Dokument-ID: 946882

Vorschrift

Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG)

Inhaltsverzeichnis

§ 342b. Primärversorgungs-Gesamtvertrag für Primärversorgungseinheiten betreffend ärztliche Hilfe und dessen Inhalt

idF BGBl. I Nr. 100/2018 | Datum des Inkrafttretens 01.01.2020

(1) Die Beziehungen der Träger der Krankenversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz zu Primärversorgungseinheiten im Sinne des Primärversorgungsgesetzes, sofern diese nicht in der Organisationsform von selbständigen Ambulatorien (§ 2 Abs. 1 Z 5 KAKuG) betrieben werden, werden betreffend die ärztliche Hilfe, unbeschadet des Abs. 4, durch einen bundesweit einheitlichen Gesamtvertrag geregelt. Dieser Gesamtvertrag ist für die Träger der Krankenversicherung durch den Dachverband mit der Österreichischen Ärztekammer für die Landesärztekammern auf unbestimmte Zeit abzuschließen. Er kann vom Dachverband und der Österreichischen Ärztekammer zum Ende eines jeden Kalenderhalbjahres unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist schriftlich gekündigt werden.
(BGBl. I Nr. 100/2018)

(2) Der Gesamtvertrag hat unter Berücksichtigung des jeweiligen Standes der Wissenschaft und medizintechnischen Entwicklung insbesondere folgende Gegenstände zu regeln:

  1. das aus den §§ 4 bis 6 des Primärversorgungsgesetzes abgeleitete Mindestleistungsspektrum;
  2. die Rechte und Pflichten der Vertragspartner nach § 8 Abs. 3 und 5 des Primärversorgungsgesetzes sowie die Überprüfung der Identität der/des Patientin/Patienten und die rechtmäßige Verwendung der e-card;
  3. Regelungen über die Grundsätze der Vergütung (Abs. 3);
  4. Regelungen über die Ausgestaltung der Honorarvereinbarungen (Abs. 4);
  5. die Vorsorge zur Sicherstellung einer wirtschaftlichen Behandlung und Verschreibweise einschließlich Steuerungsmaßnahmen bei Heilmitteln sowie hinsichtlich der ärztlich veranlassten Kosten, zB in den Bereichen Zuweisung und Überweisung zu niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten (Gruppenpraxen), Heilbehelfe, Hilfsmittel und Transporte (Ökonomieprinzip);
  6. die Ausstellung von Bescheinigungen, die für die Durchführung der Krankenversicherung erforderlich sind;
  7. die Zusammenarbeit mit dem chef- und kontrollärztlichen Dienst der Sozialversicherungsträger unter Zugrundelegung des Erstattungskodex (§ 30b Abs. 1 Z 4) und der Richtlinien nach § 30a Abs. 1 Z 9 und 12; (BGBl. I Nr. 100/2018)
  8. die Verlautbarung des Gesamtvertrags und seiner Abänderungen;
  9. die Festlegung einer Altersgrenze für die an einer Primärversorgungseinheit teilnehmenden freiberuflich tätigen Ärztinnen und Ärzte sowie möglicher Ausnahmen. Kommt keine Einigung über eine Altersgrenze zustande, so gilt das vollendete 70. Lebensjahr als Altersgrenze.

