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5 Ob 175/02z; OGH; 15. Oktober 2002
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshof Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshof Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin Jadranka K*****, vertreten durch Dr. Günther Steiner, Dr. Anton Krautschneider und Dr. Erich Jungwirth, Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegner 1. Ilse Maria K*****, und 2. Karl K*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Walter Engler, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. Jänner 2002, GZ 39 R 405/01z-8, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 14. September 2001, GZ 5 Msch 34/01y-3, bestätigt wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Mietrechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen.
Begründung
Das Erstgericht wurde von der Antragstellerin mit dem Begehren befasst, bezüglich des nach einer Aufspaltung gemäß § 15 Abs 4 MRG festzustellenden Hauptmietzinses auszusprechen, dass die Mietzinsvereinbarung insoweit unwirksam sei, als der Hauptmietzins den nach § 16 Abs 5 MRG zulässigen Höchstbetrag von ATS 206,40, in eventu netto ATS 412,18, überschreitet, und die Antragsgegner zur Rückzahlung des überhöht vorgeschriebenen Mietzinses zu verpflichten. Es wies dieses Begehren ohne Durchführung eines Beweisverfahrens wegen Verfristung ab. Der Mietzinsüberprüfungsantrag war nämlich erst nach Ablauf der 3-jährigen Frist des § 16 Abs 8 MRG bzw mehr als 6 Monate nach Umwandlung des ursprünglich befristeten Mietverhältnisses in ein unbefristetes gestellt worden. Der Rechtsauffassung der Antragstellerin, die Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG beginne erst mit der Aufgliederung des Pauschalmietzinses zu laufen, sei nicht zu folgen, da dies dem vom Gesetzgeber angestrebten Zweck, Mietzinsüberprüfungen außerhalb der 3-jährigen Präklusivfrist zu unterbinden, zuwiderlaufe.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:
§ 15 Abs 4 MRG, der es sowohl dem Vermieter als auch dem Mieter ermöglicht, einen pauschal vereinbarten Mietzins durch das Gericht in seine einzelnen Bestandteile aufgliedern zu lassen, verweise in seinem Schlusssatz auf § 16 Abs 8 und 9 MRG.
§ 16 Abs 8 MRG in der durch das 3. WÄG eingeführten, ab 01.03.1994 geltenden Fassung regle, dass Mietzinsvereinbarungen insoweit unwirksam sind, als der vereinbarte Hauptmietzins den nach Abs 1 bis 7a des § 16 MRG zulässigen Höchstbetrag überschreitet, schränke aber die Möglichkeit der Geltendmachung der Unwirksamkeit auf den Zeitraum von drei Jahren ein. Bei befristeten Hauptmietverhältnissen nach § 29 Abs 1 Z 3 lit c MRG ende diese Frist frühestens 6 Monate nach Auflösung des Mietverhältnisses oder nach seiner Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis.
Für nach dem 28.02.1994 geschlossene unbefristete Mietverträge bedürfe es somit – um eine Teilnichtigkeit berücksichtigen zu können – der ausdrücklichen fristgerechten Geltendmachung bei Gericht bzw bei der Schlichtungsstelle innerhalb von drei Jahren. Nach fruchtlosem Verstreichen dieser Frist könne die Unzulässigkeit einer Mietzinsvereinbarung nicht mehr eingewendet werden; sie sei praktisch saniert (Würth/Zingher20 Rz 5 zu § 16 MRG).
Von der Rechtsprechung (5 Ob 94/98d ua) sei die Meinung vertreten worden, dass § 16 Abs 8 Satz 2 MRG idF des 3. WÄG auch auf Mietzinsvereinbarungen vor dem 01.03.1994 in der Weise anzuwenden sei, dass die in der genannten Gesetzesbestimmung normierte Präklusivfrist am 01.03.1994 zu laufen beginnt. Dies sei unter anderem damit begründet worden, dass einerseits umsichtigen Mietern die Möglichkeit gegeben werde, die Unwirksamkeit noch geltend zu machen, andererseits aber ein uferloses Anwachsen der Beweisprobleme pro futuro vermieden werde, wie es der Zielsetzung des Gesetzgebers bei Einführung dieser Präklusivfrist entspreche. Diese Zielsetzung würde verfehlt, wollte man demjenigen Mieter, der nach Vereinbarung eines Pauschalzinses, dessen Aufschlüsselung er auch noch nach Jahren begehren könnte, die Möglichkeit geben, sich mit der Mietzinsanfechtung drei Jahre von der Aufgliederung an gerechnet Zeit zu lassen. Eine derartige Auslegung, die Mieter mit Pauschalmietzinsvereinbarungen gegenüber allen anderen Bestandnehmern ungerechtfertigterweise bevorzugen würde, wäre nicht nur nicht sachgerecht, sondern lasse sich auch nicht mit dem Gesetzestext in Einklang bringen.
