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7 Ob 90/10a; OGH; 30. Juni 2010
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. G***** V*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der F*****gesellschaft mbH, vertreten durch Sauerzopf & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Ing. G***** Z*****, vertreten durch Dr. Werner Hetsch & Dr. Werner Paulinz, Rechtsanwälte in Tulln, wegen EUR 1.891,60 sA und Räumung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 26. Jänner 2010, GZ 22 R 4/10h–43, womit das Teilurteil des Bezirksgerichts Stockerau vom 21. Oktober 2009, GZ 2 C 494/08a–37, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 336,82 (darin enthalten EUR 56,14 an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Höhe des Zinsminderungsanspruchs in einem „hellhörigen Haus bzw bei Einhaltung der Zimmerlautstärke“ fehle.
Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn von § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Entscheidung kann sich auf die Ausführungen der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).
Eine Mietzinsminderung für die Dauer und in dem Maß der Unbrauchbarkeit steht zu, wenn das Bestandstück bei der Übergabe derart mangelhaft ist oder während der Bestandzeit ohne Schuld des Bestandnehmers derart mangelhaft wird, dass es zu dem bedungenen Gebrauch nicht taugt (§ 1096 Abs 1 ABGB). Die Revision erkennt selbst, dass sich der Oberste Gerichtshof schon mehrfach mit dem Mietzinsminderungsrecht nach § 1096 ABGB wegen Lärmbelastung auseinandergesetzt hat (RIS–Justiz RS 0021324, RS 0107151, RS 0021351, RS 0118572). Beim Zusammenleben mehrerer Personen in einem Haus sind dadurch bedingte Unannehmlichkeiten grundsätzlich in Kauf zu nehmen. Eine erhebliche Belästigung ist aber dann anzunehmen, wenn die Geräuschentwicklung einer durchschnittlich empfindlichen Person auch unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange billigerweise nicht zugemutet werden kann (9 Ob 62/09x mwN).
Im vorliegenden Fall sind die Trennwände der von der Vermieterin (= Gemeinschuldnerin) errichteten Reihenhausanlage so mangelhaft hergestellt, dass Geräusche aus den Nachbarhäusern, die mit einem üblichen (normalen) Wohnverhalten verbunden sind, stärker und deutlicher zu hören sind als dies bei vorgeschriebener Schalldämmung nach den Anforderungen der (strengeren) Ö–Norm und nach den (geringeren) Anforderungen der Niederösterreichischen Bautechnik–Verordnung zulässig ist. Es ist weder ausreichende Luftschall- noch ausreichende Trittschalldämmung vorhanden, sodass aus den Nachbarhäusern beispielsweise die Geräusche von Haushaltsmaschinen, vom Wecker, das Sprechen und Lachen, Geräusche vom Duschen und aus der Toilette sowie das Betreten der Stufen deutlich zu vernehmen sind. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass eine durch die Beschaffenheit des Hauses bewirkte Lärmbelastung praktisch rund um die Uhr infolge unzureichender Schalldämmung eine erhebliche Belästigung ist, die den Gebrauch des Bestandgegenstands, wie er gewöhnlich nach der Verkehrsauffassung erwartet wird (mangels Vereinbarung eine mittlere Brauchbarkeit [RIS–Justiz RS 0021054]), erheblich beeinträchtigt und eine Mietzinsminderung rechtfertigt, hält sich im Rahmen der Judikatur. Welchen Unterschied es in der Schutzwürdigkeit des vom Lärm (Lärm ist jeder als [bis zur Unerträglichkeit] störend empfundene laute Schall [Geräusch] [Brockhaus, Enzyklopädie19]) gestörten Mieters machen soll, dass das Geräusch wegen der Beschaffenheit der Bestandsache als störend empfunden wird, ist nicht erkennbar.
Nach ständiger Rechtsprechung ist es bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1096 ABGB sachgerecht, den gesamten Mietzins von dem dem Mietrechtsgesetz unterliegenden Bestandobjekten einheitlich zu mindern (RIS–Justiz RS 0021462). Eine Auseinandersetzung mit dem Argument, dass nicht (alle) Betriebskosten auch Gegenstand des Minderungsanspruchs sein könnten (vgl Würth in FS Welser, Gedanken zur Gewährleistung im Wohnrecht, 1221 [Mietzinsminderung nur für verbrauchsunabhängige Betriebskosten]; Riss, Die Erhaltungspflicht des Vermieters, 218 ff; Iro in KBB, § 1096 Rz 9), entfällt schon deshalb, weil der Kläger es unterlassen hat, seinen Anspruch in Betriebskosten und Hauptmietzins aufzuschlüsseln.
Das Berufungsgericht hat ebenso wie die Revision zutreffend die Bandbreite der von der Judikatur zuerkannten Mietzinsminderung bei Lärmstörung dargelegt. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Minderung um 15 % hält sich im Rahmen der Judikatur und ist im Einzelfall nicht zu beanstanden.
Die Ausführungen, dass der Beklagte die Verbesserung verhindere, widerspricht den Feststellungen. Der Kläger hat die Verbesserung von der vollständigen Bezahlung des Mietzinses für die Vergangenheit abhängig gemacht. Ein substantiiertes Vorbringen dazu, dass die Verbesserung nicht möglich oder unerschwinglich sei, wurde nicht erstattet, sodass darauf nicht näher einzugehen ist.
Es werden keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Der Beklagte wies auf die Unzulässigkeit der Revision hin.
Leitsätze
-
Mietzinsminderung wegen Lärmbelästigung durch unzureichende Schalldämmung
Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1096 ABGB ist es sachgerecht, den gesamten Mietzins von dem Mietrechtsgesetz unterliegenden Bestandobjekten einheitlich zu mindern. Die Lärmbelästigung in einem Reihenhaus ohne normgerechte Schalldämmung erfüllt diese Voraussetzungen.Judikatur | Leitsatz | 7 Ob 90/10a | OGH vom 30.06.2010 | Dokument-ID: 258165