Ihre Suche nach gerichtlicher lieferte 98 Ergebnisse.

Dokument-ID: 270393

Andrea Weisert | News | 23.05.2011

Die Zwangsversteigerung und ihre Auswirkung auf rückständige Wohnbeiträge

Der Hausverwalter ist gemäß § 20 Abs 4 WEG verpflichtet rückständige Zahlungen für Aufwendungen für die Liegenschaft einzumahnen bzw. wenn notwendig einzuklagen.

Sachverhalt

Ist ein Miteigentümer mit seinen Zahlungen für Aufwendungen für die Liegenschaft im Rückstand, ist der Hausverwalter verpflichtet (§ 20 Abs 5 WEG), diese Rückstände einzumahnen und gegebenenfalls auch einzuklagen, wobei diesbezüglich die Frist des § 27 Abs 2 WEG für die Erlangung des Vorzugspfandrechtes zu beachten ist.
Kommt es trotz Einklagung zu keiner Zahlung, stellt ein Antrag auf Zwangsversteigerung der Miteigentumsanteile aufgrund des rechtskräftigen Zahlungstitels ein profundes Mittel zur Einbringlichmachung dar.

Beim Versteigerungstermin muss der Meistbietende eine Sicherheitsleistung (Vadi-um) erlegen, sofern dann kein Widerspruch erfolgt, wird der Zuschlag gem § 183 EO erteilt – dieser allenfalls unter Vorbehalt.
Die Erteilung des Zuschlags ist ein rechtsbegründender Akt, durch den das Eigentum an der versteigerten Liegenschaft dem Ersteher übertragen wird. Titel und Modus fallen hier ausnahmsweise zusammen. Dem bisherigen Eigentümer wird das Eigentum an seiner Liegenschaft genommen. Der Ersteher wird außerbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft (Ausnahme vom Intabulationsgrundsatz des § 431 ABGB), wobei sein durch den Zuschlag erworbenes Eigentumsrecht ein beschränktes ist.

Die vollen Eigentumsbefugnisse treten erst nach Erfüllung aller Versteigerungsbedingungen und nach der grundbücherlichen Einverleibung des Eigentumsrechtes ein. Die EO knüpft aber an die Erteilung des Zuschlages bereits eine Reihe von Rechtsfolgen, wie etwa Übergang der Gefahr, der Nutzen und Lasten gemäß § 156 EO. Mit Rechtskraft der Zuschlagserteilung sind alle im Versteigerungsverfahren vorgefallenen Mängel geheilt. Wegen des damit verbundenen Eigentümerübergangs auf den Ersteher ist der Zuschlagsbeschluss mit erhöhter Bestandskraft ausgestattet. Der Eigentumserwerb steht unter drei auflösenden Bedingungen; erst

  • mit rechtskräftiger Annahme eines Überbots,
  • mit Rechtskraft der Versagung des Zuschlages aufgrund eines Rekurses,
  • oder mit rechtskräftiger Bewilligung der Wiederversteigerung,

würde der Ersteher sein Eigentumsrecht „verlieren“.

Der Zuschlag ist im Grundbuch anzumerken und in der Ediktsdatei bekannt zu machen.

Welche Auswirkungen hat nun die Zuschlagserteilung samt Erlegung des Meistbots auf rückständige Wohnbeiträge? Hiezu sind folgende Fallvarianten denkbar:

Fallvariante: Ersteher erlegt Meistbot,

Forderungen der WEG wurden eingeklagt und angemerkt

Wurden die rückständigen Wohnbeiträge eingeklagt und die Klage gemäß § 20 Abs 5 WEG angemerkt, müssen die Forderungen vor bzw in der Verteilungstagsatzung angemeldet werden. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass nur Rückstände der letzten 5 Jahre samt Zinsen und Kosten geltend gemacht werden können (§ 216 Abs 1 Z 3 EO). Eine Realisierung erfolgt dann durch Verteilung des Meistbots.

Fallvariante: Ersteher erlegt Meistbot,

Forderungen der WEG wurden eingeklagt, aber (noch) nicht klagsangemerkt

Grundsätzlich haftet der Ersteher nur für bevorrechtete Forderungen, dh nicht für solche, die erst nach Zuschlagserteilung im Grundbuch angemerkt wurden. In Betracht kommen bei der Verteilung des Meistbots Zuweisungen aus der Verteilungs-masse in der dritten Rangklasse. Maßgebend ist der Sachverhalt zur Zeit des Schlusses des Verteilungsbeschlusses, wobei die nach der Anmerkung der Erteilung des Zuschlages eingetragene Belastungen nur dann berücksichtigt werden können, wenn ihnen Rechtshandlungen zugrunde liegen, die der Verpflichtete vor dem endgültigen Verlust seiner Eigentümerstellung (dh bis zum Zuschlag) gesetzt hat.

