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Rückstellung des Bestandobjektes
Gastautorautor Dr. Rittinger erläutert die gesetzlichen Regelungen in Bezug auf die Rückstellung eines Bestandobjektes und baut dabei ein interessantes Judikaturbeispiel zur Schimmelpilzbildung in seinen Beitrag ein.
Ausgangslage:
Am Beginn eines Mietverhältnisses überwiegt zumeist die Freude. Der Vermieter ist froh, einen verlässlichen Nutzer gefunden zu haben, der Mieter zieht begeistert in das neue Domizil ein. Nicht selten passiert es, dass kleine Mängel in Kauf genommen werden, der Zustand als solches nicht genau dokumentiert wird. Die sinngemäße Floskel, wonach der Mieter das Objekt in einem sehr guten Zustand übernommen hat, findet sich regelmäßig in Standardverträgen. Üblich ist zudem der Erlag einer Kaution. Gerade um die Rückzahlung derselben wird nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht selten gestritten. Es stellt sich dabei die Frage, welchen Rückgabezustand der Mieter dem Vermieter schuldet.
Gesetzliche Regelungen:
Im Vollanwendungsbereich des MRG stellt § 16b Abs 2 MRG klar, dass die Kaution samt der aus ihrer Veranlagung erzielten Zinsen unverzüglich an den Mieter zurückzustellen ist, soweit sie nicht zur Tilgung von berechtigten Forderungen des Vermieters aus dem Mietverhältnis herangezogen wird. Bei Voll- und Teilausnahmeobjekten besteht grundsätzlich vertragliche Gestaltungsfreiheit. Da die Kaution von beiden Vertragsseiten regelmäßig als Sicherstellung (Pfandbestellung) für künftige Forderungen des Vermieters im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis verstanden wird, ist davon auszugehen, dass nach Wegfall des zu sichernden Risikos auch die Kaution ohne Verzögerung dem Mieter rückzustellen ist. Die Thematik der Höhe und Verzinsung der Kaution soll an dieser Stelle ausgespart werden.
Wesentliche Frage ist daher, ob nach Beendigung des Mietverhältnisses noch berechtigte Forderungen des Vermieters bestehen.
§ 1109 ABGB ist zu entnehmen, dass nach Beendigung des Bestandverhältnisses das Objekt in dem Zustand zurückgestellt werde muss, wie der Mieter es übernommen hat. Ob ein „gleicher“ Rückstellungszustand vorliegt, orientiert sich an der Verkehrsauffassung und ist mit der Einschränkung zu sehen, dass für die durch den vertragsgemäßen Gebrauch bewirkte gewöhnliche Annutzung nicht aufzukommen ist, ebenso für Schäden, für die der Bestandnehmer nicht einzustehen hat; eine Haftung besteht im Allgemeinen nur für übermäßige Abnützung und Missbrauch (vgl. Kuprian/Prader, Der Mietvertrag, 2. Auflage, Rz 161; bzw Dittrich-Tades, Kommentar ABGB, 37. Auflage zu § 1109 ABGB, E 28, E 29). Die Frage, ob noch eine gewöhnliche Abnutzung vorliegt oder nicht, bleibt aber der Einzelfallbeurteilung überlassen. Ansatzpunkt ist der vertraglich vereinbarte Zweck und der sich daraus ableitende schonende Gebrauch des Objektes.
Die Regelung des § 1109 ABGB ist dispositives Recht (Dittrich-Tades, Kommentar ABGB, 37. Auflage zu § 1109 ABGB, E 2), lässt sohin Raum für vertragliche anders lautende Vereinbarungen. Über deren Zulässigkeit ist in den Klauselentscheidungen des OGH in den letzten Jahren viel judiziert worden.
§ 1111 ABGB normiert zudem noch eine verschuldensabhängige Haftung des Bestandnehmers für Beschädigungen oder missbräuchliche Abnutzung des Bestandobjektes, wobei dem Bestandnehmer der Entschuldungsbeweis obliegt (Dittrich-Tades, Kommentar ABGB, 37. Auflage zu § 1111 ABGB, E 2).
