Dokument-ID: 306418

Judikatur | Entscheidung

6 Ob 195/ 10k; OGH; 24. Februar 2011

GZ: 6 Ob 195/10k | Gericht: OGH vom 24.02.2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Wels zu FN ***** eingetragenen R***** W***** Privatstiftung mit dem Sitz in W*****, über den Revisionsrekurs des 1. Dr. T***** E*****, 2. DDr. A***** H*****, 3. Mag. W***** H*****, alle vertreten durch Wildmoser/Koch & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 1. September 2010, GZ 6 R 161/10d-12, womit ihr Rekurs gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels vom 14. Juli 2010, GZ 27 Fr 1964/10b-6, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Dem Rekursgericht wird die neuerliche Entscheidung über den Rekurs unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Begründung

Im Firmenbuch des Erstgerichts ist seit 14.12.1995 die von R***** W***** errichtete R***** W***** Privatstiftung eingetragen. Die Stiftungsurkunde lautet in ihrer aktuellen Fassung auszugsweise:

§ 3 Stiftungszweck

(1) Zweck der Stiftung ist in erster Linie die angemessene Versorgung des Stifters und die Sicherung dessen Lebensunterhalts sowie die Verwaltung, Sicherung und Vermehrung des Stiftungsvermögens, insbesondere die Verwaltung der von der Stiftung gehaltenen Unternehmensbeteiligungen und Liegenschaften.

(2) Subsidiär ist Zweck der Stiftung die Vornahme von Ausschüttungen an die Begünstigten.

§ 4 Feststellung der Begünstigten

(1) Die Begünstigten der Privatstiftung werden unter Berücksichtigung der Bestimmungen in der Stiftungszusatzurkunde vom Stiftungsvorstand nach freiem Ermessen festgestellt.

§ 7 Stiftungsvorstand

(1) Zu den ersten Mitgliedern des Stiftungsvorstandes werden vom Stifter bestellt: Dr. E***** A*****, Dr. T***** G***** und I***** B*****.

(2) Zu Lebzeiten des Stifters obliegt diesem allein nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen die Bestellung und Abberufung von Mitgliedern des Stiftungsvorstandes, welcher aus nicht mehr als drei Personen besteht.

§ 12 Stiftungszusatzurkunde

Die Errichtung einer Stiftungszusatzurkunde wird vorbehalten.

Mit Beschluss vom 15.09.2009, 27 Fr 2232/09m-2, bewilligte das Erstgericht die Eintragung der Revisionsrekurswerber als (weitere) Vorstandsmitglieder.

Mit Beschluss vom 02.10.2009, 27 Fr 2626/09t-2, bewilligte das Erstgericht die Löschung der vormaligen Vorstandsmitglieder Dr. E***** A*****, Dr. T***** G***** und I***** B*****.

Die Errichtung der Stiftungszusatzurkunde vom 05.12.1995 sowie die Änderungen der Stiftungszusatzurkunde aufgrund der Beschlüsse des Stifters vom 29.08.2008 und vom 05.01.2010 wurden zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldet.

Der Sohn des Stifters, A***** W*****, legte dem Erstgericht mit seiner Eingabe vom 09.03.2010 die Notariatsakte vom 05.12.1995 über die Errichtung der Stiftungszusatzurkunde, vom 15.04.2008 über eine Änderung der Stiftungszusatzurkunde vom 05.12.1995, vom 29.08.2008 über eine Änderung der Stiftungszusatzurkunde vom 05.12.1995 und vom 05.01.2010 über eine Änderung der Stiftungszusatzurkunde vom 05.12.1995 in der Fassung vom 29.08.2008 vor. In seiner Änderung der Stiftungserklärung vom 05.01.2010 hielt der Stifter R***** W***** Folgendes fest:

„Ich halte fest, dass, wie im Firmenbuch ersichtlich, mit Beschluss vom 29.09.2008 die Stiftungszusatzurkunde vom 05.12.1995 von mir mit Zustimmung des Stiftungsvorstandes geändert wurde.

Eine zweite Änderung der Stiftungszusatzurkunde habe ich heute beschlossen.

Sonstige Änderungen der Stiftungserklärung (Stiftungsurkunde und Zusatzurkunde) bestehen nicht bzw werden von mir hiemit widerrufen, insbesondere die Änderung der Zusatzurkunde vom 15.04.2008."

Aktuell Begünstigter aufgrund der zitierten Urkunden ist in Abhängigkeit von der Geschäftsfähigkeit des Stifters im Zeitpunkt der Errichtung der Urkunden entweder der Stifter oder sein Sohn A***** W*****.

Mit Beschluss des Bezirksgerichts Wels vom 03.05.2010, 2 P 87/10b, wurde Rechtsanwalt Dr. Martin Stossier für den Stifter für die Dauer des Verfahrens, in dem die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters geprüft wird, zum einstweiligen Sachwalter bestellt. Der einstweilige Sachwalter wurde mit der Besorgung folgender dringender Angelegenheiten betraut: Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten sowie sämtliche Stifterrechte der R***** W***** Privatstiftung, FN *****, eingetragen beim Landesgericht Wels.

Der einstweilige Sachwalter des Stifters fasste am 11.06.2010 folgenden Beschluss:

„1. R***** W***** Privatstiftung - Sachwalterbestellung:

1.1. R***** W*****, geboren am 05.09.1927, *****, ist alleiniger Stifter der R***** W***** Privatstiftung, FN *****, mit dem Sitz in W*****. Gemäß § 7 Abs 2 der Stiftungsurkunde obliegt dem Stifter zu dessen Lebzeiten alleine nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen die Bestellung und Abberufung von Mitgliedern des Stiftungsvorstandes.

1.2. Mit dem Beschluss/der Erklärung vom 09.09.2009 hat R***** W***** neben den damals bereits bestellten Vorstandsmitgliedern Dr. E***** A*****, Dr. T***** G***** und I***** B***** als weitere Vorstandsmitglieder Dr. T***** E*****, Mag. W***** H***** und DDr. A***** H***** für eine Funktionsdauer von 3 Jahren bestellt. Mit Beschluss/Erklärung vom 28.09.2009 hat R***** W***** Dr. E***** A*****, Dr. T***** G***** und I***** B***** als Vorstandsmitglieder abberufen, wobei die Abberufung auch auf wichtige Gründe gestützt wurde.

1.3. Im Pflegschaftsverfahren 2 P 87/10b des Bezirksgerichts Wels wurde mit Beschluss vom 03.05.2010 Rechtsanwalt Dr. Martin Stossier, Ringstraße 4/Plobergerstraße 7, 4600 Wels, zum einstweiligen Sachwalter für R***** W***** bestellt. Der einstweilige Sachwalter hat folgende dringende Angelegenheiten zu besorgen: 'Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten, sowie sämtliche Stifterrechte der R***** W***** Privatstiftung, FN *****, eingetragen beim LG Wels'. Der Bestellung zum einstweiligen Sachwalter erfolgt gemäß § 120 AußStrG mit sofortiger Wirksamkeit; einem dagegen erhobenen Rekurs kommt damit keine aufschiebende Wirkung zu.

1.4. Das Stifungsvermögen setzt sich wie folgt zusammen:

1.4.1. Beteiligungen:

100 % der Geschäftsanteile an der W***** Gesellschaft m.b.H.:

Alleiniger Kommanditist der P***** GmbH & Co.KG:

Das Komplementärkapital dieser

Gesellschaft beträgt EUR 22,669.957,09

Rechnet man dazu einen Firmenwert

(von mir grob geschätzt) von EUR 20,000.000,–

ergibt sich ein Beteiligungsvermögen von EUR 42,000.000,–

1.4.2. Liegenschaftsvermögen:

EZ ***** Grundbuch *****:

Objekt W*****

EZ ***** Grundbuch *****:

Objekt W*****

EZ ***** je Grundbuch *****:

Objekt G*****

EZ ***** Grundbuch *****:

Objekt W*****

EZ ***** Grundbuch *****:

Objekt A*****

EZ ***** je Grundbuch *****:

Objekt G***** (Schloss)

EZ ***** je Grundbuch *****:

Objekt Schloss H*****

Farm S***** und Farm D***** in Paraguay, nördlich von Asunción im Ausmaß von zusammen 26.000 ha:

Darauf wird Viehzucht betrieben, derzeit ca 3.000 Rinder.

