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Eigentümerwechsel und Mietzins: Zurück zur Rechtssicherheit
Mag. Bulgarini (Kanzlei HIP) erläutert anhand höchstgerichtlicher Entscheidungen, welche Bedeutung Veränderungen in den Machtverhältnissen von juristischen Personen oder Personengesellschaften als Mieter bezüglich der Mietzinsbemessung haben.
Eine der wohl strittigsten Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes ist dessen § 12a. Diese vom Gesetzgeber zur Vermeidung von (den gleich unten erklärten) gespalteten Mietverhältnissen geschaffene Bestimmung dient dem Ausgleich der widerstreitenden Interessen des Mieters und des Vermieters im Zusammenhang mit dem Verkauf des vom Mieter im Mietobjekt betriebenen Unternehmens.
Vor Schaffung dieser Bestimmung konnte der Mieter ohne Zustimmung des Vermieters die Mietrechte an jenem Objekt, in dem er sein Unternehmen betreibt, nicht an den Käufer des Unternehmens übertragen, da mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung der Vermieter selbstverständlich keinen anderen Vertragspartner akzeptieren musste.
Die Rechtsprechung löste dieses Dilemma des Mieters durch die Rechtsfigur des „gespaltenen Mietverhältnisses“, die nach wie vor Anwendung findet, wenn § 12a MRG nicht anwendbar ist (im Wesentlichen bei Gebäuden, die nach 1953 errichtet wurden). „Gespaltenes Mietverhältnis“ bedeutet, dass der Unternehmensverkäufer zwar nach wie vor Mieter des Objekts bleibt, der Unternehmenskäufer das Objekt jedoch nutzen darf und der Vermieter dennoch das Mietverhältnis nicht aufkündigen kann, da nach Ansicht des OGH bei dieser Konstellation keine Verwertung des Mietrechts und somit auch nicht der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 MRG vorliegt (sofern die Überlassung der Mietrechte nicht den wirtschaftlichen Schwerpunkt der Transaktion darstellt).
Zur Lösung dieser unbefriedigenden Situation (der alte Mieter haftet weiterhin für den Mietzins und der Vermieter muss de facto einen neuen Nutzer akzeptieren ohne hierfür einen Ausgleich zu bekommen) hat der Gesetzgeber in weiterer Folge zuerst im Fall der Veräußerung eines lebenden Unternehmens den ex-lege-Übergang des Mietrechts auf den Unternehmenserwerber bei gleichzeitigem Mietzinsanhebungsrecht des Vermieters auf den angemessenen Hauptmietzins (§ 12a Abs 1 der derzeit geltenden Fassung des MRG) normiert.
Da diese Bestimmung im Weg des share-deals leicht zu umgehen gewesen ist, hat der Gesetzgeber in weiterer Folge das gleiche Hauptmietzinsanhebungsrecht auch für den Fall vorgesehen, dass sich die wirtschaftlichen und rechtlichen Einflussmöglichkeiten in jener Gesellschaft entscheidend ändern, die Mieterin des Objekts ist (§ 12a Abs 3 in der geltenden Fassung des MRG).
Bei der Frage, wann eine entscheidende Änderung der wirtschaftlichen und rechtlichen Einflussmöglichkeiten vorliegt, hat sich die Rechtsprechung relativ rasch ganz überwiegend zur so genannten Machtwechseltheorie bekannt. Laut dieser Machtwechseltheorie bewirkt jede formale Änderung bei jenen Personen, die aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlich begründeten Position in der Lage sind, die unternehmerischen Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen, den Anhebungstatbestand des § 12a Abs 3 MRG. Es müssen sich somit die rechtlichen und die wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten entscheidend ändern.
Aus dieser einheitlichen Judikaturlinie ist ab ca 2002 gerade jener Senat des OGH ausgeschert, der als zuständiger Fachsenat hauptsächlich mit dem Mietrecht beschäftigt ist: in einer Reihe von Entscheidungen hat der 5. Senat die Erfüllung des Anhebungstatbestandes auch in Fällen bejaht, in denen überhaupt gar kein Machtwechsel stattgefunden hatte.
So hat der 5. Senat zB in seiner Entscheidung vom 28.09.2004 zu 5 Ob 161/04v den Anhebungstatbestand des § 12a Abs 3 MRG in Folge einer Verschmelzung und Umwandlung als erfüllt angesehen, obwohl vor und nach der gesellschaftsrechtlichen Veränderungen die gleichen Personen als Aktionäre der Mehrheitsgesellschafterin der Mietergesellschaft das Sagen hatten. Begründet hatte dies der 5. Senat im Wesentlichen damit, dass sich in der Mietergesellschaft selbst die Einflussmöglichkeiten geändert hätten (die Mehrheit gekippt sei). Dem Umstand, dass wirtschaftlich nach wie vor die gleichen Personen als Aktionäre der Mehrheitsgesellschafterin das Sagen hatten, hat der 5. Senat keine Bedeutung beigemessen.
In jüngerer Zeit hat sich bereits eine Rückkehr auch des 5. Senats zur Machtwechseltheorie abgezeichnet. Diese Rückkehr scheint nunmehr aufgrund seiner Entscheidung vom 19.01.2010 zu 5 Ob 198/09t abgeschlossen zu sein.
Im Rahmen dieser Entscheidung hatte der 5. Senat den genau gleichen Sachverhalt (gleiche Parteien, gleiche Mietobjekte sowie gleiche gesellschaftsrechtliche Vorgänge) wie bereits im Rahmen der oben genannten Entscheidung aus dem Jahr 2004 zu beurteilen. Unter Bezugnahme auf die ablehnende Haltung der anderen Senate sowie die heftige Kritik in der Lehre hat der 5. Senat nunmehr diesen Sachverhalt genau entgegengesetzt zu seiner Entscheidung aus dem Jahr 2004 bewertet und die Erfüllung des Anhebungstatbestands mit dem Argument, dass sich wirtschaftlich die Einflussmöglichkeiten nicht geändert haben, verneint. So führt der 5. Senat aus:
„... dass ein Kippen der Mehrheitsverhältnisse den Machtwechsel zwar indiziert, die konkreten Auswirkungen aber jeweils im Einzelfall zu prüfen sind. Ergibt eine solche Prüfung, dass trotz Änderung der rechtlichen Verhältnisse keine wirtschaftliche Änderung eintritt, weil am Ende eines Verschmelzungsvorgangs unveränderte Machtverhältnisse stehen, ist kein Anhebungsrecht bewirkt.“
Im Interesse der Rechtssicherheit bleibt zu hoffen, dass sich nach dieser Entscheidung nunmehr alle Senate des OGH definitiv auf die Machtwechseltheorie festgelegt haben.
Rechtsanwalt Mag. Markus Bulgarini
Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte OG
www.h-i-p.at
(13.12.2010)