Judikatur Beispiel: Schimmelpilzbildung
Der Oberste Gerichtshof hatte in seiner Entscheidung zu ua 6 Ob272/08f folgenden Sachverhalt zu beurteilen. Mit schriftlichem Mietvertrag verpflichteten sich die Mieter, das Mietobjekt vertragsmäßig und schonend zu benutzen sowie samt mitvermieteten Einrichtungen auf eigene Kosten ordnungsgemäß zu warten und instandzuhalten. Zudem wurde eine Haftung für Schäden, die sich aus einem unsachgemäßen oder sonst vertragswidrigen Gebrauch des Mietobjektes oder mangelnder Wartung durch sie selbst oder Dritte ergeben vereinbart.
Die Mieter bewohnten als Ehepaar mit Kind die Wohnung und bekamen im Laufe des Bestandverhältnisses ein zweites Kind. In der ca 53 m² großen Wohnung wurde auch eine Waschmaschine aufgestellt, die Wäsche entweder im Badezimmer, in der Waschküche oder im Sommer im Garten zum Trocknen aufgehängt. Ein paar Mal täglich wurde mindestens 10 Minuten gelüftet, wobei ab Geburt des zweiten Kleinkindes ein Querlüften nicht möglich war.
Nach dem Winter nach Geburt des zweiten Kindes kam es zu Schimmelpilzbildung in der Wohnung. Diese wurden dem Vermieter gemeldet, der sodann zur Ursachenfeststellung ein Gutachten beauftragte. Nach diesem Gutachten war ein Baumangel nicht feststellbar. Es wurde überwiegend das Nutzverhalten als Auslöser angesehen, welches sich anlässlich des Familienzuwachses geändert hatte. Das Lüftungsverhalten wäre nicht effizient genug (auch im Hinblick auf die regelmäßig zur Trocknung aufgehängten Wäsche), zudem wären für Gewährleistung der Durchlüftung zwischen Möbel und Wand die Möbel nicht ausreichend von der Wand abgerückt.
Nach Auszug der Mieter bildete sich der Schimmelbefall zurück. Im gerichtlichen Verfahren wurde ua festgestellt, dass die Wohnung geheizt wurde. Das Berufungsgericht stellte trotz Vorliegen eines allfälligen kausalen Verhaltens der Mieter für die Schimmelpilzbildung kein unübliches Wohnverhalten fest, vielmehr eine den Wohnbedürfnissen entsprechende Nutzung der Wohnung. Der Oberste Gerichtshof hatte zu beurteilen, ob eine solche Nutzung dennoch zu Schadenersatzansprüchen führen kann, weil dieses Wohnverhalten in klimatechnischer und energietechnischer Hinsicht falsch gewesen wäre und zu Schimmelbefall geführt hätte.
Der Oberste Gerichthof führte zunächst die schon oben angeführten gesetzlichen Grundlagen an und ergänzte, dass sich Inhalt und Umfang des Gebrauchsrechts des Mieters sich nach Vereinbarung, nach Zweck, ergänzend nach Ortsgebrauch und Verkehrssitte bestimmen.
Er kam zu dem Ergebnis, dass das Verhalten der Mieter nicht vertragswidrig war. Fehler in der Beheizung hätte es nicht gegeben. Zudem wäre es üblich, Möbel an die Wand zu stellen. Den Mietern könne daher kein Vorwurf gemacht werden. Ein bestimmtes Lüftungsverhalten wurde vertraglich nicht vereinbart. Das von den Mietern durchgeführte Lüften Raum für Raum wäre üblich. Der Befund des Sachverständigen wäre erst kurz vor Auszug den Mietern mitgeteilt worden, sodass im Endeffekt kein vorwerfbares Fehlverhalten feststellbar war (vgl. Volltext: OGH zu 6 Ob 272/08f).
Fazit
Die Frage der gewöhnlichen Abnutzung und/oder vertragsgemäßen Benutzung bleibt einer Einzelfallbeurteilung vorbehalten. Primär maßgeblich sind – soweit zulässig – vertragliche Vereinbarungen sowie der Zweck des Bestandverhältnisses. Für weiterführende Schäden ist der Bestandnehmer angehalten, den Beweis für seine Schuldlosigkeit anzutreten.
Autor
Herr Dr. Olaf Rittinger ist selbstständiger Rechtsanwalt in Salzburg. Eines seiner Spezialgebiete ist das Miet- und Wohnrecht. Als Gastautor schreibt er regelmäßig Artikel für Wohnrecht online.