Das Liegenschaftsvermögen beträgt mindestens

(meine grobe vorsichtige Schätzung) EUR 12,000.000,–

1.4.3. Wertpapiere EUR 30,000.000,–

1.4.4. Aktien EUR 800.000,–

1.4.5. Anteile EUR 346.000,–

1.4.6. Miteigentumsanteile EUR 9,428.000,–

1.4.7. Sparbücher, Forderungen, Girokonten EUR 37,658.000,–

1.4.8. Verbindlichkeiten – EUR 30.000,–

Vermögen zusammen (nach den vorliegenden Unterlagen und teilweisen Schätzungen) EUR 132,202.000,–

2. Abberufung des im Firmenbuch eingetragenen Stiftungsvorstandes:

2.1. Gemäß § 7 (2) der Stiftungsurkunde werden Dr. T***** E*****, geboren *****, Mag. W***** H*****, geboren *****, und DDr. A***** H*****, geboren *****, aus wichtigen Gründen mit sofortiger Wirkung als Mitglieder des Stiftungsvorstandes der R***** W***** Privatstiftung abberufen.

2.2. Ein wichtiger Grund ist darin gelegen, dass aufgrund des in der unter 1.3. angeführten Pflegschaftssache eingeholten Sachverständigengutachtens Dr. Diabl vom 03.05.2010 die begründete Annahme besteht, dass die vom Sachverständigen jedenfalls zumindest für die letzten 6 Monate auszuschließende Geschäftsfähigkeit auch bereits im Zeitpunkt der Errichtung des Beschlusses/der Erklärung vom 09.09.2009 über die Bestellung der zusätzlichen Stiftungsvorstandsmitglieder Dr. T***** E*****, Mag. W***** H***** und DDr. A***** H***** sowie im Zeitpunkt des Beschlusses/der Erklärung vom 28.09.2009 über die Abberufung der Stiftungsvorstandsmitglieder Dr. E***** A*****, Dr. T***** G***** und I***** B***** nicht mehr gegeben war. Damit besteht die begründete Annahme, dass Dr. E***** A*****, Dr. T***** G***** und I***** B***** als Mitglieder des Stiftungsvorstandes nicht wirksam abberufen und Dr. T***** E*****, Mag. W***** H***** und DDr. A***** H***** als Mitglieder des Stiftungsvorstandes nicht wirksam bestellt worden sind und damit der aktuelle Firmenbuchstand mit den tatsächlichen Rechtsverhältnissen hinsichtlich der Zusammensetzung des Stiftungsvorstandes der R***** W***** Privatstiftung nicht übereinstimmt.

2.3 Gemäß Gutachten Dris. Diabl vom 03.05.2010 ist davon auszugehen, dass zumindest für die letzten 6 Monate eine Geschäftsfähigkeit auszuschließen ist. Das bedeutet, dass R***** W*****, geboren 05.09.1927, bereits am 05.01.2010 (Änderung der Stiftungsurkunde und Stiftungszusatzurkunde) geschäftsunfähig war. R***** W*****, geboren 05.09.1927, unterfertigte die von HLMK Rechtsanwälte GmbH (Rechtsvertreter des Nebenbegünstigten R***** W***** jun.) verfassten Urkunden am Morgen des 05.01.2010 und wurden diese bereits um 9.00 Uhr vom derzeit im Firmenbuch eingetragenen Stiftungsvorstand genehmigt. Eine mehr als außergewöhnliche Vorgangsweise. Interessant ist, dass der derzeit im Firmenbuch eingetragene Stiftungsvorstand zur Frage, ob die Änderung der Stiftungszusatzurkunde vom 15.04.2008 von ihm im Firmenbuch einzutragen ist, ein 41 Seiten langes Universitätsgutachten in Auftrag gibt und die Urkunden vom 05.01.2010, die die einschneidensten Änderungen der Stiftungsurkunde und Stiftungszusatzurkunde bewirken, ohne Rücksprache mit dem Stifter selbst, innerhalb weniger Minuten genehmigt.

2.4. Dazu kommt, dass Dr. T***** E***** nicht nur mit S***** S*****, der Tochter des Stifters und Nebenbegünstigte, bestens bekannt ist, sondern auch Gesamtprokurist der O***** AG, zeichnungsberechtigt mit einem Vorstandsmitglied oder einem weiteren Gesamtprokuristen, beschränkt auf die Zweigniederlassung *****, ist. Das Vermögen der R***** W***** Privatstiftung wird vorwiegend bei der O***** AG veranlagt. Nach Ansicht des einstweiligen Sachwalters liegt diesbezüglich eine Unvereinbarkeit vor.

2.5. Schon im Hinblick auf das erhebliche Stiftungsvermögen und insbesondere auch zur Sicherstellung der jederzeitigen rechtswirksamen Ausübbarkeit der Gesellschafterrechte der R***** W***** Privatstiftung in der WI***** Gesellschaft mbH und der P***** GmbH & Co KG (zB Genehmigung wichtiger Geschäftsführungsmaßnahmen, Genehmigung des Jahresabschlusses) bedarf es schon im Interesse der R***** W***** Privatstiftung klarer und zweifelsfreier Rechtsverhältnisse hinsichtlich der Geschäftsführung und Vertretung der Privatstiftung.

3. Rücktrittserklärung des vorigen Stiftungsvorstandes:

3.1. Die Stiftungsvorstandsmitglieder Dr. E***** A*****, Dr. T***** G***** und I***** B***** haben über Ersuchen des einstweiligen Sachwalters die Zurücklegung ihrer jeweiligen Funktion als Mitglieder des Stiftungsvorstandes der R***** W***** Privatstiftung erklärt. Unabhängig davon werden Dr. E***** A*****, Dr. T***** G***** und I***** B***** vorsichtshalber als Mitglieder des Stiftungsvorstandes der R***** W***** Privatstiftung auch ausdrücklich abberufen, wobei die Abberufung auf den unter Punkt 1.2. dargelegten wichtigen Grund gestützt wird.

4. Bestellung von Stiftungsvorstandsmitgliedern:

4.1. Gemäß § 7 (2) der Stiftungsurkunde werden jeweils mit sofortiger Wirkung und für eine Funktionsdauer von zwei Jahren zu Vorstandsmitgliedern der R***** W***** Privatstiftung

a) Dr. P***** P*****, geboren am *****,

b) Mag. H***** F*****, geboren am *****,

c) Mag. A***** S*****, geboren am *****,

jeweils mit dem Recht bestellt, die Privatstiftung jeweils gemeinsam mit einem weiteren Vorstandsmitglied zu vertreten."

Die Echtheit der Unterschrift des einstweiligen Sachwalters wurde notariell beglaubigt.

Mit Beschluss vom 30.06.2010, 2 P 87/10b-56, sprach das Bezirksgericht Wels aus, dass dieser Beschluss des einstweiligen Sachwalters des Stifters Dr. Martin Stossier, vom 11.06.2010 keiner pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf. Dieser Beschluss wurde vom Rekursgericht bestätigt; ein dagegen erhobener Revisionsrekurs blieb erfolglos (6 Ob 240/10b, 6 Ob 241/10z).

Am 01.07.2010 beantragten Dr. P***** P*****, Mag. A***** S***** und Mag. H***** F***** als Stiftungsvorstandsmitglieder, vertreten „zum ausschließlichen Zweck der elektronischen Einreichung und Entgegennahme von Zustellungen“ durch die Dr. Martin Stossier Rechtsanwalts KG in Wels, im Firmenbuch die Vorstandsmitglieder Dr. T***** E*****, Mag. W***** H***** und DDr. A***** H***** zu löschen und Dr. P***** P*****, Mag. H***** F***** und Mag. A***** S***** als Vorstandsmitglieder einzutragen, die jeweils vom 11.06.2010 bis 10.06.2012 gemeinsam mit einem weiteren Vorstandsmitglied die Privatstiftung vertreten.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Eintragung. Es liege eine Anmeldung der vom einstweiligen Sachwalter aufgrund § 7 Abs 2 der Stiftungsurkunde neu bestellten Vorstandsmitglieder vor. Eine Einschränkung auf wichtige Gründe sei nicht notwendig. Der Stifter sei nach der Stiftungserklärung nicht Organ; § 23 Abs 2 PSG sei auf ihn daher nicht anzuwenden. Streitigkeiten über die Wirksamkeit der Abberufung seien im streitigen Rechtsweg zu klären.

Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs der abberufenen Vorstandsmitglieder zurück. Die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Abberufung von Vorstandsmitgliedern sei im streitigen Rechtsweg mittels Anfechtungsklage oder Feststellungsklage zu klären. Das Firmenbuchgericht habe das Ausscheiden des Vorstandsmitglieds ohne weitere Prüfung des Widerrufsgrundes einzutragen. Der Oberste Gerichtshof habe die Auffassung, das Firmenbuchgericht habe zumindest eine Grobprüfung der Abberufungsvoraussetzungen vorzunehmen, nicht übernommen. Die zur Abberufung von GmbH-Geschäftsführern vertretene Auffassung, die tatsächliche rechtliche Stellung eines allenfalls zu Unrecht als abberufen in das Firmenbuch eingetragenen Geschäftsführers werde durch die bloß deklarative Eintragung nicht berührt, könne auch auf das Recht der Privatstiftung übertragen werden. Stehe dem abberufenen Vorstand aber der streitige Rechtsweg offen, so bestehe kein Erfordernis, ihm im Firmenbuchverfahren Parteistellung zuzubilligen.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Judikatur zur Frage der Rekurslegitimation eines abberufenen Vorstandsmitglieds einer Privatstiftung im eigenen Namen, soweit die Abberufung nicht auf § 27 PSG gestützt wurde, nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.

1. Das (Revisions-)Rekursverfahren gegen die Zurückweisung eines Rekurses ist nach § 48 Abs 1 AußStrG einseitig (6 Ob 13/06i).

2.1. Die Rekurslegitimation ist im FBG nicht ausdrücklich geregelt; sie richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen. Rekurslegitimiert sind zunächst die Parteien des Verfahrens (G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 167 f), darüber hinaus gemäß § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG auch all jene Personen, die durch die begehrte oder vom Gericht in Aussicht genommene Entscheidung oder durch eine sonstige gerichtliche Tätigkeit in ihrer Rechtsstellung unmittelbar beeinflusst würden. Damit knüpft der Gesetzgeber an das von der Lehre entwickelte Kriterium der „unmittelbaren“ Betroffenheit an (G. Kodek aaO, § 15 Rz 74). Materielle Partei im Sinne dieser Bestimmung ist zunächst der nach § 18 FBG zu verständigende Betroffene, also derjenige, der nach dem jeweiligen konkreten Verfahrensstand durch die beabsichtigte Maßnahme in seiner auf einer Firmenbucheintragung beruhenden Rechtsstellung unmittelbar beschränkt werden soll oder zwingend beschränkt wird (6 Ob 13/06i NZ 2006, 286; 6 Ob 111/01v; 6 Ob 121/00p; 6 Ob 19/97f GesRz 1997, 260; 6 Ob 2099/96m EvBl 1997/55; G. Kodek aaO, § 15 Rz 168).

2.2. Die Parteistellung ist jedoch nicht auf den in § 18 FBG umschriebenen Kreis der Betroffenen beschränkt. Es ist vielmehr darauf abzustellen, ob der Betreffende ein rechtliches Interesse hat, das auf einem eingetragenen Recht beruht oder das in einem anderen Verfahren nicht mehr geltend gemacht werden kann (6 Ob 13/06i NZ 2006, 286; G. Kodek aaO, § 15 Rz 75).

3.1. Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre kommt dem Geschäftsführer einer GmbH gegen den Beschluss des Firmenbuchgerichts auf Löschung infolge Abberufung keine Parteistellung und demnach auch kein Rekursrecht zu (6 Ob 68/07k NZ 2008, 155; 6 Ob 167/07p GES 2008, 57; 6 Ob 35/07a; 6 Ob 14/07p GesRz 2007, 202; 6 Ob 8/90 uva; G. Kodek aaO, § 15 Rz 177; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 17 Rz 11). Diese Eintragung wirkt nicht rechtsbegründend, sondern nur deklarativ; sie äußert nur im Rahmen des § 15 UGB und des § 17 Abs 3 GmbHG Rechtswirkungen und berührt deshalb die tatsächliche rechtliche Stellung eines allenfalls entgegen der wahren Rechtslage zu Unrecht als abberufen in das Firmenbuch eingetragenen Geschäftsführers nicht (6 Ob 168/07k NZ 2008, 155; 6 Ob 167/07p GES 2008, 57; 6 Ob 35/07a; 6 Ob 14/07p GesRz 2007, 202; 6 Ob 8/90 uva). Vielmehr bleiben die Abberufung des Geschäftsführers und die Neubestellung einer anderen Person zum Geschäftsführer solange bestehen, bis der Generalversammlungsbeschluss allenfalls durch Urteil umgestoßen wird (6 Ob 167/07p GES 2008, 67; 6 Ob 35/07a; 6 Ob 14/07p GesRz 2007, 202; 8 Ob 13/92). In Anbetracht des Umstands, dass dem abberufenen Geschäftsführer der streitige Rechtsweg offen steht, ist auch nicht erforderlich, ihm im Firmenbuchverfahren deshalb materielle Parteistellung zuzubilligen, weil es durch das Ergebnis des Firmenbuchverfahrens zu einer ganz erheblichen Erschwerung oder gar zur Unmöglichkeit der sonstigen Rechtsdurchsetzung käme (6 Ob 14/07p GesRz 2007, 202; Burgstaller/Pilgerstorfer in Jabornegg/Artmann, UGB² § 15 FBG Rz 82; G. Kodek aaO, § 15 Rz 77).

3.2. Gleiches gilt für das Aktienrecht. Nach § 75 Abs 4 Satz 1 AktG kann der Aufsichtsrat die Bestellung zum Vorstandsmitglied widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Nach § 75 Abs 4 Satz 4 AktG ist der Widerruf wirksam, solange nicht über seine Unwirksamkeit rechtskräftig entschieden ist. Daraus ergibt sich, dass der Widerruf zunächst schwebend wirksam ist, und zwar auch dann, wenn ein wichtiger Grund in Wahrheit nicht vorliegt (Strasser in Jabornegg/Strasser, AktG5 §§ 75, 76 Rz 48; Terlitza, Zur Abberufung des Vorstandsmitglieds einer AG aus wichtigem Grund, GesRz 2003, 270 [272]). Das Firmenbuchgericht hat das Ausscheiden des Vorstandsmitglieds schon aufgrund der Abberufung ohne weitere Prüfung des Widerrufsgrundes einzutragen (Strasser aaO; Terlitza aaO). Nach einhelliger Ansicht ist die Frage der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Abberufung von Vorstandsmitgliedern im streitigen Rechtsweg zu klären. Es bleibt dem abberufenen Vorstand überlassen, den Widerruf seiner Bestellung mit rechtsgestaltender Anfechtungsklage oder – bei zwischenzeitigem Ablauf der Funktionsperiode – mit Feststellungsklage zu bekämpfen. Wird die Klage des Abberufenen rechtskräftig abgewiesen, fällt der Schwebezustand weg und wird der Widerruf voll wirksam. Wird der Klage rechtskräftig stattgegeben, wird der Widerruf ex tunc unwirksam und das Vorstandsmitglied rückwirkend wieder – mit denselben Rechten und Pflichten wie vor der Abberufung – in seine Funktion eingesetzt; seine Amtszeit gilt als ununterbrochen (RIS-Justiz RS0110175; Strasser aaO, Rz 49; Terlitza aaO).

