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Mietzinsminderung bei fehlendem Elektrocheck – aktuelle OGH-Entscheidung
Gastautor Mag. Roman Reßler erläutert anhand einer aktuellen OGH-Entscheidung, welche Voraussetzungen gem § 7a ETV vom Vermieter erfüllt werden müssen und in welchen Fällen ein Anspruch auf Mietzinsminderung besteht.
Nach § 7a Elektrotechnikverordnung 2002 (ETV 2002) ist seit dem 13. Juli 2010 bei der Vermietung einer Wohnung sicherzustellen, dass die elektrische Anlage des Mietobjektes den Bestimmungen des Elektrotechnikgesetzes 1992 (ETG 1992) entspricht. Bei Anlagen, die über keinen Zusatzschutz verfügen, ist der Schutz von Personen in der elektrischen Anlage durch den Einbau mindestens eines Fehlerstromschutzschalters mit einem Nennfehlerstrom von nicht mehr als 30 mA, unmittelbar vor den in der Wohnung befindlichen Leitungsschutzeinrichtungen sicherzustellen. Liegt hierüber keine geeignete Dokumentation vor, so kann die Mieterin bzw der Mieter der Wohnung nicht davon ausgehen, dass die elektrische Anlage diesen Anforderungen entspricht.
Aktuelle Entscheidung – Sachverhalt
Der Entscheidung des OGH vom 05.07.2019, 4 Ob 83/19p, lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Im gegenständlichen Fall begehrte die Klägerin als Vermieterin die Räumung des Bestandgegenstandes, gestützt auf Mietzinsrückstände aus den Perioden April 2016 bis August 2017 wegen Mietzinsminderung. Sie begründete ihr Begehren damit, dass ein verspätet vorgelegter Elektrobefund keine Mietzinsminderung rechtfertige. Aus § 7a ETV 2002 ergebe sich keine Pflicht zur Vorlage eines Elektrobefundes. Spätestens ab Übergabe eines solchen im November 2016 habe dem beklagten Mieter klar sein müssen, dass kein Mangel der elektrischen Anlage vorliege.
Dagegen wandte die mietende Partei ein, dass im gegenständlichen Fall kein Mietzinsrückstand bestehe, weil eine Mietzinsminderung zu Recht erfolgt sei. Der Elektrobefund wurde vom Vermieter verspätet, grob mangelhaft und entgegen den Ö-Normen erstellt, wobei überdies gegen eine Beweislastumkehr des § 7 ETV 2002 verstoßen wurde. Mangels ordnungsgemäßen Befundes, könne er als mietende Partei nicht wissen, bei welchem Nutzungsverhalten er mit Gefährdungen zu rechnen habe, er habe für diesen Umstand zu Recht nach § 1096 ABGB einen Mietzinsminderungsanspruch von 10 % geltend gemacht.
Darüber hinaus habe er für die Monate Februar und März 2016 aufgrund des Nichtfunktionierens der Bodenheizung im Schlafzimmer einen weiteren Mietzinsminderungsanspruch von weiteren 10 % geltend gemacht, weil der Vermieter trotz Anzeige nach § 1097 ABGB diesen Mangel nicht behoben habe.
Entscheidung Erstgericht und Berufungsgericht
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und begründete dies damit, dass für den Fall des nicht Vorliegens einer Dokumentation entsprechend § 7a ETV 2002 beziehungsweise für den Fall der Vorlage eines späteren mangelhaften Prüfberichtes der Mieter nicht davon ausgehen kann, dass eine elektrische Anlage den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Er müsse aufgrund dieser gesetzlichen Vermutung damit rechnen, dass die Anlage gefährlich sei, weshalb eine Mietzinsminderung von 10 % bis 11 % jedenfalls gerechtfertigt sei.
Das Berufungsgericht, hob dieses Urteil auf und verwies die Sache an das Erstgericht und vertrat die Ansicht, dass die Mietzinsminderung für die mangelhafte Heizung grundsätzlich berechtigt sei, nicht jedoch jene infolge fehlenden oder mangelhaften Prüfberichtes.
In dem gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhobenen Rekurs beantragten die beklagten Mieter die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles.
Entscheidung des OGH
In seiner rechtlichen Begründung kam der OGH zunächst auf die Entscheidung 5 Ob 180/18h und 5 Ob 66/18v zurück und hielt fest, dass der Umstand, dass eine Anlage nach § 7a ETV 2002 nicht dem ETG 1992 entspricht oder für den Fall, dass der Vermieter seiner Dokumentationspflicht nicht nachgekommen ist, eine Gefährlichkeit der Anlage vermuten lässt.
Dem Vermieter steht es grundsätzlich offen im Einzelfall zu beweisen, dass von der Anlage keine Gefährdung ausgeht. Dass eine Anlage nicht den Vorschriften der ETV 2002 entspricht, ist daher für sich allein noch nicht geeignet eine Unbrauchbarkeit der Wohnung zu bewirken. Dieser Umstand kann aber nach dem erkennbaren Willen des Gesetzes beziehungsweise Verordnungsgesetzgebers, der ausdrücklich eine Nachweispflicht anordnete, nicht ohne Bedeutung bleiben.
