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Dokument-ID: 1067868

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 190/19f; OGH; 20. Februar 2020

GZ: 5 Ob 190/19f | Gericht: OGH vom 20.02.2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin M*****, vertreten durch Mag. Wolfgang A. Orsini und Rosenberg, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner Dr. C*****, vertreten durch Dr. Peter Dirnbacher, *****, wegen §§ 16, 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. September 2019, GZ 38 R 165/19z-12, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 13. Mai 2019, GZ 9 Msch 7/19i-7, bestätigt wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragstellerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Begründung

Der Antragsgegner ist Eigentümer einer Liegenschaft in Wien. R***** ist seit 01.09.2017 Hauptmieter einer in diesem Haus gelegenen Wohnung.

Am 14.12.2018 schloss der Mieter mit der Antragstellerin eine Zessionsvereinbarung. Er trat in diesem Formblatt sämtliche ihm gemäß dem MRG, dem Richtwertgesetz, dem HeizKG und allen anderen anwendbaren Bestimmungen und Gesetzen zustehenden Ansprüche auf Feststellung und Rückforderung der aufgrund des abgeschlossenen Mietvertrags an den Vermieter bezahlten Beträge, insbesondere, jedoch nicht ausschließlich, zustehende Ansprüche auf Überprüfung der Angemessenheit des vereinbarten oder begehrten Hauptmietzinses (§§ 12a, 16, 43, 44, 45, 46, 46a, 46c MRG) und Untermietzinses (§ 26 MRG) und Anrechnung von Dienstleistungen auf den Hauptmietzins (§ 28 MRG) samt Festsetzung des jeweils gesetzlich zulässigen Betrags sowie der diesbezüglichen Überschreitungsbeträge, Aufgliederung eines Pauschalmietzinses, Feststellung der Höhe des rückforderbaren Kautionsbetrags, Feststellung des Aufteilungsschlüssels zur Verteilung der Gesamtkosten und Anteile eines Mietgegenstands an den Gesamtkosten, Überprüfung und Feststellung der Betriebskosten und laufende öffentliche Abgaben, Auslagen für die Verwaltung, Aufwendungen für die Hausbetreuung, insbesondere Aufwendungen, Überprüfung und Feststellung des Entgelts für mitvermietete Einrichtungsgegenstände und sonstige Leistungen, Feststellung der Angemessenheit des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags und Rückzahlung sowie Bekanntgabe der Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten und Rückzahlung von verbotenen Leistungen und Entgelten gemäß § 27 MRG (samt Zinsen und Zinseszinsen) an die antragstellende GmbH ab. Er verpflichtete sich (falls nötig), sämtliche Anträge gegenüber Behörden und Gerichten zu stellen, soferne die Zessionarin diese nicht für ihn und in seinem Namen stellen kann. Die Zessionarin wurde berechtigt, sämtliche Anträge betreffend und im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis an Schlichtungsstellen, Bezirks- und Landesgerichten, sowie den Obersten Gerichtshof für den Mieter zu stellen sowie Maßnahmen und Vereinbarungen mit der Vermieterin (gegebenenfalls deren Rechtsnachfolgerin) zu treffen, welche der Zessionarin zur Einbringung der Forderungen zweckmäßig erschienen.

Die Antragstellerin (Zessionarin) beantragte die Feststellung der a) Höhe des gesetzlich zulässigen Hauptmietzinses, b) Unwirksamkeit der Hauptmietzinsvereinbarung vom 31. 8. 2017, c) Überschreitung des gesetzlich zulässigen Hauptmietzinses.

Das Erstgericht wies den Antrag mangels Aktivlegitimation der Zessionarin ab. Das Recht zur Überprüfung des gesetzlich zulässigen Mietzinses stehe ausschließlich dem Hauptmieter zu. Der Abtretungsvertrag wirke nur inter partes.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge, bewertete den Wert des Entscheidungsgegenstands mit EUR 10.000,– übersteigend und ließ den Revisionsrekurs nicht zu. Nach seiner rechtlichen Beurteilung können zwar Ansprüche eines Mieters auf Rückforderung überhöhter Mietzinsleistungen zediert werden, wobei sich für das Wesen des Anspruchs und die Verfahrensart nichts ändert. Auch mit den anderen Rechtspositionen verbundene Gestaltungsrechte können ausnahmsweise übertragen werden, wenn der Erwerber am Erhalt des Rechts oder der Überträger an der Übertragung und Ausübung des Rechts durch den Erwerber ein von der Rechtsordnung gebilligtes Interesse hat. Stets ist ein gütliches Grundgeschäft Voraussetzung einer wirksamen Zession als kausales Verfügungsgeschäft. Die Zessionsvereinbarung enthält keinen Rechtsgrund. Trotz des bereits vor der Schlichtungsstelle erhobenen Einwands der mangelnden Aktivlegitimation legt die Antragstellerin keinen konkreten Rechtsgrund dar.