4. Zur Abberufung eines Mitglieds des Stiftungsvorstands durch das Gericht nach § 27 Abs 2 PSG hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 6 Ob 145/09f (ecolex 2010, 59 [Reich-Rohrwig] = GES 2009, 336 [Mager] = GesRz 2010, 63 [Kalss] = NZ 2010, 75 = PSR 2009, 99 [Wimmer] = ZfS 2009, 192 [Laus-Lang]) sich der in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gebrachten Ansicht der Gesetzesverfasser angeschlossen und einem Mitglied des Stiftungsvorstands Antrags- und Rekurslegitimation für Anträge nach § 27 PSG zugebilligt. Die Rechtslage unterscheide sich insoweit im Stiftungsrecht von derjenigen im Gesellschaftsrecht. Dieser Unterschied beruhe auf der Überlegung, dass nach der Konzeption der österreichischen Privatstiftung der Schutz der Stiftung in erster Linie in die Verantwortung der Stiftungsorgane falle (vgl G. Kodek/Zollner, Rechtsschutz der Begünstigten, PSR 2009, 4 [12]).

5.1. Zur Rekurslegitimation eines abberufenen Vorstandsmitglieds außerhalb des Anwendungsbereichs des § 27 PSG liegt noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor. In seiner Entscheidung 6 Ob 178/05b vertrat der erkennende Senat die Ansicht, dass die Frage der Wirksamkeit, Unwirksamkeit oder Rechtmäßigkeit der Abberufung von Vorstandsmitgliedern einer Privatstiftung im streitigen Rechtsweg mit rechtsgestaltender Anfechtungsklage oder – nach Ablauf der Amtsperiode – mit Feststellungsklage zu klären sei. Dies ergäbe sich nicht nur daraus, dass dem Gesetzgeber insbesondere § 14 AktG als Vorbild für § 40 PSG gedient habe, sondern auch aus der Erwägung, dass nach einhelliger Auffassung Firmenbucheintragungen betreffend die Löschung infolge Abberufung und die Bestellung von Vorstandsmitgliedern auch bei der Privatstiftung lediglich deklarativ seien. Das Firmenbuchgericht müsse bei Anträgen auf Löschung von Vorstandsmitgliedern infolge ihrer Abberufung durch das nach der Stiftungsurkunde hiefür zuständige Organ nicht prüfen, ob ein wichtiger Grund für die Abberufung vorlag. Vielmehr werde dem unzulässigerweise abberufenen Vorstandsmitglied eine Feststellungsklage auf Unwirksamkeit der Abberufung zuzugestehen sein. Diese Entscheidung erging allerdings aus Anlass eines von der Privatstiftung erhobenen Revisionsrekurses und hatte sich daher mit der Rekurslegitimation des abberufenen Vorstandsmitglieds nicht zu befassen.

5.2. In Fortführung des in der Entscheidung 6 Ob 145/09f entwickelten Grundgedankens ist davon auszugehen, dass im Privatstiftungsrecht auch einzelnen Mitgliedern des Vorstands Rekurslegitimation gegen die Löschung infolge Abberufung eines Vorstandsmitglieds zukommt. Der Grund dafür liegt nicht in der Wahrung von Individualinteressen des abberufenen Vorstandsmitglieds, dem ohnedies die Feststellungsklage zur Verfügung steht. Entscheidend ist vielmehr ein sich sonst ergebendes Kontrolldefizit im Privatstiftungsrecht, wo mangels Vorliegens von Eigentümern kein Äquivalent etwa zur Hauptversammlung im Aktienrecht besteht (vgl dazu Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer, Österreichisches Gesellschaftsrecht Rz 7/35 mwN). Von der Rechtslage bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wo die Abberufung des Geschäftsführers nicht durch den Aufsichtsrat, sondern unmittelbar durch die Generalversammlung erfolgt, unterscheidet sich das Privatstiftungsrecht gleichfalls dadurch, dass weder der Stifter noch ein allfälliger Aufsichtsrat oder Beirat Eigentümerkompetenzen hat.

5.3. Dazu kommt, dass der Vorstand nach der Konzeption des PSG gegenüber den Begünstigten objektiv agieren können muss (vgl ErläutRV PSG 1132 BlgNR 18. GP 26). Aus dieser Erwägung hat der Gesetzgeber auch den Begünstigten selbst und gewisse ihm nahestehende Personen von einer Mitgliedschaft im Stiftungsvorstand ausgeschlossen.

5.4. Schon Arnold (PSG2 § 15 Rz 123) hat darauf hingewiesen, dass eine unbeschränkte Wirksamkeit der Abberufung eines Mitglieds des Stiftungsvorstands bis zur rechtskräftigen Entscheidung de facto zu einer freien Abberufbarkeit führen könnte. Dies sei jedoch unzulässig, weil über ein freies und unbeschränktes Abberufungsrecht wesentlicher Einfluss auf den Stiftungsvorstand ausgeübt werden könnte (Arnold aaO, Rz 120). Auch der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass die Einräumung einer völlig freien Abberufungsbefugnis die Geschäftsführung des Stiftungsvorstands zu stark einschränke und im Ergebnis dazu führe, dass der zur Abberufung Berechtigte in alle Vorstandsentscheidungen eingreifen könne; sie bringe die Gefahr mit sich, dass der Stiftungsvorstand zum bloßen Vollzugsorgan degradiert werde (6 Ob 60/01v GesRz 2002, 27).

5.5. Zur Vermeidung eines sich aus der dargelegten Ausgangslage ergebenden Kontrolldefizits ist es daher auf Ebene des Verfahrensrechts geboten, auch einzelnen Organmitgliedern die Möglichkeit der Bekämpfung der Löschung eines Vorstandsmitglieds infolge Abberufung zuzubilligen. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich dabei um den abberufenen Funktionsträger selbst oder ein anderes Organ handelt, weil die Rekurslegitimation im vorliegenden Fall – wie ausgeführt – gerade nicht der Wahrung von Individualinteressen dient.

5.6. Die Löschung infolge Abberufung selbst nimmt dem abberufenen Vorstandsmitglied nicht die Rekurslegitimation. Einerseits wirkt die Abberufung auch bei der AG und GmbH nur deklarativ. Andererseits entspricht es einem allgemeinen prozessrechtlichen Grundsatz, dass im Streit um das Vorliegen einer Prozessvoraussetzung, im vorliegenden Fall sohin um das Vorliegen der Rekurslegitimation, diese zunächst als gegeben anzunehmen ist. Nach völlig einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Lehre ist nämlich im Streit um die Partei- und Prozessfähigkeit der Betreffende als partei- und prozessfähig zu behandeln (RIS-Justiz RS0035423; Fucik in Rechberger, ZPO³ § 1 ZPO Rz 3). Dies gilt auch für die Frage des Vorliegens von Vertretungsmacht (1 Ob 740/78; 2 Ob 567/80; 6 Ob 240/10b; 6 Ob 241/10z). Dies muss in gleicher Weise für die hier Voraussetzung für die Rekurslegitimation bildende Organeigenschaft gelten.

5.7. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die Bejahung der Rekurslegitimation einzelner Organmitglieder keine Belastung oder Verzögerung des erstinstanzlichen Verfahrens mit sich bringt: Die vorherige Verständigung im Firmenbuchverfahren richtet sich nämlich ausschließlich nach § 18 FBG. Diese Bestimmung erfasst aber nicht Organmitglieder, weil durch die Löschung infolge Abberufung – unabhängig davon, ob diese sie selbst oder andere Personen betrifft – in ihre firmenbuchmäßigen Rechte nicht eingegriffen wird (vgl 6 Ob 167/07p; G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 18 Rz 27; Burgstaller/Pilgerstorfer in Jabornegg/Artmann, UGB² § 18 FBG Rz 16). Auch besteht keine Notwendigkeit der Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung, weil nach § 21 Abs 1 FBG nur den dort angeführten Personen individuell zuzustellen ist; die Folgen der Zustellung für alle anderen Personen treten mit der öffentlichen Bekanntmachung der Eintragung ein (§ 21 Abs 2 FBG). Demgegenüber richtet sich die Rekurslegitimation nach den dargelegten Grundsätzen; diese ist wegen des dem Gesetz zugrundeliegenden abgestuften Parteibegriffs (G. Kodek aaO, § 18 Rz 5; Burgstaller/Pilgerstorfer aaO, § 18 FBG Rz 8 mwN) nicht mit der Parteistellung iSd § 18 FBG ident.