Nichterfüllung der Voraussetzungen gem § 7a ETV
Bei Nichtvorlegen einer geeigneten Dokumentation, also bei Nichterfüllung bei Voraussetzungen des § 7a ETV ist grundsätzlich von einer potenziellen Gefährlichkeit der Anlage auszugehen. Die Vermutung einer nicht ordnungsgemäßen, elektrischen Anlage ist auch auf die Verletzung der Dokumentationspflicht zu beziehen, weil sich der Mieter mangels geeigneter Dokumentation nicht darauf verlassen kann, dass die Anlage den elektrotechnischen Anforderungen entspricht (§ 7a letzter Satz ETV 2002).
Gefährlichkeit der Anlage – Mietzinsminderungsanspruch?
Im gegenständlichen Fall konnte sich die mietende Partei ausdrücklich darauf berufen, dass die elektrische Anlage in der Wohnung gefährlich sei, beziehungsweise sein könne. Schon nach Anmietung traten Probleme mit der Elektroanlage auf, worauf sich die Parteien nach einer bereits damals erfolgten Mietzinsminderung dahingehend einigten, dass die Elektroanlage und Fußbodenheizung durch Professionisten überprüft und die notwendigen Maßnahmen zur Herstellung ergriffen werden sollten. Die subjektive Besorgnis einer wissenschaftlich nicht erwiesenen Gefährdung ist keine objektive Beeinträchtigung des Gebrauches im Sinne des § 1096 Abs 1 ABGB, die eine Mietzinsminderung rechtfertigt. Für Mängel, die objektiv zu keiner Gebrauchsbeeinträchtigung führen, braucht der Bestandgeber nicht einzustehen. Hingegen grundsätzlich sehr wohl für Mängel, die zwar mangels Kenntnis des Bestandnehmers (Mieters) von diesen subjektiv nicht wahrgenommen wurden, aber an sich gebrauchsbeeinträchtigend sind!
Nach diesen Grundsätzen muss die Mangelhaftigkeit – wäre sie bekannt – bei objektiver Betrachtungsweise und vernünftigen Handeln des Mieters zu einer konkreten Gebrauchsbeeinträchtigung führen oder eine objektiv reale und unzumutbare Gefahr darstellen. Eine nach der ETV 2002 zu vermutende Gesundheitsgefährdung kann eine Beeinträchtigung des Nutzerverhaltens und damit eine Beeinträchtigung des Mietrechtes zu Folge haben, wenn der Mieter seine Nutzung in Hinblick auf diese Unsicherheit sein Verhalten so ändert, dass er die Wohnung nicht so gebraucht, wie er es bei Vorliegen einer ordnungsgemäßen Anlage täte.
Recht auf Mietzinsminderung
Im gegenständlichen Fall ist dem Mieter bekannt, dass für die Anlage kein entsprechender Befund vorliegt. Nach dieser Bestimmung folgt, dass der Mieter der Wohnung nicht davon ausgehen kann, dass die Anlage den elektrotechnischen Anforderungen entspricht. Es wird somit eine Gefährlichkeit der Anlage vermutet. Wird kein entsprechender Gegenbeweis durch den Vermieter erbracht, folgt daraus auch eine Beeinträchtigung des bedungenen Gebrauches einer Wohnung und somit auch eines Mietzinsminderungsanspruches des Mieters.
Fazit
Der Umstand, dass eine elektrische Anlage im Sinne des § 7a ETV 2002 nicht dem ETG 1992 entspricht oder der Vermieter seiner Dokumentationspflicht insoweit nicht nachgekommen ist, ist vom Mieter, der deshalb den Mietzins nach § 1096 ABGB mindern möchte, zu behaupten und zu beweisen. Gelingt dieser Beweis, wird eine von der Anlage ausgehende Gefährlichkeit vermutet. Dies hat zur Konsequenz, dass die Beeinträchtigung des bedungenen Gebrauches einer Wohnung samt mitvermieteter sanierter elektrischer Anlage solange besteht, bis der Vermieter im Einzelfall bewiesen hat, dass von der Anlage keine Gefährdung und keine daraus folgende Gebrauchsbeeinträchtigung ausgeht.
Eine Mietzinsminderung um 10 % ist aus diesem Grunde keinesfalls überhöht, wobei in Bezug auf die Mängel der Fußbodenheizung und der daraus folgenden Mietzinsminderung von 10 % für zwei Monate zwar nicht direkt eingegangen wurde, jedoch das Höchstgericht davon ausging, dass die vom Mieter vorgenommen Mietzinsminderungen sich insgesamt als berechtigt erwiesen und somit dem Räumungsbegehren der Vermieter nicht stattzugeben war.
Autor
Mag. Roman Reßler ist Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum. Schon während seines Studiums war er als Eigentümer von Liegenschaften mit Fragen des Miet- und Wohnrechts beschäftigt. Nach Absolvierung des rechtswissenschaftlichen Studiums und des Gerichtsjahres mit dem Schwerpunkt „Wohnrecht“ sammelte er weitere praktische Erfahrungen in einer Hausverwaltung. Im Jahre 2001 begann er seine Tätigkeit als Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum, wo er für die persönliche Mitgliederberatung verantwortlich ist.
Neben seiner Tätigkeit als Rechtsberater verfasst er auch juristische Fachartikel in der monatlich erscheinenden Mitgliederzeitung „Haus & Eigentum“.