Der – nach Freistellung durch den Obersten Gerichtshof unbeantwortet gebliebene – Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig, weil sich die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts zur Behauptungs- und Beweispflicht der Zessionarin nicht im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bewegt. Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.1 Die Abtretung ist als kausales Verfügungsgeschäft nur dann wirksam, wenn sie auf einem gültigen Grundgeschäft (Verpflichtungsgeschäft, Titel) beruht (RIS-Justiz RS0032510 [T1]; RS0032570). Wenn der Schuldner die Wirksamkeit der Abtretung wegen Fehlens eines tauglichen Titels bestreitet, muss der Zessionar den Rechtsgrund behaupten und beweisen (8 Ob 33/13f; RS0032652; RS0032510 [T3]).

1.2 Hier hat der Antragsgegner zwar bereits vor der Schlichtungsstelle den – im gerichtlichen Verfahren aufrecht erhaltenen – Einwand der fehlenden Aktivlegitimation erhoben. Streitpunkt war in diesem Zusammenhang die Auslegung des Begriffs „Hauptmieter“ in § 37 MRG und damit die Frage, ob die Abtretung von Ansprüchen des Mieters, die im besonderen mietrechtlichen Außerstreitverfahren geltend zu machen sind, grundsätzlich zulässig ist. Der Rechtsgrund war hingegen kein Thema des Parteienvorbringens. Der Antragsgegner wendete nicht ein, dass ein (gültiger) Titel für die Abtretung fehlt.

1.3 Das Rekursgericht hat die Zulässigkeit der Abtretung ausdrücklich weder bejaht noch verneint, sondern die Abtretung aufgrund eines fehlenden Titels als unwirksam angesehen. Diese Rechtsansicht rügt die Antragstellerin im Revisionsrekurs – angesichts der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Beweislast zu Recht - als überraschend: Hätte ihr das Rekursgericht Gelegenheit gegeben, ihr Sachvorbringen zu einer bislang nicht relevierten Rechtsansicht zu vervollständigen, hätte sie sich auf einen entgeltlichen Forderungskauf berufen und diesen durch Vorlage einer Zusatzvereinbarung nachweisen können.

1.4 Die gerügte Verletzung einer Erörterungspflicht ist jedoch im Ergebnis nicht relevant, weil die Abtretungserklärung der Antragstellerin keine Antragslegitimation verschafft.

2.1 Das Recht, einen Anspruch gerichtlich geltend zu machen (Klagerecht oder hier Antragsrecht) ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs immer Ausfluss des dem einzelnen zustehenden materiellen Rechts. Es steht nur dem zu, dem das materielle Recht zusteht und kann von diesem nicht getrennt werden (RS0032658). Jede Zession hat grundsätzlich zur Folge, dass der Zedent nicht mehr berechtigt ist, im eigenen Namen gegen den Schuldner gerichtlich vorzugehen (RS0032667; RS0010457 [Inkassozession]). Mit der wirksamen Abtretung scheidet die abgetretene Forderung aus dem Vermögen des Zedenten aus und wird Bestandteil des Vermögens des Zessionars (7 Ob 126/02h = RS0032892 [T1]; RS0032780).

2.2 Die bloße Übertragung des Prozessführungsrechts (Prozessstandschaft) ohne Bestehen irgendwelcher sonstiger materiell-rechtlicher Beziehung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar ist nach österreichischem Recht unzulässig (RS0032788; RS0053157; RS0032699).

3.1 Alle veräußerlichen Rechte können Gegenstand einer Abtretung sein (§ 1393 Satz 1 ABGB). Ausgenommen sind höchstpersönliche Ansprüche, deren (Leistungs-)Inhalt durch die Person des Berechtigten bestimmt und bei Wechsel dieser Person geändert wird (RS0032673 [T4]), Sachenrechte (RS0032651 [T4]) oder Rechte, deren Abtretung gesetzlich verboten ist, wie beispielweise das Wiederkaufs-, Rückverkaufs- und Vorkaufsrecht (Neumayr in KBB5 § 1393 ABGB Rz 9).