6.1. Daraus ergibt sich, dass das Rekursgericht zu Unrecht die Rekurslegitimation der abberufenen Vorstandsmitglieder verneint hat. Nach § 58 Abs 1 Z 1 AußStrG ist allerdings auch dann, wenn einer Partei das rechtliche Gehör nicht gewährt worden ist, der angefochtene Beschluss nicht aufzuheben, sondern in der Sache selbst zu entscheiden, wenn selbst aufgrund der Angaben im Rekursverfahren der angefochtene Beschluss zur Gänze zu bestätigen ist. Diese Bestimmung ist nach § 71 Abs 4 AußStrG auch im Revisionsrekursverfahren anzuwenden. Würde sich daher schon aus dem eigenen Vorbringen der Revisionsrekurswerber ergeben, dass der Beschluss des Erstgerichts inhaltlich zutreffend ist, würde eine Aufhebung und Zurückverweisung gegen den in § 58 Abs 1 AußStrG statuierten Grundsatz des Vorrangs der Sacherledigung (Klicka in Rechberger, AußStrG § 58 Rz 1) verstoßen. Dies ist jedoch nicht der Fall:

6.2. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 6 Ob 178/05b (SZ 2006/18) ausgesprochen, das Firmenbuchgericht müsse bei Anträgen auf Löschung von Vorstandsmitgliedern infolge ihrer Abberufung durch das nach der Stiftungsurkunde hiefür zuständige Organ nicht prüfen, ob ein wichtiger Grund für die Abberufung vorlag. Vielmehr müsse ein unzulässiger Weise abberufenes Vorstandsmitglied eine Feststellungsklage auf Unwirksamkeit der Abberufung erheben.

6.3. Dies entspricht auch der Auffassung im Schrifttum. Weil das PSG keine dem § 75 Abs 4 Satz 4 AktG bzw § 16 Abs 3 GmbHG vergleichbare Regelung enthalte, liege eine planwidrige Lücke vor, die durch eine Analogie zu schließen sei (Arnold, PSG² § 15 Rz 123; derselbe, Einschränkungen für Begünstigte, begünstigtendominierte Beiräte und Stifter, GesRz 2009, 348 [355]; Csoklich, ZfS 2005, 17 [19]; Reich-Rohrwig/Wallner, Verbesserung der Rechte von Stiftern und Begünstigten einer Privatstiftung, ecolex 2005, 536 [538]; Micheler in Doralt/Nowotny/Kalss, PSG §§ 15, 16 Rz 33).

6.4. Allerdings tritt Arnold (PSG2 § 15 Rz 123) für eine Grobprüfung des Firmenbuchgerichts ein. Die im PSG herzustellende Analogie zu § 75 Abs 4 Satz 4 AktG sei zur Vermeidung eines unzumutbaren Schwebezustands dahin einzuschränken, dass die Abberufung von Mitgliedern des Stiftungsvorstands in den Fällen einer offensichtlichen Unzulässigkeit – auch vor rechtskräftiger gerichtlicher Feststellung der Unwirksamkeit – keine Wirksamkeit erlange. Einer eigenen Anfechtung des Abberufungsbeschlusses bedürfe es in solchen Fällen nicht. Auch nach G. Kodek hat eine Überprüfung der Richtigkeit der Eintragung zu erfolgen, wenn das Gericht – sei es aufgrund eigener amtlicher Erkenntnis, sei es aufgrund der Hinweise Dritter – Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit habe (G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 10 Rz 15).

7.1. Zunächst ist festzuhalten, dass im PSG eine ausdrückliche Bestimmung iSd § 75 Abs 4 Satz 4 AktG und § 16 Abs 3 GmbHG fehlt. Nach neuerlicher Prüfung der Rechtslage kann die in der Entscheidung 6 Ob 178/05b zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht nicht aufrecht erhalten werden:

7.2. § 75 Abs 4 Satz 4 AktG und § 16 Abs 3 Satz 2 GmbHG stellen Ausnahmen von allgemeinen Grundsätzen dar. Ohne diese Sonderbestimmungen wäre eine gesetzwidrige Abberufung gemäß § 879 ABGB unwirksam (vgl dazu Csoklich, Folgen der OGH-Entscheidung zum Begünstigteneinfluss beim aufsichtsratsgleichen Beirat, PSR 2010, 4 [13 ff] mwN). In diesem Sinne entspricht es auch völlig herrschender Auffassung, dass § 75 Abs 4 Satz 4 AktG nur auf das Fehlen eines wichtigen Grundes zur Abberufung anzuwenden ist (Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer, Österreichisches Gesellschaftsrecht Rz 3/309 mwN). Abberufungsbeschlüsse, die aus sonstigen Gründen fehlerhaft sind, seien grundsätzlich nichtig und damit unwirksam (Kalss aaO, mwN; aber Strasser in Jabornegg/Strasser, AktG5 §§ 75, 76 Rz 50, der lehrt, dass die Klage des abberufenen Vorstandsmitglieds sich auch oder nur darauf stützen könne, dass der diesbezügliche Beschluss des Aufsichtsrats in verfahrensmäßiger Hinsicht fehlerhaft gewesen sei; in einem solchen Fall liege keine bloße Aufhebbarkeit des Beschlusses vor wie im Fall des Fehlens eines Widerrufsgrundes, sondern eine absolute Nichtigkeit, die zur Feststellung des Gerichts, die Funktion des betreffenden Vorstandsmitglieds bestünde weiterhin zu Recht, führe). Damit entspricht es auch der herrschenden Auffassung zum Aktienrecht, dass fehlerhafte Beschlüsse außerhalb des Anwendungsbereichs der Sondervorschrift des § 75 Abs 4 AktG nichtig und damit unwirksam sind.

7.3. Dazu kommt, dass die amtswegige materielle Prüfungspflicht des Gerichts einen tragenden Grundsatz des österreichischen Firmenbuchrechts darstellt (vgl Burgstaller in Jabornegg/Artmann, UGB² § 15 FBG Rz 3; Schenk in Straube, UGB I4 § 7 Rz 44 ff; G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 15). Das Fehlen einer Ausnahmebestimmung von einer derartigen Prüfpflicht stellt jedenfalls keine echte Lücke dar (vgl nur F. Bydlinski in Rummel, ABGB³ § 7 Rz 2 mwN). Daher fehlt es schon an der Grundvoraussetzung für die analoge Anwendung einer Bestimmung des AktG. Hiefür wären – mangels Fehlens einer Lücke im eigentlichen Sinn – vielmehr massive teleologische Argumente erforderlich, wonach das Fehlen einer dem § 75 Abs 4 AktG vergleichbaren Regelung im AktG einen massiven Wertungswiderspruch darstellen würde (vgl nur F. Bydlinski aaO). Derartige Gründe werden von den Vertretern der herrschenden Auffassung (Arnold, PSG² § 15 Rz 123; derselbe, GesRz 2009, 348 [355]; Csoklich, ZfS 2005, 17 [19]; Reich-Rohrwig/Wallner, ecolex 2005, 536 [538]; Micheler in Doralt/Nowotny/Kalss, PSG §§ 15, 16 Rz 33) aber nicht aufgezeigt und sind auch nicht zu sehen.

7.4. Der bloß deklarative Charakter der Löschung infolge Abberufung hat mit der Prüfungspflicht des Firmenbuchgerichts nichts zu tun. Vielmehr besteht ganz allgemein eine materielle Prüfungspflicht des Firmenbuchgerichts sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht (Burgstaller in Jabornegg/Artmann, UGB² § 15 FBG Rz 3; Schenk in Straube, UGB I4 § 7 Rz 44 ff; G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 15). Dies gilt aus systematischen Erwägungen dann nur eingeschränkt, wenn ein Beschlussmangel nur die Anfechtbarkeit eines Beschlusses, nicht aber dessen Nichtigkeit begründen würde. In einem derartigen Fall liegt ein Eintragungshindernis nur dann vor, wenn der Beschlussmangel fristgerecht durch Anfechtungsklage aufgegriffen wird und daher nach § 19 FBG vorzugehen ist (Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer, Österreichisches Gesellschaftsrecht Rz 1/101). Im PSG fehlt jedoch nach dem Gesagten ein Gegenstück zu den im Kapitalgesellschaftsrecht vorgesehenen Anfechtungsklagen.