Wenn § 15 Abs 4 MRG ausspricht, dass § 16 Abs 8 MRG anzuwenden ist, lasse sich daraus ableiten, dass die Teilnichtigkeit des Hauptmietzinses im Sinne des § 16 Abs 8 MRG ausdrücklich und auch innerhalb der dort genannten Frist geltend zu machen ist. Für die Annahme, die 3-jährige Frist des § 16 Abs 8 MRG laufe im Falle der Vereinbarung eines Pauschalmietzinses erst ab Aufgliederung, fehle im Gesetzestext jeglicher Anhaltspunkt. Es bestehe auch – entgegen der Auffassung der Antragstellerin – keine Notwendigkeit, die Frist für die Geltendmachung der Mietzinsüberprüfung erst ab der Aufgliederung des Hauptmietzinses laufen zu lassen, weil der Überprüfungsantrag ja mit dem Aufgliederungsantrag verbunden und lediglich eventualiter, für den Fall, dass der ermittelte Hauptmietzins den nach § 16 Abs 1 bis 7a MRG zulässigen Höchstbetrag übersteigt, gestellt werden könnte.
Damit habe das Erstgericht den Mietzinsüberprüfungsantrag der Antragstellerin zu Recht wegen Verfristung abgewiesen. Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Soweit überblickbar fehle nämlich Rechtsprechung des OGH zur Frage, wann die Frist des § 16 Abs 8 MRG bei Pauschalmietzinsvereinbarungen zu laufen beginnt.
In ihrem Revisionsrekurs wiederholt die Antragstellerin ihre bereits berd, oder sie aufzuheben und die Mietrechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen. Die Antragsgegner habe sich dazu nicht geäußert.kannten Argumente für die von den Vorinstanzen abgelehnte Rechtsansicht, bei Pauschalmietzinsvereinbarungen beginne die Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG erst ab dessen Aufgliederung zu laufen, weil erst dann die Höhe des Hauptmietzinses bekannt sei. Die Anordnung des § 15 Abs 4 MRG, Abs 8 und Abs 9 des § 16 MRG anzuwenden, beziehe sich auf den „so ermittelten Hauptmietzins“. Von einer unsachlichen Bevorzugung des Mieters, der eine Pauschalmietzinsvereinbarung getroffen hat, könne keine Rede sein, da er – anders als ein gewöhnlicher Mieter – eine Überschreitung des zulässigen Hauptmietzinses erst nach gerichtlicher Aufgliederung des Pauschalmietzinses feststellen könne. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die vorinstanzlichen Entscheidungen entweder so abzuändern, dass dem Mietzinsüberprüfungsbegehren stattgegeben wi
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er erweist sich iS seines Aufhebungsbegehrens auch als berechtigt.
Der entscheidungsrelevante letzte Halbsatz des § 15 Abs 4 MRG lässt grammatikalisch zwei Auslegungen zu. Seine durch den Strichpunkt zum Ausdruck gebrachte Verbindung mit dem ersten Halbsatz deutet darauf hin, dass der „so ermittelte“ (also im Zuge einer gerichtlichen Aufspaltung des Pauschalmietzinses festgesetzte) Hauptmietzins nach den Vorgaben des § 16 Abs 8 MRG zu behandeln ist (was nahelegt, die dort für die Geltendmachung einer Überschreitung der gesetzlich zulässigen Mietzinshöhe normierte Präklusivfrist von drei Jahren ab Rechtskraft der Aufspaltung laufen zu lassen), andererseits wurde die unmittelbare und nicht bloß sinngemäße Anwendung des § 16 Abs 8 MRG angeordnet, was wiederum iVm § 15a Abs 2 MRG (früher § 16 Abs 3 MRG) auf den Abschluss des Mietvertrages (genauer gesagt der Mietzinsvereinbarung) als Beginn des Fristenlaufs hinweist. Es sind daher weitere Auslegungskriterien heranzuziehen, um sich dem Willen des Gesetzgebers anzunähern.