Fallvariante: Ersteher erlegt Meistbot,

Forderungen der WEG wurden nicht eingeklagt

Der Ersteher haftet nicht für Zahlungsrückstände früherer Wohnungseigentümer (OGH 5 Ob 248/02k).

Fallvariante: Ersteher erlegt Meistbot nicht

Ist dies der Fall können die Parteien (auch der Verpflichtete), Gläubiger, sowie öffentliche Organe usw einen Antrag auf Wiederversteigerung stellen. Diese Wiederversteigerung kann auch von Amts wegen angeordnet werden.

Mit der rechtskräftigen Bewilligung der Wiederversteigerung verliert die erste Versteigerung ihre Wirksamkeit. Der säumige Ersteher haftet für den Ausfall am Meistbot, der sich bei der Wiederversteigerung ergibt, für die Kosten der Wiederversteigerung, die entgangenen Zinsen nach § 152 Abs 3 EO und für alle sonst durch seine Säumigkeit verursachten Schäden, und zwar mit dem Vadium, mit seinem schon erlegten Meistbotsraten und darüber hinaus mit seinem gesamten übrigen Vermögen gemäß § 155 Abs 1 EO (vgl auch OGH 3 Ob 107/64).

Doch haftet er auch für die zwischenzeitig entstandenen Wohnbeiträge?

Ein Mit- und Wohnungseigentümer ist grundsätzlich erst dann gesetzlich verpflichtet, die gemeinschaftliche Liegenschaftsaufwendungen nach § 32 Abs 1 WEG 2002 anteilig mitzutragen, wenn er in die Wohnungseigentümergemeinschaft eingetreten ist – gegenständlich durch Zuschlag des Mindestanteils samt WE-Objekt in der Zwangs-versteigerung. Dies bedeutet, dass ein Ersteher eines WE-Objektes jedenfalls für die zwischenzeitig entstandenen Wohnbeiträge haftet und diese gegen ihn geltend ge-macht werden können.

Aus der Entscheidung des OGH 5 Ob207/00b ergibt sich weiters, dass bei einem Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren ohne Durchbrechung des § 21 GBG der durch § 27 WEG beabsichtigte Gesetzeszweck nicht erfüllt werden könnte, weshalb zur Vermeidung einer Rechtsschutzlücke die Klagsanmerkung gem § 27 Abs 2 WEG gegen den Ersteher ab Anmerkung des Zuschlags im Grundbuch noch vor Be-richtigung nach § 136 GBG zulässig ist.

Exkurs: Auswirkungen der Zwangsversteigerung auf Bestandverhältnisse

Gemäß § 1120 ABGB muss der Bestandinhaber, wenn der Eigentümer das Be-standstück an einen anderen veräußert und ihm auch bereits übergeben hat, nach gehöriger Aufkündigung dem neuen Besitzer weichen, sofern sein Recht nicht in öffentliche Bücher eingetragen ist.

Der Grundsatz „Kauf bricht Miete“ ist jedoch abgeschwächt, da eine „gehörige Aufkündigung“ stattzufinden hat, die wiederum nur dann stattfinden kann, wenn die Kündigungsgründe des § 30 MRG vorliegen.

Dies bedeutet, dass der Erwerber einer Wohnung grundsätzlich in die Mietverträge, die der Voreigentümer abgeschlossen hat, eintritt.

Bei einer zwangsweisen gerichtlichen Veräußerung ist die vorzeitige Aufkündigung nach Einverleibung des Eigentums durch den Ersteher möglich. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Übernahme des nicht verbücherten Bestandvertrages ist der Zuschlag der Liegenschaft an den Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren.

Der Ersteher tritt auch hier in die bestehenden Mietverträge ein, einschließlich aller Sonderregelungen. Er ist aber an vereinbarte Kündigungsfristen nicht gebunden.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass man in einem solchen Fall „grundlos“ das Mietverhältnis lösen könnte, vor allem im Bereich des Mietrechtsschutzes kann auch der Ersteher nur aus den Gründen des § 30 MRG das bestehende Bestandverhältnis aufkündigen.

Autorin

Frau Dr. Weisert ist seit 2006 selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Im gleichen Jahr promovierte sie zum Doktor der Rechtswissenschaften. Ihre Haupttätigkeit liegt in der zivil- und strafrechtlichen Beratung und Vertretung. Auf folgende juristische Felder hat sie sich spezialisiert: Miet- und Wohnrecht, Immobilien- und Liegenschaftsrecht, Gewährleistungs- und Schadenersatzrecht, Familien- und Erbrecht sowie Straf- und Verwaltungsstrafrecht.

Für den WEKA-Verlag erstellt sie regelmäßig Fachbeiträge für das Portal Wohnrecht online.

www.weisert.at