3.2 Im Allgemeinen sieht die Rechtsprechung obligatorische Rechte auch dann, wenn sie aus zweiseitigen Verträgen abgeleitet werden, grundsätzlich als abtretbar an (zu Konkurrenzklauseln: 4 Ob 119/03h; RS0118086). Die Abtretung aller dem Zedenten aus einem Vertrag zustehenden Ansprüche (Globalzession) ist zulässig (RS0032853). Die Abtretung zukünftiger Forderungen ist rechtswirksam, wenn diese ausreichend individualisiert sind (RS0032798; RS0032827).

3.3 Gestaltungsrechte können in der Regel nur mit dem Hauptrecht, dessen Ausübung sie dienen, abgetreten werden (RS0032651 [T1]). So ist das Recht zur Anfechtung wegen Irrtums verbunden mit sich daraus ergebenden Leistungsansprüchen abtretbar (RS0032732), ebenso eine Option verbunden mit dem durch deren Ausübung entstehenden Recht (RS0019213). Die entgeltliche Abtretung von dem Insolvenzverwalter iSd § 37 IO zustehenden Anfechtungsansprüchen ist – ausgenommen bei rechtsmissbräuchlicher oder offenbar insolvenzrechtswidriger Abtretung – jedenfalls dann wirksam, wenn sie neben dem Anspruch auf Rechtsgestaltung (Unwirksamerklärung iSd § 27 IO) auch einen auf dieser Rechtsgestaltung beruhenden Leistungsanspruch erfasst (17 Ob 6/19k = RS0132738). Die selbstständige Abtretung ausschließlich eines Gestaltungsrechts setzt voraus, dass der Erwerber am Erhalt des Rechts oder der Übertrager an den Übertragung und Ausübung des Rechts durch den Erwerber ein von der Rechtsordnung gebilligtes Interesse hat (RS0032642; 17 Ob 6/19k mwN). Zugelassen wurde die Abtretung der Wandlungsansprüche des Leasinggebers an den Leasingnehmer im Fall des Finanzierungsleasings (RS0018590) oder des Anspruchs auf Pfandrechtslöschung (5 Ob 95/09w).

4. Abtretung im Mietrecht

4.1 Rechte des Vermieters

4.1.1 Im Fall der Einräumung des ausschließlichen Nutzungs- und Verfügungsrechts an einer vermieteten Wohnung durch die Begründung von Wohnungseigentum bejahte die Rechtsprechung auf Basis der Rechtslage vor dem WEG 2002 die damit verbundene Abtretung von Gestaltungsrechten, die den Wohnungseigentümer beispielsweise zur Geltendmachung des Mietzinserhöhungsrechts nach §§ 12a oder 46a MRG (5 Ob 454/97v; RS0109175) oder zur Durchsetzung von Duldungs- und Veränderungsansprüchen nach § 8 Abs 2 MRG (5 Ob 492/97g; RS0109651) im mietrechtlichen Außerstreitverfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 und Z 5 MRG legitimierte.

4.1.2 Bei so genannten „Altverträgen“ steht nach der geltenden Rechtslage mit der Begründung von Wohnungseigentum am Mietgegenstand nur mehr der Wohnungseigentümer als Vermieter und Vertragspartner dem Hauptmieter gegenüber (§ 2 Abs 1 MRG in der Fassung des Wohnungseigentumsbegleitgesetzes 2002; § 4 Abs 1 WEG 2002). Mit der Begründung von Wohnungseigentum erfolgt ein gesetzlicher Vertragsübergang auf den Wohnungseigentümer mit der Konsequenz, dass ab seinem Eintritt für die Geltendmachung sämtlicher aus dem Mietverhältnis resultierender Ansprüche (vorbehaltlich der Sonderregelung der Absätze 2 und 3) ausschließlich der einzelne Wohnungseigentümer als neuer Vertragspartner aktiv- und passiv legitimiert ist (RS0124154).

4.1.3 Das Recht, den Mietvertrag aufzukündigen oder eine vorzeitige Auflösung und die Räumung des Objekts von einem unberechtigten Nutzer zu fordern, ist ein nicht abtretbarer Teil der Rechte eines Vermieters, weshalb es im Komplex dieser Rechte nicht herausgenommen und abgesondert übertragen werden kann (RS0010335).

4.1.4 Geldansprüche des Vermieters wie der Anspruch auf Zahlung des Mietzinses können rechtswirksam abgetreten werden, soweit nicht ausdrückliche Abtretungsverbote bestehen, wie beispielsweise in § 42 Abs 2 MRG (4 Ob 2146/96h; RS0106072).

