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Johann Schöffthaler | News | 18.09.2012
Der Golfball Teil 2 oder Arbeitsunfall am Golfplatz – Berufungsverfahren
Gastautor Johann Schöffthaler berichtet im 2. Teil seines Beitrags darüber, wie vor Gericht im Berufungsverfahren über den Arbeitsunfall am Golfplatz entschieden wurde. Ist der Golfplatzbesitzer zu weiteren Sicherheitsmaßnahmen verpflichtet?
Sachverhalt
Wie bereits im Artikel „Der Golfball Teil 1 oder Arbeitsunfall am Golfplatz““ erwähnt, wurde vom Betreiber des Golfplatzes Berufung beim Unabhängigen Verwaltungssenat eingelegt um sämtliche Auflagen zu revidieren.
Zur Erinnerung: Ein Arbeitnehmer wurde beim Einsammeln von Golfbällen (wobei dieser das Einsammelfahrzeug verließ) von einem Golfball am Kopf getroffen und schwer verletzt.
Argumente des Golfplatzes
Die Rechtsvertretung des Golfplatzbetreibers brachte dabei folgende Argumente vor:
- Es sind keine weiteren Sicherheitsmaßnahmen erforderlich, da das Fahrzeug ausreichend geschützt ist und die Arbeitnehmer unterwiesen wurden. Zusätzlich wurden alle möglichen Gefahren erfasst und dementsprechend reagiert.
- Die Umsetzung der von der Behörde verlangten Maßnahmen (Werden Golfbälle während des Spielbetriebes eingesammelt, so ist der Spielbetrieb zu unterbrechen und die Spieler davon akustisch und optisch in Kenntnis zu setzen) ist nicht möglich.
- Die Umsetzung der geforderten Maßnahmen ist wirtschaftlich nicht tragbar und das Einsammeln der Golfbälle während des Spielbetriebes ist weltweit so üblich.
- Die Anschaffung von so vielen Golfbällen, um ein Einsammeln während des Spielbetriebes obsolet zu machen, ist wirtschaftlich nicht tragbar und man muss die Golfbälle während des Spielbetriebes einsammeln, um Arbeitszeitüberschreitungen zu verhindern.
- Die ArbeitnehmerInnen wurden unterwiesen, das Fahrzeug nicht zu verlassen.
Reaktion der Arbeitsinspektion
Nun folgt die Antwort der Arbeitsinspektion zu den einzelnen Punkten, welche sinngemäß für das Verfahren übernommen wurde:
Zu Punkt 1 – Sicherheitsmaßnahmen
Die Sicherheitsmaßnahmen sind erforderlich, ansonsten wäre der Unfall nicht passiert. Gemäß § 7 ASchG haben Arbeitgeber bei der Gestaltung der Arbeitsstätten, Arbeitsplätze und Arbeitsvorgänge, bei der Auswahl und Verwendung von Arbeitsmitteln und Arbeitsstoffen, beim Einsatz der Arbeitnehmer sowie bei allen Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer folgende allgemeine Grundsätze der Gefahrenverhütung umzusetzen:
- Vermeidung von Risiken;
- Abschätzung nicht vermeidbarer Risiken;
- Gefahrenbekämpfung an der Quelle;
- Berücksichtigung des Faktors „Mensch“ bei der Arbeit, insbesondere bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen sowie bei der Auswahl von Arbeitsmitteln und Arbeits- und Fertigungsverfahren, vor allem im Hinblick auf eine Erleichterung bei eintöniger Arbeit und bei maschinenbestimmtem Arbeitsrhythmus sowie auf eine Abschwächung ihrer gesundheitsschädigenden Auswirkungen;
- Berücksichtigung des Standes der Technik;
- Ausschaltung oder Verringerung von Gefahrenmomenten;
- Planung der Gefahrenverhütung mit dem Ziel einer kohärenten Verknüpfung von Technik, Arbeitsorganisation, Arbeitsbedingungen, sozialen Beziehungen und Einfluß der Umwelt auf den Arbeitsplatz;
- Vorrang des kollektiven Gefahrenschutzes vor individuellem Gefahrenschutz;
- Erteilung geeigneter Anweisungen an die Arbeitnehmer.