7.5. Dazu kommt das bereits erwähnte Kontrolldefizit im Privatstiftungsrecht. Im Gegensatz zum Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft unterliegt die den Vorstand einer Privatstiftung abberufende Stelle keiner Kontrolle durch die Gesellschafter bzw Eigentümer. Auch diese Überlegung spricht für eine verstärkte Prüfungspflicht des Firmenbuchgerichts.

7.6. Nochmals ist darauf zu verweisen, dass die Gegenansicht im Ergebnis zu einer freien Abberufbarkeit des Stiftungsvorstands führen würde. Ein derartiges freies Abberufungsrecht würde aber die notwendige Unabhängigkeit des Stiftungsvorstands stark beeinträchtigen. Das Erfordernis der Unabhängigkeit des Stiftungsvorstands ergibt sich nicht nur aus der zitierten Passage in den Materialien, sondern auch aus den Unvereinbarkeitsbestimmungen des § 15 Abs 2 und § 23 Abs 2 PSG (Ch. Nowotny, Die Organisation der Privatstiftung, in Csoklich/Müller/Gröhs/Helbich, Handbuch zum Privatstiftungsgesetz [1994] 145 ff [155]; aA Doralt, Zur Bestellung der Vorstandsmitglieder und des Stiftungsprüfers bei Privatstiftungen durch Begünstigte oder ein von Begünstigten gebildetes Gremium, GesRz 1997, 125).

7.7. Arnold (PSG² § 15 Rz 120) hat deutlich aufgezeigt, dass die Abberufungsbefugnis eine wesentlich stärkere Einflussmöglichkeit auf den Stiftungsvorstand darstellt als die Kompetenz zur Bestellung. Durch eine jederzeitige Abberufbarkeit käme der Stiftungsvorstand unter einen zumindest mit einem Weisungsrecht vergleichbaren Einfluss. Die Unzulässigkeit einer jederzeitigen freien Abberufbarkeit des Stiftungsvorstands ergebe sich daher nicht nur aus § 15 Abs 2 PSG, sondern aus den allgemeinen Grundwertungen des PSG, die einen übermäßigen Einfluss auf den Stiftungsvorstand ausschließen. Der Umstand, dass eine Person über die Existenz eines Rechtsträgers entscheiden kann, gebe ihr nicht das Recht, auf die Geschäftsführung und Gebarung in weiterem Ausmaß Einfluss zu nehmen.

7.8. Diese Überlegungen haben umso mehr nach der – auf den vorliegenden Fall noch nicht anwendbaren – Änderung der §§ 14, 23 PSG durch das Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl I Nr 111/2010, Gültigkeit: Nach § 14 Abs 3 PSG idF BBG 2011 können Begünstigte in einem Beirat an der Entscheidung über die Abberufung des Stiftungsvorstands mitwirken: Für derartige Entscheidungen ist eine Mehrheit von mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen erforderlich; hat das Organ weniger als vier Mitglieder, so ist Stimmeneinhelligkeit erforderlich (Abs 3). Soll in einem solchen Fall der Stiftungsvorstand oder eines seiner Mitglieder aus anderen als den in § 27 Abs 2 Z 1 bis 3 PSG angeführten Gründen abberufen werden, so darf Begünstigten, deren Angehörigen (§ 15 Abs 2 PSG) und Personen, die von Begünstigten oder deren Angehörigen mit der Wahrnehmung ihrer Interessen im Beirat beauftragt wurden, bei dieser Entscheidung insgesamt nicht die Mehrheit der Stimmrechte zustehen (Abs 4).

7.9. Dabei kann nicht angenommen werden, dass durch eine derartige, ohne breite Diskussion erlassene punktuelle Regelung in einem Sammelgesetz leitende Grundsätze des Privatstiftungsrechts aufgegeben werden sollten. Weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber bei Erlassung des Budgetbegleitgesetzes 2011 die vom historischen Gesetzgeber beabsichtigte Trennlinie zwischen Begünstigten und Vorstand beseitigen und die Struktur des österreichischen Privatstiftungsrechts in ein anderes System überführen wollte. Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens hat die Österreichische Notariatskammer darauf hingewiesen, dass der Gesetzesvorschlag Regelungen vermissen lasse, die einem willkürlichen, rechtswidrigen Abberufungsakt die konstitutive Wirkung nehmen (Stellungnahme vom 16.11.2010, GZ 710/10, www.parlament.gv.at). Allerdings würde eine derartige willkürliche Abberufungsmöglichkeit nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen: Auch nach den Materialien zum Budgetbegleitgesetz 2011 (981 BlgNR 24. GP 67) ist die stärkste Einflussmöglichkeit, die einem Beirat zukommen kann, die Befugnis zur Abberufung des Stiftungsvorstands oder eines seiner Mitglieder. Die Materialien betonen, dass die Befugnis zur Abberufung – auch ohne dass dies im Gesetz ausdrücklich erwähnt werden müsste – insofern eingeschränkt sei, als eine Abberufung nur unter der Voraussetzung des Vorliegens sachlicher Abberufungsgründe erfolgen könne, weil sonst die Aufgabenverteilung des PSG unterlaufen würde.

8.1. Im Einklang mit allgemeinen Grundsätzen (§ 16 Abs 1 AußStrG iVm § 15 Abs 1 FBG, vgl dazu Burgstaller/Pilgerstorfer in Jabornegg/Artmann, UGB² § 15 FBG Rz 3; Schenk in Straube, UGB I4 § 7 Rz 44 ff; G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 15) ist daher davon auszugehen, dass bei der Privatstiftung – anders als bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften – das Firmenbuchgericht auch bei der Anmeldung der Abberufung von Vorstandsmitgliedern eine amtswegige Prüfung vorzunehmen hat.

8.2. Diese Prüfung kann sich freilich – wie auch sonst im Firmenbuchverfahren – im Wesentlichen auf eine Plausibilitätsprüfung dahin beschränken, ob die begehrte Eintragung schlüssig dargelegt und nach der Lebens- und Praxiserfahrung des Entscheidungsorgangs glaubwürdig ist (G. Kodek aaO, § 15 Rz 20). Dies entspricht im Ergebnis weitgehend der Auffassung Arnolds (PSG² § 15 Rz 123). Im Gegensatz zur Auffassung Arnolds ist die Prüfbefugnis des Firmenbuchgerichts jedoch nicht auf das Aufgreifen einer offensichtlichen Unzulässigkeit beschränkt. Allerdings darf die Prüfungspflicht keinesfalls überspannt werden (SZ 59/172; G. Kodek aaO). Hingegen besteht eine Pflicht zur weiteren Prüfung jedenfalls dann, wenn Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Gesuch zugrunde liegenden Tatsachen bestehen (G. Kodek aaO, § 15 Rz 19). Derartige Bedenken können sich etwa aus der inneren Unwahrscheinlichkeit des Angemeldeten oder aber auch aus dem Amtswissen des Richters ableiten (G. Kodek aaO, mwN). In diesem Sinne hat das Firmenbuchgericht daher jedenfalls bei der Anmeldung der Abberufung eines Vorstandsmitglieds zu prüfen, ob ein Abberufungsgrund schlüssig darlegt wurde. Abberufungsgründe sind jedenfalls die in § 27 Abs 2 Z 1 bis 3 PSG normierten Gründe, die auch eine Abberufung durch das Gericht rechtfertigen würden. Daneben kommt in gewissem Umfang, soweit damit nicht die erforderliche Unabhängigkeit des Stiftungsvorstands unterlaufen wird, auch eine Ausdehnung der Abberufungsgründe durch die Stiftungsurkunde in Betracht. Hingegen ist eine Überprüfung der tatsächlichen Richtigkeit der Behauptungen in der Anmeldung nur dann erforderlich, wenn das Firmenbuchgericht gegen deren Richtigkeit Bedenken hegt.

8.3. Im vorliegenden Fall können sich Bedenken gegen die Zulässigkeit der Abberufung auf mehreren Ebenen ergeben: Zunächst ist darauf einzugehen, ob überhaupt eine Abberufung durch den einstweiligen Sachwalter möglich ist, der ja nur Vertreter des Stifters, der gleichzeitig auch Begünstigter ist, ist. Bejaht man dies, ist zu prüfen, ob ihm auch ein Bestellungsrecht zukommt und ob die Bestellung des Vorstands für eine Funktionsdauer von bloß zwei Jahren diesem eine ausreichend unabhängige Stellung verschafft. Schließlich ist auf die Frage der Geschäftsfähigkeit des Stifters zum Zeitpunkt der Unterfertigung der Urkunden vom 05.01.2010 einzugehen.

9.1. In der Entscheidung 6 Ob 42/09h hat der Oberste Gerichtshof – anknüpfend an die Vorentscheidung 6 Ob 39/97x (EvBl 1997/177 = JBl 1997, 776 [König]) ausdrücklich die Auffassung abgelehnt, wonach ein mit Begünstigten besetzter Beirat zulässig sei, wenn diesem nur ein Bestellungsrecht oder ein auf wichtige Gründe beschränktes Abberufungsrecht zukommt; auch dem Aufsichtsrat könne demnach die Bestellung und Abberufung des Vorstands übertragen werden. Der Aufsichtsrat dürfe aber nicht mehrheitlich mit Begünstigten besetzt werden. Diese zwingende gesetzliche Anordnung wäre obsolet, wenn anstelle des Aufsichtsrats ein Beirat mit denselben Befugnissen installiert und zur Gänze mit Begünstigten besetzt werden könnte. Die Auswirkung dieser Entscheidung auf die Befugnis eines Stifters, der zugleich Begünstigter ist, in der Stiftungserklärung sich das Recht zur Bestellung und Abberufung des Vorstands vorzubehalten, wird im Schrifttum unterschiedlich beurteilt.

9.2. Nach Arnold (GesRz 2009, 348 [349]) sei ein genereller Grundsatz, wonach eine Person, die einem bestimmten Organ nicht angehören darf, auch die Mitglieder desselben nicht bestellen dürfe, der österreichischen Rechtsordnung fremd. Es bestehe kein Grund zur Annahme, dass eine auf wichtige Gründe beschränkte Abberufung von Mitgliedern des Stiftungsvorstands durch Begünstigte oder nahe Angehörige von Begünstigten unzulässig sei. Unzulässig wäre die Abberufungsmöglichkeit jedoch dann, wenn die vorzeitige Abberufung ohne Beschränkung auf wichtige Gründe erfolgen könne. Hier sei auf die Wertungen des § 27 Abs 2 PSG zurückzugreifen. Zur Vermeidung von Umgehungen sei für auf bestimmte Dauer bestellte Mitglieder des Stiftungsvorstands eine angemessene Mindestfunktionsperiode vorzusehen, wobei eine einjährige Mindestfunktionsperiode ausreichend sei.

9.3. Nach Kalss (PSR 2009, 108) spreche der Umstand, dass nach § 15 Abs 4 PSG die Bestellung des ersten Vorstands dem Stifter obliegt, ohne dabei auf eine gleichzeitige Begünstigtenstellung Rücksicht zu nehmen, deutlich für die Anerkennung der Bestellungsbefugnis eines Stifters, der zugleich Begünstigter ist. Der Größenschluss erscheine daher naheliegend, dass ein Stifter auch in der Folge Vorstandsmitglieder bestellen könne, auch wenn er Begünstigter sei. Das Recht zur Bestellung von Organmitgliedern begründe keine Abhängigkeit des bestellten Organs gegenüber dem Bestellungsberechtigten (zust Arnold, GesRz 2009, 348 [350]). Demgegenüber hält Limberg (Der Einfluss der Begünstigten im Lichte der jüngsten Judikatur, PSR 2010, 19 [27]) diesen Größenschluss für unzulässig. Die Bestellungskompetenz hinsichtlich des ersten Vorstands durch den Stifter stelle eine gesetzliche Ausnahme dar, die eher der Stiftungserrichtung zuzuordnen sei, bei welcher der Stifter ohnehin weitgehend freie Hand habe.

9.4. H. Torggler (Anmerkung zu OGH 6 Ob 42/09h über die zulässigen Befugnisse eines begünstigten Stifters oder eines begünstigtendominierten Beirats, JBl 2010, 336 [337 f]), spricht sich ebenfalls für ein Bestellungsrecht eines Stifters, der selbst Begünstigter ist, aus. Auch er argumentiert mit einem Größenschluss aus § 15 Abs 4 PSG.

9.5. Briem (Auswirkungen der jüngsten OGH-Judikatur auf die Gestaltung von Stiftungserklärungen, PSR 2010, 56) betont das Erfordernis einer bestimmten Mindestfunktionsdauer. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass der Stiftungsvorstand zum bloßen Vollzugsorgan werde. Als absolute Untergrenze sei ein Jahr anzusehen. Briem sieht es auch als zulässig an, dass dem Stifter, wenn er gleichzeitig Begünstigter der Privatstiftung ist, das Recht auf Bestellung der Mitglieder des Stiftungsvorstands eingeräumt werde. Hingegen könne einem Stifter nicht das Recht zur Abberufung der Mitglieder des Stiftungsvorstands eingeräumt werden.

9.6. Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Innsbruck (3 R 13/10a GesRz 2010, 167 [H. Torggler/Schäfer] = ZfS 2010, 68 [Eiselsberg/Klampfel; Leitner]) kann einem Beirat auch dann, wenn er ausschließlich aus Begünstigten besteht, das Recht zur Bestellung von Mitgliedern des Stiftungsvorstands eingeräumt werden.

10.1. Hier ist zunächst darauf zu verweisen, dass die Bestellung eine geringere Einflussmöglichkeit vermittelt als die Befugnis zur Abberufung. Nach den Materialien zum Budgetbegleitgesetz 2011 kann einem mit Begünstigten besetzten Beirat weiterhin das Recht zur Bestellung des Stiftungsvorstands eingeräumt werden (981 BlgNR 24. GP 68). Jedenfalls für den – hier allein zu beurteilenden – Fall des Bestellungsrechts des Stifters, der selbst auch Begünstigter ist, schließt sich der Oberste Gerichtshof der Auffassung von Kalss und H. Torggler an. Demnach ergibt sich daraus, dass der Stifter, auch wenn er selbst Begünstigter ist, den ersten Vorstand bestellen kann, dass auch gegen die weitere Bestellung des Vorstands durch den Stifter, sofern sich dieser ein entsprechendes Recht in der Stiftungserklärung vorbehält, keine Bedenken bestehen.

10.2. Voraussetzung ist allerdings eine entsprechende Mindestfunktionsdauer, um dem Vorstand ein entsprechend selbstständiges Agieren zu ermöglichen. Zwar ist für die Bestellung von Mitgliedern des Stiftungsvorstands – ebenso wie beim Geschäftsführer der GmbH – keine gesetzlich geregelte Funktionsperiode bzw Höchstdauer der Funktion vorgesehen (Arnold, PSG² § 15 Rz 107). Umstritten ist, inwieweit den Mitgliedern des Stiftungsvorstands eine Mindestfunktionsdauer einzuräumen ist. Micheler (in Doralt/Nowotny/Kalss, PSG, §§ 15, 16 Rz 22 ff) und Arnold (aaO) treten für das Erfordernis einer Mindestfunktionsdauer von einem Jahr ein. Ch. Nowotny (in Csoklich/Müller/Gröhs/Helbich, Handbuch, 155 f) schlägt bei Bestellung der Mitglieder des Stiftungsvorstands durch einen mit Begünstigten besetzten Beirat eine Fünfjahres(-unter-)grenze vor, sieht aber im PSG hiefür keinen Spielraum und lehnt die Bestellung durch Begünstigte daher generell ab. G. Nowotny (in Gassner/Göth/Gröhs/Lang, Privatstiftungen, 160) hält die Bestellung von Mitgliedern des Stiftungsvorstands durch Begünstigte (oder einen mehrheitlich aus Begünstigten bestehenden Beirat) für zulässig, wenn die Funktionsperiode des Stiftungsvorstands nicht zu kurz ist, wobei er beispielshalber auf eine Frist von fünf Jahren verweist, oder die Bestellung auf unbestimmte Zeit erfolgt. In der Praxis hat sich zwischenzeitig weitgehend eine Mindestfunktionsdauer von drei Jahren durchgesetzt (vgl Resumee-Protokoll des Workshops „Gestaltungsgrenzen von Stiftungsurkunden der Privatstiftung“, GesRz 2010, 155 Punkt I.1.3).