Würth (in Würth/Zingher, Wohnrecht 94, Anm 3 zu § 15 MRG) meint, die Verweisung auf § 16 Abs 8, der die Teilnichtigkeit von Mietzinsvereinbarungen und die Präklusion der Geltendmachung behandelt, bedeute wohl, dass eine sich bei der Spaltung ergebende Teilnichtigkeit wahrzunehmen ist, das Gericht (die Schlichtungsstelle) also auch bei der Spaltung des Pauschalmietzinses keinen höheren als den jeweils zulässigen (zulässig gewesenen) Hauptmietzins festsetzen darf, bei nach In-Kraft-Treten des 3. WÄG geschlossenen Vereinbarungen allerdings nur bei Geltendmachung durch den Mieter innerhalb der Fristen des § 16 Abs 8 (dem folgend Hausmann, Österreichisches Wohnrecht, Rz 22 zu § 15 MRG). In diesem Sinn zu verstehen ist auch sein Hinweis, dass die nur pro futuro mögliche Aufspaltung des Pauschalmietzinses nicht in das Recht des Mieters eingreift, den Pauschalmietzins (den darin enthaltenen Hauptmietzins) gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG auch für die Vergangenheit auf seine gesetzliche Zulässigkeit überprüfen zu lassen (vgl Anm 2 aaO).
Gegen die Präklusion der Überprüfung eines in einem Pauschalmietzins enthalten Hauptmietzinses vor der Aufspaltung spricht wiederum, dass erst mit der Aufspaltung augenfällig wird, wie hoch der Hauptmietzins ist. Der Mieter könnte die Notwendigkeit einer rechtzeitigen Anfechtung der Hauptmietzinsvereinbarung übersehen und hätte die Nachteile einer Sanierung dieser Vereinbarung zu tragen, wenn der Vermieter – was ihm das Gesetz ermöglicht – nach Ablauf der Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 MRG seinerseits die Aufspaltung des Pauschalmietzinses begehrt. Der in § 15 Abs 4 MRG beiden Parteien des Mietvertrages eingeräumte Aufspaltungsantrag ist nämlich nicht befristet.
Die Orientierung am Gesetzeszweck der Präklusionsregelung des § 16 Abs 8 MRG, die Beweisprobleme einzudämmen, die sich aus der Vergrößerung des zeitlichen Abstands zum Abschluss der Mietzinsvereinbarung ergeben (vgl wobl 2000, 43/15 ua; Vonkilch, Analoge Ausdehnung der dreijährigen Präklusivfrist für die Mietzinsüberprüfung?, RdW 1999, 395), würde – darin ist dem Rekursgericht zu folgen – an sich den Schluss nahelegen, die Überprüfung eines im Pauschalmietzins enthaltenen Hauptmietzinses den gleichen Beschränkungen zu unterwerfen wie die Überprüfung einer den Hauptmietzins von vorn herein ausweisenden Vereinbarung. Bei näherer Betrachtung trägt dieses Argument jedoch nicht. Wie sich aus der mangelnden Befristung des Aufspaltungsantrags und der Verweisung auf die Betragsfestsetzung nach freier Überzeugung unter Anwendung des § 273 ZPO ergibt (§ 15 Abs 4 Satz 3 MRG), hat nämlich der Gesetzgeber den im Zusammenhang mit der Aufspaltung eines Pauschalmietzinses zu bewältigenden Beweisproblemen besondere Beachtung geschenkt und zu erkennen gegeben, dass sie einer den Interessen der Mietvertragsparteien möglichst gerecht werdenden Lösung nicht im Weg stehen sollen. Das lässt sich zur Hintanhaltung einer unbilligen Benachteiligung des Mieters, der die Unzulässigkeit des im Pauschalmietzins steckenden Hauptmietzinses nicht binnen der Frist des § 16 Abs 8 MRG erkennt, auch auf dessen Überprüfung nach Maßgabe der §§ 15a, 16, 37 Abs 1 Z 8 MRG übertragen. Der Gesetzgeber selbst betrachtet den Pauschalmietzins als ein die Verwaltung (insbesondere die Hauptmietzinsabrechnung) erschwerendes Spezifikum (vgl AB zu Art II Z 13 des 3. WÄG, abgedruckt bei Würth/Zingher, Wohnrecht 94, 39), das wegen seiner Besonderheit auch eine Anpassung der Präklusionsregelung des § 16 Abs 8 MRG dergestalt rechtfertigt, dass die Frist erst mit rechtskräftiger Aufspaltung beginnt. Die Abweisung des verfahrensgegenständlichen Sachantrags durch die Vorinstanzen wegen Fristablaufs war daher nicht richtig; es war wie im Spruch zu entscheiden.
Leitsätze
-
Bis zur Aufspaltung von Pauschalmietzins keine Präklusion der Hauptmietzinsüberprüfung
Vor Rechtskraft des Aufspaltungsbeschlusses über den Pauschalmietzins beginnt die Frist zur Überprüfung des darin enthaltenen Hauptmietzinsanteils nicht zu laufen.Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 175/02z | OGH vom 15.10.2002 | Dokument-ID: 378916