Das heißt, zuerst ist die Quelle der Gefahr zu beseitigen und erst ganz zum Schluss, wenn sämtliche technischen oder organisatorischen Maßnahmen ausgeschöpft sind, ist der individuelle ArbeitnehmerInnenschutz in Form von geeigneten Anweisungen anzuwenden.
Bei der durchgeführten Unfallerhebung durch den Arbeitsinspektor wurde festgestellt, dass seitens des Arbeitgebers keine Evaluierung gemäß § 4 ASchG bezüglich dieses Arbeitsvorganges durchgeführt wurde, ebenso gab es keine schriftliche Dokumentation gemäß § 5 ASchG und eine nachweisliche Unterweisung wurde auch nicht vorgelegt.
Das vorhandene Hinweisschild im Fahrzeug hat nicht ausgereicht, den Unfall zu verhindern und die Vergrößerung des Hinweisschildes wird einen gleichartigen Unfall in der Zukunft nicht verhindern können. Dazu dass das Fahrzeug ausreichend geschützt ist und für den Beschuss durch Golfbälle seitens des Herstellers so konstruiert wurde, konnte keine Bedienungsanleitung oder Herstellerangabe bzw Konformitätserklärung vorgelegt werden. Insbesondere da es auf Golfplätzen (nach Aussagen von mehreren Golfspielern in mehreren Bundesländern Österreichs) üblich ist, gezielt auf das Fahrzeug zu schießen (der Jagdinstinkt schlägt durch) und dieses Verhalten wird seitens der Golfplatzbetreiber toleriert, denn in den Golfplatzregeln findet man keine Anweisungen an die Spieler, dass das gezielte Spielen auf das Fahrzeug zu unterlassen ist.
Zu Punkt 2 – Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen
Die Argumentation, dass die durch die Behörde vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen praktisch nicht umsetzbar sind, ist nicht nachvollziehbar, da der Spielbetrieb laut Aussage des Betreibers in der Zeit von 06:00 bis 21:00 Uhr stattfindet und das Einsammeln der Golfbälle während des Spielbetriebs erfolgt, um den Nachschub an Golfbällen für die Driving-Range und den Anfängerbereich zu gewährleisten.
Die vorgeschriebenen Maßnahmen gelten für das Einsammeln während des Spielbetriebes. Der Betreiber kann alternativ dazu die Golfbälle vor oder nach dem Spielbetrieb einsammeln lassen. Wenn es aufgrund des fehlenden Tageslichtes nicht möglich sein sollte, so können die Plätze künstlich beleuchtet oder das Fahrzeug mit einer Beleuchtung ausgestattet werden. Bezüglich der Aussage, dass man die Golfbälle einsammeln muss, um den Nachschub an Golfbällen für die Golfspieler zu gewährleisten, so muss der Betreiber in diesem Fall mehr Golfbälle zur Verfügung stellen, so dass ein Einsammeln während des Spielbetriebes nicht mehr nötig ist.
Eine weitere Möglichkeit ist, da es sich um eine Arbeitnehmerschutzauflage handelt, dass der Arbeitgeber selbst oder ein privater Golfspieler die Golfbälle mit dem Fahrzeug während des Spielbetriebes einsammelt.
Zu Punkt 3 – Wirtschaftliche Tragbarkeit der Sicherheitsmaßnahmen
Die Argumentation, dass die geforderten Maßnahmen wirtschaftlich nicht tragbar sind und es für die Spieler nicht zumutbar ist, den Spielbetrieb einzustellen, ist ein Armutszeugnis, welches Klarheit dazu schafft, dass das Unternehmen den wirtschaftlichen Faktor wesentlich höher bewertet als die Sicherheit und Unversehrtheit des Lebens und der Gesundheit seiner ArbeitnehmerInnen. Auch die Feststellung, dass diese Vorgehensweise weltweit üblich ist, stellt ein weiteres Armutszeugnis und nicht eine Argumentation dar.
