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5 Ob 48/22b; OGH; 1. Juni 2022
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun-Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Univ.-Prof. Dr. F*, vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Ö* GmbH, *, vertreten durch Dr. Johannes Hebenstreit, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen EUR 6.971,22 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 16. Dezember 2021, GZ 53 R 200/21z-20, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 16. August 2021, GZ 23 C 54/21d-12, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 626,52 (darin enthalten EUR 104,42 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
[1] Der Kläger ist Miteigentümer einer Liegenschaft, an der Wohnungseigentum begründet ist und die von der Beklagten verwaltet wird. Er begehrte EUR 6.971,22 sA an Schadenersatz, weil die Beklagte – so sein Vorbringen – die Sanierung von Schäden am Dach bzw im Abflussbereich des Objekts sorgfaltswidrig und schuldhaft verzögert habe. Dadurch habe er die Wohnung nicht bereits ab August 2020 vermieten können, weswegen ihm Mietzinseinnahmen und Betriebskostenzahlungen entgangen seien.
[2] Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Beklagten gegen das Ersturteil Folge und wies das Klagebegehren ab. Der Rücktritt des Mieters des Klägers vom Mietvertrag am 13.08.2020 sei nicht auf ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten zurückzuführen. Eine allenfalls verzögerte Reaktion der Beklagten auf eine weitere Schadensmeldung vom 14.09.2020 habe auf den bereits aufgelösten Mietvertrag keinen Einfluss mehr haben können. Die Revision erklärte es nachträglich für zulässig, weil – zusammengefasst – ihm bei der Beurteilung des an das Verhalten eines Verwalters anzulegenden Sorgfaltsmaßstabs und der Kausalität eines allenfalls sorgfaltswidrigen Verhaltens ein Fehler unterlaufen sein könnte. Für diesen Fall wäre die Frage zu beantworten, ob der Vertrag des Verwalters mit der Eigentümergemeinschaft Schutzwirkungen auch zugunsten des Wohnungseigentümers entfalte, sodass auch bloße Vermögensschäden ersatzfähig seien.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 508a Abs 1 ZPO), nicht zulässig. Das ist kurz zu begründen.
[4] 1.1 Der Verwalter nach dem WEG steht in keinem unmittelbaren Rechtsverhältnis zu den einzelnen Wohnungseigentümern, sondern nur zur Eigentümergemeinschaft. Er ist verpflichtet und befugt, alle Maßnahmen, die zur Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Guts dienen, zu besorgen, wobei Verwaltungshandlungen ebenso wie deren Unterlassung der Eigentümergemeinschaft zuzurechnen sind (RS0124735). Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung muss der Verwalter auch ohne Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft nach pflichtgemäßen Ermessen eigenständig setzen (RS0122841). Die Behebung von Feuchtigkeitsschäden infolge Wassereintritts, wie ihn der Kläger schilderte, gehört zur ordnungsgemäßen Erhaltung der Liegenschaft und ist daher stets ordentliche Verwaltung (vgl RS0083089).
[5] 1.2 Nach § 20 Abs 1 WEG ist der Verwalter verpflichtet, die gemeinschaftsbezogenen Interessen aller Wohnungseigentümer zu wahren. Die Verwaltung berührt daher auch die Rechtssphäre des einzelnen Miteigentümers, weshalb über das Rechtsverhältnis zur Eigentümergemeinschaft hinaus auch ein Verpflichtungsverhältnis zum einzelnen Miteigentümer besteht (5 Ob 175/08h).
[6] 1.3 Die Haftung des Verwalters richtet sich nach § 1012 ABGB iVm §§ 1293 ff ABGB (8 Ob 112/18f mwN). Eine persönliche Haftung des Verwalters gegenüber Dritten, und daher auch den einzelnen Wohnungseigentümern gegenüber, setzt eigenes, insbesondere Organisations- oder Auswahlverschulden voraus (RS0114886 [T8]).
[7] 2.1 Das Berufungsgericht hat die Haftung der Beklagten verneint, weil es in deren Verhalten nach der ersten Schadensmeldung des Klägers keine Sorgfaltswidrigkeit zu erkennen vermochte und die Kausalität eines weiteren Wassereintritts für den Rücktritt des Mieters vom Bestandvertrag verneinte. Auf Basis der maßgeblichen Feststellungen ist diese einzelfallbezogene Beurteilung nicht zu beanstanden. Danach setzte der Kläger die beklagte Verwalterin am 17.07.2020 über den Wasserschaden in seinem Wohnungseigentumsobjekt in Kenntnis, die am 21.07.2020 eine Sanierungs GmbH mit der dringenden Terminvereinbarung beauftragte, die ihrerseits am 22.07.2020 die Wohnung des Klägers besichtigte und am 29.07.2020 ein Angebot legte. Am 07.08.2020 wurden die Lötnähte in den Dachrinnen, die als Ursache des Wassereintritts vermutet wurden, abgedichtet und eine Abdeckung angebracht.
[8] 2.2 Der Kläger lastet der Beklagten dazu im Revisionsverfahren auch gar nicht mehr an, untätig gewesen zu sein und insofern gegen ihre Pflichten als Verwalterin verstoßen zu haben, sondern wirft ihr primär vor, dass sie ihm die von ihr gesetzten Schritte nicht mitteilte, weswegen der Rücktritt des Mieters vom Mietvertrag „wegen des eingetretenen Wasserschadens eine logische und somit kausale Konsequenz [...]“ gewesen sei. Inwieweit mit dieser Argumentation ein rechtswidriges Verhalten der Verwalterin angesprochen sein soll, vermag der Kläger nicht schlüssig darzulegen und ist auch nicht zu erkennen. Mangels haftungsbegründenden Verhaltens der Beklagten kommt eine Haftung für den Verlust der vertraglich gesicherten Erwerbschance aus der Vermietung der Wohnung nicht in Betracht. Soweit der Kläger im Revisionsverfahren geltend macht, ihm sei unabhängig davon, dass der Mieter am 13.08.2020 vom Vertrag zurückgetreten sei, bis einschließlich Jänner keine Miete zugekommen, fehlt es schon an einem Vorbringen, inwieweit – losgelöst vom aufgelösten Mietvertrag – eine gesicherte Erwerbschance vorgelegen haben soll, deren Verlust allenfalls als positiver Schaden ersatzfähig wäre (vgl dazu nur RS0030452 [T7; T9]; RS0111898 [T1; T2] ua).
[9] 2.3 Auf die vom Berufungsgericht verneinte Kausalität des Verhaltens der Beklagten nach seiner zweiten Schadensmeldung vom 14.09.2020 für den von ihm behaupteten Schaden kommt der Kläger nicht mehr zurück.
[10] 3. Scheidet eine Haftung der Beklagten für den vom Kläger geltend gemachten Schaden schon mangels eines ihr anzulastenden rechtswidrigen (und/oder kausalen) Verhaltens aus, kann die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Frage, ob ein Mietzinsentgang des Klägers als bloßer Vermögensschaden in den Schutzbereich des Verwaltervertrags einbezogen ist, dahin stehen. Auf die darauf Bezug nehmenden Ausführungen der Revision ist nicht mehr einzugehen.
[11] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
[12] 5. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die Revision nicht zulässig ist. Ihr sind daher gemäß §§ 41, 50 ZPO die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Leitsätze
-
Zur Haftung des Verwalters gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern
Der Verwalter nach dem WEG hat grundsätzlich lediglich mit der Eigentümergemeinschaft ein unmittelbares Rechtsverhältnis. Aus der Verpflichtung des Verwalters nach § 20 Abs 1 WEG 2002, die gemeinschaftsbezogenen Interessen aller Wohnungseigentümer zu wahren, ist zwar ein eigenes Verpflichtungsverhältnis zum einzelnen Miteigentümer abzuleiten, eine persönliche Haftung des Verwalters gegenüber Wohnungseigentümern (als Dritten) setzt allerdings jedenfalls eigenes Verschulden voraus.Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 48/22b | OGH vom 01.06.2022 | Dokument-ID: 1121779