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Judikatur | Entscheidung
5 Ob 204/10a; OGH; 16. November 2010
GZ: 5 Ob 204/10a | Gericht: OGH vom 16.11.2010
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Prof. M*****, vertreten durch Dr. Elmar Kresbach, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin P***** Privatstiftung, *****, vertreten durch Themmer, Toth und Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen § 9 iVm § 37 Abs 1 Z 6 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. August 2010, GZ 41 R 157/08d–30, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Rechtliche Beurteilung
1. Die Auslegung des Rekursgerichts, dass hinsichtlich des vom Erstgericht behandelten Sachantrags auf Duldung der Anbringung einer Satellitenempfangsflachantenne an einer näher bezeichneten Stelle der Fassade des Hauses der Antragsgegnerin die Prozessvoraussetzung des § 39 Abs 1 MRG erfüllt ist, weil dieser – vor der Schlichtungsstelle nie ausdrücklich zurückgezogene – Sachantrag laut telefonischer Bekanntgabe des Antragstellervertreters an die Schlichtungsstelle aufrecht erhalten wurde, stellt eine einzelfallbezogene Beurteilung dar, die nur ausnahmsweise, namentlich bei einem – hier nicht vorliegenden – unvertretbaren Auslegungsergebnis vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre (RIS–Justiz RS 0044273 [insb T52, T62]).
2. Der weitwendige Vorwurf im außerordentlichen Revisionsrekurs, die Zulassung eines bloß mündlich gestellten Sachantrags vor der Schlichtungsstelle verstoße „gegen die Grundprinzipien des Art 6 EMRK“, lässt außer Acht, dass der nun von den Vorinstanzen behandelte Sachantrag des Antragstellers ohnedies schriftlich bei der Schlichtungsstelle gestellt wurde.
3. Mit der Anbringung von Parabolantennen für den Satellitenempfang hat sich der erkennende Senat in seiner Rechtsprechung zu § 9 MRG schon mehrfach befasst (RIS-Justiz RS 0109368; 5 Ob 199/03f = SZ 2003/129 = JBl 2004, 457 ua). Die angefochtene Entscheidung hält sich im Rahmen der vom Obersten Gerichtshof entwickelten Leitlinien: Entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung lässt sich aus den bisher ergangenen oberstgerichtlichen Entscheidungen nicht der Schluss ziehen, dass nur „Zuwanderern“ (vgl 5 Ob 140/00z = wobl 2002/79 [Vonkilch]) oder Personen, die sich eine für den Beruf (Dolmetscherin) angeeignete besondere Bildung nach ihrer Pensionierung erhalten wollen (5 Ob 179/00k = wobl 2002/78), ein gegenüber dem Hauseigentümer durchsetzbares Recht auf Nutzung der Empfangsmöglichkeiten einer Parabolantenne zu gewähren ist: Vielmehr hat der Oberste Gerichtshof in seiner Grundsatzentscheidung 5 Ob 199/03f (SZ 2003/129 = JBl 2004, 457) ausdrücklich ganz allgemein das Grundrecht auf Informationsfreiheit anerkannt, weshalb einem Mieter die Errichtung einer solchen Anlage nicht allein mit dem Argument verwehrt werden kann, ihm stehe ohnehin die Möglichkeit des Anschlusses an ein im Haus bereits vorhandenes Telekabel offen.
4. Ob aber die Voraussetzungen für die Duldungspflicht des Vermieters gegeben sind, hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab, weshalb darin regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zu erblicken ist (5 Ob 140/00z = RIS–Justiz RS 0113606).
5. Mit ihrer - ebenfalls weitwendig und teilweise sogar unsachlich polemisch argumentierenden - Behauptung, ein Informationsbedürfnis des Antragstellers bestehe nicht, setzt sich die Antragsgegnerin über die bindenden Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts hinweg, aus denen abzuleiten ist, dass es für den Antragsteller als Kunsthändler wichtig ist, bestimmte, näher aufgezählte regionale Sender aus dem internationalen Bereich und andere kunstwissenschaftliche Kanäle zu empfangen, die er aber gerade nicht mittels der von der Antragsgegnerin im Haus bereits errichteten Anlage („Kopfstation“) empfangen kann (insofern daher auch abweichend zu 5 Ob 199/03f).
6. Der Antragsgegnerin, die die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen der negativen Voraussetzung des § 9 Abs 1 Z 5 MRG trifft (RIS–Justiz RS 0069725), gelingt es auch nicht, in ihrem Revisionsrekurs eine relevante Interessenbeeinträchtigung aufzuzeigen. Dass der das Vorhaben des Antragstellers genehmigende Bescheid des Bundesdenkmalamts die Antragsgegnerin nicht bindet, ändert nichts daran, dass ausgehend von den maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen eine solche Beeinträchtigung nicht erkennbar ist und im Revisionsrekurs auch gar nicht substantiiert aufgezeigt wird.
Leitsätze
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Anbringen von Parabolantennen für Satellitenempfang als individuelles Recht
Die Rechtsprechung anerkennt das Grundrecht auf Informationsfreiheit ganz allgemein. Die Errichtung einer Parabolantennenanlage kann einem Mieter nicht allein mit der Argumentation verwehrt werden, ihm stehe die Möglichkeit des Anschlusses an ein im Haus bereits vorhandenes Telekabel offen.Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 204/10a | OGH vom 16.11.2010 | Dokument-ID: 254112