob 169/09w; OGH; 19. November 2009

GZ: 4 Ob 169/09w | Gericht: OGH vom 19.11.2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Joachim–Lothar G*****, vertreten durch Dr. Andreas Frank, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** M*****, vertreten durch Dr. Hans Wagner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 9. Juni 2009, GZ 41 R 118/09w–29, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

1.1. Durch die Bestimmung des § 30 Abs 2 Z 8 MRG ist die Absicht einer Person, ihren Wohnbedarf in einer ihr gehörigen Eigentumswohnung zu befriedigen, privilegiert. Es ist davon auszugehen, dass der Eigentümer einer Wohnung in erster Linie sein Eigentum zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses heranziehen will und darf (RIS–Justiz RS 0070475 [T2]).

1.2. Bei Beurteilung der Frage des dringenden Eigenbedarfs ist ein strenger Maßstab anzulegen. Wenn dem Bedarf des Vermieters durch entsprechende Neuverteilung der ihm zur Verfügung stehenden Räume abgeholfen werden kann, ist dringender Eigenbedarf nicht gegeben (RIS–Justiz RS 0070482). Der bloße Hinweis auf die Möglichkeit einer Neuverteilung der vorhandenen Wohnräume allein reicht nicht aus, um schon den Eigenbedarf des Vermieters verneinen zu können. Nach einer solchen Neuverteilung für den Vermieter und seine allfälligen Mitbewohner muss ein menschenwürdiges Wohnen möglich sein, mag auch im Einzelfall nicht immer ein durchschnittlicher neuzeitlicher Wohnungsstandard erreicht werden (RIS–Justiz RS 0070580, RS 0070482 [T17]).

2.1. Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung in vertretbarer Weise angewendet, wenn es unter den hier gegebenen Umständen (dem Kläger steht außer dem gekündigten Objekt nur ein großer Raum zur Verfügung, den er bewohnt und als Atelier nutzt, der aber infolge der Fensteranordnung nicht unterteilt werden kann; er benötigt eine Wohnmöglichkeit für seine Tochter, die nach Abschluss ihres Auslandsstudiums nunmehr einen Arbeitsplatz in Wien zugesagt bekommen hat) die gerichtliche Aufkündigung aus dem Grund des § 30 Abs 2 Z 8 MRG (Eigenbedarf) für rechtswirksam erachtet hat.

2.2. Dass der Kläger den als Kündigungsgrund geltend gemachten Eigenbedarf selbst verschuldet habe, wie der Rechtsmittelwerber ausführt, hat der insoweit beweispflichtige Beklagte (6 Ob 637/93 = MietSlg 45.430; 5 Ob 83/07b) im Verfahren erster Instanz nicht behauptet.

2.3. Ob der Eigenbedarf des Vermieters durch eine ausreichende Dringlichkeit charakterisiert ist, um die Kündigung eines Bestandverhältnisses zu ermöglichen, lässt sich ebenso wie die Frage, ob dem Bedarf des Vermieters durch entsprechende Neuverteilung der ihm zur Verfügung stehenden Räume abgeholfen werden kann, nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls beurteilen. Eine solche Beurteilung wirft – abgesehen von einer hier nicht gegebenen krassen Fehlbeurteilung – keine erhebliche Rechtsfrage auf (4 Ob 54/07f; RIS–Justiz RS 0107878 [T2, T3]).

Leitsätze