Zu Punkt 4 – Anschaffung von mehr Golfbällen
Die Aussage, dass die Anschaffung von so vielen Golfbällen praktisch unmöglich sein soll, ist nicht nachvollziehbar und auch nicht belegt (Golfbälle auf AMAZON kosten durchschnittlich im 12er-Pack ca 10 Euro, es wurden auch Angebote gefunden wie zB 100 Golfbälle für 49 Euro). Ebenso die Behauptung, dass man die Golfbälle während des Spielbetriebes einsammeln muss, um das Arbeitszeitgesetz einzuhalten, ist nicht nachvollziehbar, da es keinen Hinderungsgrund gibt, noch einen ArbeitnehmerIn zusätzlich einzustellen (man Vergleiche die Öffnungs- bzw Betriebszeiten von Einkaufszentren).
Wenn der Betrieb wirtschaftlich nur bei der Nichtbeachtung von gesetzlichen Vorschriften möglich ist, so wird seitens des Arbeitsinspektorates empfohlen, den Betrieb einzustellen bzw zu schließen.
Zu Punkt 5 – Unterweisung der ArbeitnehmerInnen
Bezüglich der Unterweisungen wird noch mal festgehalten, dass diese Anweisung nicht geignet ist, einen gleichartigen Unfall in der Zukunft zu vermeiden, sondern nur die Gefahrenbekämpfung an der Quelle ist dazu geeignet. Diese Gefahrenbekämpfung ist sowohl technisch wie auch organisatorisch machbar.
Bezüglich Weisungen wird an dieser Stelle gebeten folgenden Hinweis zu beachten:
- Erkenntnis vom 29.06.1992 zl 92/18/0169, Verwaltungsgerichtshof
- Erkenntnis vom 30.01.1996 zl 93/11/088, Verwaltungsgerichtshof
Leitentscheidung zum Thema Kontroll- und Maßnahmensystem
Entscheidungsdatum: 30.01.1996, Geschäftszahl: 93/11/0088
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1992/07/20 91/19/0201 4
Zusatz: Die Überwachung der erteilten Weisungen auf ihre Befolgung ist erforderlich
Stammrechtssatz:
Das Erteilen von Weisungen hinsichtlich der Einhaltung der einschlägigen arbeitszeitrechtlichen Vorschriften stellt nur einen Teil des betrieblichen Kontrollsystems in einem Transportunternehmen dar; diese Maßnahme reicht für sich allein keineswegs aus, um mit gutem Grund erwarten zu lassen, daß bei Erfüllung von Fahrtaufträgen (insbesondere ins Ausland und den damit in der Regel gegebenen Möglichkeiten flexiblerer Zeiteinteilung durch den Lenker) die Arbeitszeitvorschriften tatsächlich eingehalten werden
(Hinweis E 30.9.1991, 91/19/0247; E 2.7.1990, 90/19/0054).
Beachte:
Nachstehende Beschwerde(n) wurde(n) zur gemeinsamen Entscheidung verbunden 93/11/0089 bis 0091
Es ist am Beschuldigten gelegen, konkret in jedem Einzelfall darzutun, wie es trotz angeblich ordnungsgemäßer Disposition und Kontrolle zu den Verstößen gegen das AZG kommen konnte.
Conclusio
Als Arbeitgeber ist das Unternehmen verpflichtet ein geeignetes Kontroll- und Maßnahmensystem zu installieren, sodass diese Arbeitnehmer/innenschutzvorschriften nicht übertreten werden.
Der VwGH hat in der Erkenntnis vom 29 Juni 1992, Zl 92/18/0169, klargestellt, dass der Arbeitgeber von sich aus Maßnahmen zu setzen hat, die die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen mit gutem Grund erwarten lassen.
Wie es weitergeht, bzw wie der Unabhängige Verwaltungssenat entscheidet, wird Ihnen in der Geschichte „Golfball – Teil 3“ mitgeteilt werden.
Teil 1 des Beitrags finden Sie auf dem Portal unter: