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Dokument-ID: 667027

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 224/13x, OGH, 21. Februar 2014

GZ: 5 Ob 224/13x | Gericht: OGH vom 21.02.2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache des Antragstellers N*****, vertreten durch Günter Schneider, Mieter-Interessens-Gemeinschaft Österreichs, Antonsplatz 22, 1100 Wien, gegen die Antragsgegnerin B*****, vertreten durch Mag. Günther Petzelbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 16 Abs 2 iVm § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 2. Juli 2013, GZ 40 R 122/12f-45, womit über Rekurs des Antragstellers der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 13. März 2012, GZ 36 Msch 15/10d-34, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Antragstellers auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

Begründung

Das Erstgericht berücksichtigte bei seiner Entscheidung über den vom Antragsteller gestellten Antrag auf Überprüfung des ihm vorgeschriebenen Haupt-(Richtwert-)mietzinses und den Antrag auf Feststellung des gesetzlich zulässigen Hauptmietzinses neben einem Zuschlag von 2,5 % für den sehr guten Erhaltungszustand des Hauses einen weiteren Zuschlag von EUR 1,– pro m² (21,6 % vom Richtwert) für die vom Antragsgegner im Zuge der Generalsanierung des Hauses 2006/2007 angebrachte Wärmeschutzfassade von 10 cm.

Das Rekursgericht änderte über Rekurs des Antragstellers den Sachbeschluss des Erstgerichts teilweise ab und erachtete insgesamt einen Zuschlag von 10 % für den guten Erhaltungszustand des Hauses (einschließlich der angebrachten Wärmeschutzfassade) für angemessen.

Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht mit der Begründung zu, dass zur Frage der Berücksichtigung der Wärmedämmung im Weg eines Zuschlags zum Richtwertmietzins höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Sachbeschluss des Rekursgerichts erhobene, rechtzeitige (Zustellung der Rekursentscheidung an den Antragsgegnervertreter am 06.09.2013) Revisionsrekurs des Antragsgegners ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 37 Abs 3 MRG) Ausspruch des Rekursgerichts – nicht zulässig, was wie folgt kurz zu begründen ist (§ 71 Abs 3 AußStrG):

1. § 16 Abs 2 Satz 2 MRG fordert bei Vornahme der Zuschläge oder Abstriche vom Richtwert, sich an der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens zu orientieren. Mit diesen Kriterien ist es unvereinbar, alle Ausstattungsdetails gesondert zu bewerten und die so gewonnenen Zuschläge (und Abschläge) einfach zusammenzurechnen. Geboten ist vielmehr eine Gesamtschau, weil der Wert einer Wohnung nur insgesamt erfassbar ist. Die Auflistung und Bewertung einzelner Fakten ist nur ein Kontrollinstrument (RIS-Justiz RS 0117881; 5 Ob 133/10k).

2. Die Frage, ob und in welcher Höhe Ab- bzw Zuschläge vom bzw zum Richtwertmietzins gerechtfertigt sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und unterliegt deshalb grundsätzlich keiner Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof (RIS-Justiz RS 0116132).

3. Durch einen Zuschlag von 10 % für den guten Erhaltungszustand des Hauses (§ 16 Abs 2 Z 5 MRG) hat das Rekursgericht den ihm eingeräumten Ermessensspielraum nicht überschritten:

3.1 Der von der Revisionsrekurswerberin (neben dem ohnedies zuerkannten Zuschlag von 10 % für den Erstbezug der Wohnung nach Generalsanierung) gewünschte Zuschlag von 21,6 % (1 EUR pro m²) nur für die Wärmedämmung würde, wie bereits das Erstgericht selbst erkannte, eine allfällige Energiekostenersparnis des Antragstellers überschreiten. Schon aus diesem Grund erscheint die Zuerkennung eines solchen Zuschlags überzogen.

3.2 Die vom Erstgericht in Anlehnung an eine literarische Stellungnahme (Sammer, Mietzinsrechtliche Aspekte der innovativen Sanierung und Modernisierung von Gründerzeitgebäuden, immolex 2011, 332) angewandte Ermittlungsmethode (Berücksichtigung der Investitionskosten für Energieeffizienzmaßnahmen des Vermieters) ist mit dem in § 16 Abs 2 MRG geregelten Zu- und Abschlagssystem bei der Richtwertmietzinsbildung nicht zu vereinen, das sich nicht an den tatsächlichen Investitionskosten des Vermieters orientiert, sondern auf werterhöhende oder wertmindernde Abweichungen von der Normwohnung, also auf den konkreten Wohnwert für den Mieter, abstellt.

3.3 Der vom Rekursgericht zuerkannte Zuschlag von 10 % für den sehr guten Erhaltungszustand des Hauses in Verbindung mit dem Zuschlag von 10 % für den Erstbezug nach Generalsanierung liegt ohnedies an der Obergrenze der bisher vom Obersten Gerichtshof gebilligten Zuschläge (5 Ob 133/10k – 10 % Zuschlag für Erstbezug nach Generalsanierung und 2 % für den sehr guten Zustand des Hauses; 5 Ob 240/10w – 10 % Zuschlag für den Erstbezug nach Sanierung; 5 Ob 29/11t – Zuschlag von 5 % für den Bezug nach Sanierung) und erweist sich damit jedenfalls im Sinne der vom Revisionsrekurs gewünschten Erhöhung nach oben als nicht korrekturbedürftig.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Der Antragsteller hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nicht hingewiesen (RIS-Justiz RS 0122294).

Leitsätze

  • Zur Frage der Höhe von Ab- bzw Zuschlägen zum Richtwertmietzins

    Das Bewertungssystem des § 16 Abs 2 MRG für Zu- bzw Abstriche vom Richtwert orientiert sich am konkreten Wohnwert für den Mieter. Die Wohnung ist in einer Gesamtschau zu bewerten, wobei die Bezifferung einzelner Wohnungsbestandteile bloß als Kontrollinstrument anzusehen ist.
    Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 224/13x | OGH vom 21.02.2014 | Dokument-ID: 667044