(3) Das Honorierungssystem bezüglich der Leistungen der Primärversorgungseinheit hat dazu beizutragen, dass die dem Primärversorgungsgesetz (§§ 4 bis 6) zu Grunde liegenden Ziele erreicht und die an diese Versorgungsform gestellten Anforderungen sicher erfüllt werden. Die Honorierung hat sich aus Grund- und Fallpauschalen, Einzelleistungsvergütungen sowie gegebenenfalls aus Bonuszahlungen für die Erreichung definierter Ziele zusammenzusetzen und ist in Grundzügen im Gesamtvertrag zu vereinbaren. Art und Umfang der Abrechnung der Tätigkeit sind auf Grundlage einer einheitlichen elektronischen Diagnosen- und Leistungsdokumentation zu vereinbaren. Die sich aus einzelnen Elementen zusammensetzende Grundpauschale dient, unabhängig vom Patientenkontakt zur Abgeltung der zur Verfügung gestellten Infrastruktur, der personellen, technischen und apparativen Ausstattung sowie der mit dieser erbrachten Leistungen. Mit Fallpauschalen soll der Behandlungsaufwand pro Patient/in abgebildet werden, wobei nach Indikations- oder Anspruchsgruppen differenziert werden kann. Für Leistungen mit besonderem Betreuungs- und Behandlungsaufwand sind Einzelleistungsvergütungen zu vereinbaren. Bonuszahlungen können für spezielle vereinbarte Versorgungsziele, insbesondere in Umsetzung der im Versorgungskonzept festgelegten Versorgungsziele vereinbart werden.

(4) Ergänzend zu Abs. 1 werden bezüglich der Honorierung die Beziehungen auf regionaler Ebene durch gesamtvertragliche Honorarvereinbarungen geregelt. Diese sind für die Träger der Krankenversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz durch den Dachverband mit der örtlich zuständigen Ärztekammer innerhalb der nach Abs. 3 vorgesehenen Bestimmungen für das jeweilige Bundesland abzuschließen, wobei Sonderregelungen in Bezug auf eine jeweilige Region zulässig sind. Diese gesamtvertraglichen Honorarvereinbarungen bedürfen der Zustimmung des Krankenversicherungsträgers für den sie abgeschlossen werden. Die gesamtvertraglichen Honorarvereinbarungen sind Teil des Gesamtvertrags nach Abs. 1. Die Kündigung einer gesamtvertraglichen Honorarvereinbarung für ein Bundesland ist nur durch die Österreichische Gesundheitskasse bzw. die jeweilige Landesärztekammer möglich. Eine solche Kündigung bewirkt die Kündigung der gesamtvertraglichen Honorarvereinbarung lediglich für dieses Bundesland. Die Kündigung des bundesweiten Gesamtvertrags wird hierdurch nicht bewirkt, dieser ist jedoch für die Vertragspartner/innen dieses Bundeslandes nicht anwendbar. Die Kündigung der gesamtvertraglichen Honorarvereinbarung eines Sonderversicherungsträgers (bundesweiter Krankenversicherungsträger und Betriebskrankenkassen) bewirkt nur die Kündigung dessen gesamtvertraglicher Honorarvereinbarung, sodass der bundesweite Gesamtvertrag im jeweiligen Bundesland lediglich für die Vertragspartner/innen des jeweiligen Sonderversicherungsträgers nicht anwendbar ist.
(BGBl. I Nr. 100/2018)

(5) In den gesamtvertraglichen Honorarvereinbarungen nach Abs. 4 sind unter Berücksichtigung der Bevölkerungsdichte im unmittelbaren Einzugsgebiet einer Primärversorgungseinheit Honorare sowie allenfalls Bandbreiten samt Zu- und Abschlägen davon zu vereinbaren, bei denen das Gebot der Objektivität, Transparenz und Nichtdiskriminierung zu beachten ist. Das Verhältnis der verschiedenen Honorierungselemente zueinander ist darin, soweit der für die Erbringung der Leistung erforderliche Aufwand dies rechtfertigt, regional zu differenzieren. Des Weiteren sind Richtwerte für den Mindestanteil der Grundpauschale festzusetzen. Ebenso können Gegenstände des Gesamtvertrags nach Abs. 2 konkretisiert werden, insoweit sich der Gesamtvertrag auf die Regelung von Grundzügen beschränkt.

(6) Der Bestand oder die Kündigungsfristen eines nach dieser Bestimmung abgeschlossenen Gesamtvertrags oder eines Teiles davon können nicht rechtswirksam an den Bestand oder die Kündigungsfristen eines anderen nach dem Sechsten Teil dieses Bundesgesetzes abgeschlossenen Gesamtvertrags gebunden werden.

(BGBl. I Nr. 131/2017)