4.2 Rechte des Mieters

4.2.1 Die Rechtsprechung ließ die Abtretung von Rückforderungsansprüchen des Mieters im Sinn des § 27 Abs 3 MRG zu, die aus einer unzulässigen Ablösevereinbarung abgeleitet wurden. Damit wurde das Recht des Zessionars bejaht, den Rückforderungsanspruch in dem auch für den Zessionar geltenden besonderen außerstreitigen Mietrechtsverfahren nach § 37 Abs 1 Z 14 MRG geltend zu machen (6 Ob 501/93; 5 Ob 76/97f). Die Abtretung von Ansprüchen einer Hauptmieterin auf Ersatz ihrer Investitionen gemäß § 10 MRG und § 1097 ABGB an den Untermieter sah der Oberste Gerichtshof zu 5 Ob 287/99p als grundsätzlich möglich an.

4.2.3 Fälle der Weitergabe eines Bestandrechts (im Sinn des Nutzungsrechts) wurden teils als Begründung eines Afterbestandrechts angesehen (RS0020634 [Weitergabe des Gebrauchs durch Unterbestandnehmer]; 2 Ob 553/76 = RS0020701 [Weitergabe des Gebrauchs durch den Hauptbestandnehmer begründet Untermiete]). Teils nahm die (ältere) Rechtsprechung mangels Zustimmung des anderen Vertragspartners die Konstruktion des gespaltenen Mietverhältnisses an, bei dem die Rechte aus dem Bestandvertrag dem Zessionar übertragen werden, die Verpflichtungen aber beim Zedenten bleiben (RS0033418).

4.2.4 Im Gegensatz zu einer Aufspaltung der vertraglichen Rechte und Pflichten durch Zession ist eine Vertragsübernahme nach herrschender Ansicht ein einheitliches Rechtsgeschäft, mit dem die Gesamtheit aller wechselseitigen Rechte und Pflichten übertragen wird und der Vertragsübernehmer an die Stelle der aus dem Schuldverhältnis ausscheidenden Partei tritt. Der Vertragsübernehmer übernimmt daher die gesamte vertragliche Rechtsstellung, ohne dass dabei der Inhalt oder die rechtliche Identität des bisherigen Schuldverhältnisses verändert wird (2 Ob 164/12z mwN). Eine Vertragsübernahme erfordert grundsätzlich eine Übereinkunft aller Beteiligten, nämlich der verbleibenden, der ausscheidenden und der an ihre Stelle tretenden Partei (RS0032607). Die Rechtsprechung wendet diese Grundsätze auch auf den Übergang eines Bestandverhältnisses an, sofern keine gesetzliche Sonderregelung besteht (RS0033492).

4.2.5 § 12a Abs 1 MRG ordnet bei Veräußerung des im Mietgegenstand betriebenen Unternehmens eine gesetzliche Vertragsübernahme durch Eintritt des Erwerbers in das Hauptmietverhältnis an, ohne dass die Zustimmung des Vermieters notwendig ist. Vorgesehen ist lediglich die Pflicht, dem Vermieter die Unternehmensveräußerung unverzüglich anzuzeigen (§ 12a Abs 1 Satz 2 MRG). Die ebenfalls anzeigepflichtige (§ 12 Abs 2 Satz 1 MRG) Abtretung der Hauptmietrechte nach § 12 Abs 1 MRG führt ebenfalls ohne Zustimmung des Vermieters zu einem Eintritt des Zessionars in das Hauptmietverhältnis.

4.2.6 Im Sinn der bisherigen mietrechtlichen Rechtsprechung ist somit entweder die Abtretung einzelner Geldansprüche des Mieters (Rückforderung aus einer unzulässigen Ablösevereinbarung, Investitionsersatz) zulässig oder die Übertragung sämtlicher Mieterrechte und -pflichten bei einem Eintritt des neuen Mieters und dem Ausscheiden des alten über eine Vertragsübernahme.

5.1 Im Bereich der Hauptmietzinsüberprüfung nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG steht es dem Antragsteller frei, die Feststellung der zulässigen Höhe des Hauptmietzinses pro futuro oder zu bestimmten Zinsterminen zu begehren. Dem Erfordernis der Geltendmachung der Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung wird durch eine Geltendmachung der Mietzinsüberschreitung nur zu bestimmten Zinsterminen nicht entsprochen, weil dabei die Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung nur eine Vorfrage ist (5 Ob 74/12m mwN).

5.2 Der Anspruch auf Rückforderung überhöhter Mietzinszahlungen ist Annex zu einem Feststellungsbegehren iSd § 37 Abs 1 Z 8 MRG. Isoliert kann er im streitigen Verfahren eingeklagt werden. Dort ist die gesetzliche Zulässigkeit des Mietzinses als Vorfrage zu beurteilen (H. Böhm/Prader in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner in GeKo Wohnrecht I § 27 MRG Rz 108; 5 Ob 143/16i). Ablöserückforderungen aus Vereinbarungen, die gegen § 27 Abs 1 MRG verstoßen, sind mit § 37 Abs 1 Z 14 MRG in das Außerstreitverfahren verwiesen. Der Rechtsweg ist in diesem Fall ausgeschlossen (RS0103225; H. Böhm/Prader in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner in GeKo, § 27 MRG Rz 108).

6.1 Im vorliegenden Fall hat der Hauptmieter (unter anderem) sämtliche Ansprüche auf Festsetzung und Rückforderung der aufgrund des Hauptmietvertrags an den Vermieter bezahlten Beträge einschließlich des Anspruchs auf Überprüfung der Angemessenheit des vereinbarten und begehrten Hauptmietzinses und des Rückzahlungsanspruchs an die Antragstellerin abgetreten. Diese stellte iSd § 37 Abs 1 Z 8 MRG den Antrag auf Feststellung der Höhe des gesetzlich zulässigen Hauptmietzinses, der Unwirksamkeit der Hauptmietzinsvereinbarung und der Überschreitung des zulässigen Hauptmietzinses ohne Einschränkung auf bestimmte Zinstermine.

6.2 Der hier im mietrechtlichen Außerstreitverfahren gestellte Antrag zielt eindeutig auf die Feststellung des gesetzlich zulässigen Hauptmietzinses auch pro futuro. Im Verhältnis zwischen dem Hauptmieter und der Vermieterin sollen die Rechtswirksamkeit der Hauptmietzinsvereinbarung und der gesetzlich zulässige Hauptmietzins endgültig geklärt und die Vertragsbeziehungen zwischen den unverändert gebliebenen Vertragsparteien des Mietverhältnisses, eines Dauerschuldverhältnisses, festgestellt werden.

6.3 Darin liegt der entscheidende Unterschied zu den bisher in der mietrechtlichen Rechtsprechung als zulässig angesehenen Fällen der Abtretung von Leistungsansprüchen des Mieters, welche die Aktivlegitimation des Zessionars im für diese Ansprüche zwingend vorgesehenen mietrechtlichen Außerstreitverfahren begründete. Es wurde zwar nicht ausschließlich der Feststellungsanspruch (§ 37 Abs 1 Z 8 MRG) abgetreten, was entweder als reine Prozessstandschaft bzw bei Fehlen eines von der Rechtsordnung gebilligten Interesses unzulässig wäre. Die Abtretung erfasst auch Leistungsansprüche, die sich aus der erfolgreichen „Anfechtung“ (der Feststellung des gesetzlich zulässigen Hauptmietzinses) ergeben. Diese sind jedoch im mietrechtlichen Außerstreitverfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG reiner Annex zum primär auf Feststellung gerichteten (RS0110735) Begehren. Ein Rückzahlungstitel ist nach § 37 Abs 4 MRG nur dann zu erlassen, wenn sich ein Rückforderungsanspruch im Verfahren ergibt. Es dürfen keine Zweifel bestehen, dass der unzulässig vorgeschriebene Mietzins tatsächlich gezahlt wurde (RS0106116). Ein eigenes Verfahren zur Klärung offener Fragen der vom Mieter begehrten Geldleistung ist nicht vorgesehen (RS0106116 [T2]).

6.4 Ergebnis: Die Abtretung des Anspruchs auf Feststellung des gesetzlich zulässigen Hauptmietzinses einschließlich des Rückforderungsanspruchs durch den Mieter begründet nicht die Aktivlegitimation des Zessionars im mietrechtlichen Außerstreitverfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG. Der Zessionar kann den Rückzahlungsanspruch (nur) im streitigen Verfahren geltend machen.

Die Vorinstanzen haben dem Feststellungsantrag daher im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG.

Leitsätze

  • Abtretung und Aktivlegitimation von Feststellungsansprüchen des Mieters

    Die Abtretung einzelner Geldansprüche des Mieters ist zulässig. Eine Hauptmietzinsüberprüfung nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG stellt ein nicht abtretbares Feststellungsbegehren dar. Rückforderungsansprüche, die sich aus der Feststellung des zulässigen Hauptmietzinses ergeben, sind bloßer Annex zu diesem – nicht abtretbaren – Feststellungsbegehren. Die Zession dieser Ansprüche begründet somit mangels Eigenständigkeit nicht die Aktivlegitimation des Zessionars im Außerstreitverfahren.
    Eva-Maria Hintringer | Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 190/19f | OGH vom 20.02.2020 | Dokument-ID: 1067860