10.3. Zutreffend hebt die Lehre hervor, dass das Problem der Mindestbestelldauer untrennbar mit dem einer Abberufung des Stiftungsvorstands ohne Vorliegen wichtiger Gründe verknüpft ist. Ließe man aber die Festlegung der Funktionsdauer ohne jedwede Untergrenze zu, würde dies im Ergebnis eine freie Abberufbarkeit bedeuten (Arnold aaO). Das Anliegen des Gesetzgebers, die Unabhängigkeit des Vorstands zu stärken und Einflussnahmen auf diesen einzuschränken (vgl auch 6 Ob 60/01v RdW 2001/502), könnte leicht unterlaufen werden, wenn eine Mindestfunktionsperiode nicht erforderlich wäre. Außerdem käme dies zumindest indirekt den Druckmöglichkeiten einer unzulässigen Weisungsbefugnis gleich.

10.4. Allerdings erscheint hier die im Schrifttum – ebenso wie zum Aktienrecht (zB Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht Rz 3/266) – vorgeschlagene Mindestfunktionsdauer von einem Jahr zu kurz. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Aktienrecht die Höchstdauer des Vorstandsmandats 5 Jahre beträgt. Wenngleich im PSG keine § 75 Abs 1 AktG vergleichbare Höchstdauer der Funktion des Vorstandes normiert ist, muss der Privatstiftung ein Interesse zugebilligt werden, nicht zu lange an bestimmte Organwalter gebunden zu sein. Dies spricht dafür, als Orientierung für die Mindestfunktionsdauer eines Vorstands auf die schon jetzt in der erstinstanzlichen Praxis vielfach herangezogene Frist von drei Jahren abzustellen. Der Oberste Gerichtshof schließt sich daher der in der Praxis bereits überwiegend vertretenen Mittellösung an. Demnach ist zur Wahrung der Unabhängigkeit des Vorstands dieser grundsätzlich für zumindest drei Jahre zu bestellen, uzw unabhängig davon, ob ein Begünstigter oder ein mit Begünstigten besetzter Beirat oder eine sonstige Stelle den Vorstand bestellt (siehe abermals das bereits erwähnte Resumee-Protokoll Workshops „Gestaltungsgrenzen von Stiftungsurkunden der Privatstiftung“, GesRz 2010, 155 Punkt I.1.3; vgl Arnold aaO, § 15 Rz 107). Erfolgt die Bestellung der Mitglieder des Stiftungsvorstands auf unbestimmte Zeit, ist eine Mindestbestelldauer nicht erforderlich, weil die Abberufung auf wichtige Gründe beschränkt ist (Arnold aaO, Rz 107).

10.5. Erfüllt eine Vorstandsbestellung diese Voraussetzung nicht, so kommt eine Anpassung nicht in Betracht, weil sie dem ausdrücklichen Willen des Bestellenden widerspricht. Vielmehr wäre der betreffende Bestellungsbeschluss nichtig und hätte das Firmenbuchgericht diesfalls die Eintragung zu verweigern (Arnold, aaO, Rz 108 aE).

10.6. Von der grundsätzlich dreijährigen Mindestfunktionsdauer kann nur in besonderen Ausnahmefällen abgewichen werden. Diesfalls müssen aber konkrete Umstände dargetan werden, die im Einzelfall die kürzere Bestellung rechtfertigen. Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass die Bestellung von einem einstweiligen Sachwalter vorgenommen wurde. Zwar unterscheiden sich die Befugnisse eines einstweiligen Sachwalters (§ 120 AußStrG) nicht von denjenigen eines endgültigen Sachwalters (Weitzenböck in Schwimann, ABGB³ § 273 Rz 22). Im Hinblick darauf, dass es sich beim einstweiligen Sachwalter nur um einen regelmäßig vorübergehend bestellten Vertreter handelt und das Sachwalterverfahren auch noch eingestellt werden kann, wenn sich herausstellt, dass der Betroffene keinen Sachwalter benötigt, oder mit der Bestellung einer anderen Person zum Sachwalter enden kann, ist nicht zu beanstanden, wenn der einstweilige Sachwalter im vorliegenden Fall eine Bestellung bloß für eine Dauer von zwei Jahren vornahm, um damit eine übermäßig lange Bindung des Betroffenen zu vermeiden (vgl 6 Ob 240/10b, 6 Ob 241/10z). Durch die Bestellung des einstweiligen Sachwalters ist auch die sachgerechte Ausübung des (Wieder-)Bestellungsrechts gewährleistet, sodass nicht die Gefahr besteht, dass durch die Drohung mit der Nichtverlängerung des Mandats Druck auf den Vorstand ausgeübt werden könnte.

11.1. Was das Abberufungsrecht anlangt, so hat der Oberste Gerichtshof bisher nur zur Abberufung durch einen mit Begünstigten besetzten Beirat Stellung genommen. In der Entscheidung 6 Ob 42/09h hat der Oberste Gerichtshof eingehend dargelegt, weshalb die weite Fassung der Abberufungsgründe in der Stiftungserklärung unzulässig ist. Im Schrifttum wurde betont, dass diese Entscheidung einen mit Einzelrechten überfrachteten und rechtswidrig ausgestalteten Beirat betraf (Kalss, PSR 2009, 108). Nach H. Torggler (JBl 2010, 336 [338]) sei aus dieser Entscheidung indes abzuleiten, dass die Einräumung einer Abberufungskompetenz als solche nicht unzulässig ist.

11.2. Nach der Novellierung der §§ 14, 23 PSG durch das Budgetbegleitgesetz 2011 kann ein mit Begünstigten besetzter Beirat die Abberufung des Stiftungsvorstands selbst vornehmen; es bestehen lediglich – abhängig vom Abberufungsgrund – besondere Mehrheitserfordernisse. Wenngleich das Budgetbegleitgesetz 2011 insoweit keine Übergangsbestimmungen enthält, ist die zugrunde liegende Wertung auch schon auf Altfälle anzuwenden. Daraus ergibt sich aber, dass eine Abberufungskompetenz eines Beirats, mag dieser auch mit Begünstigten besetzt sein, als solche noch keinen Bedenken begegnet.

11.3. Nach § 27 Abs 2 PSG hat das Gericht ein Mitglied eines Stiftungsorgans auf Antrag oder von Amts wegen abzuberufen, wenn dies die Stiftungserklärung vorsieht oder sonst ein wichtiger Grund vorliegt. Als wichtiger Grund gilt insbesondere eine grobe Pflichtverletzung, die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben und die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Mitglieds, die Abweisung eines Antrags auf Eröffnung eines solchen Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens sowie die mehrfache erfolglose Exekutionsführung in dessen Vermögen.

11.4. Im vorliegenden Fall hat sich der einstweilige Sachwalter des Stifters darauf berufen, dass der Stifter bei der seinerzeitigen Bestellung der Mitglieder des Stiftungsvorstands nicht mehr geschäftsfähig gewesen sei. Dieser Umstand müsste an sich vom Erstgericht auch gemäß § 10 Abs 2 FBG wahrgenommen werden. Wenn der einstweilige Sachwalter sich dennoch aus Gründen der Rechtssicherheit zu einer ausdrücklichen Abberufung der – nach seinem Vorbringen in Wahrheit nie rechtswirksam bestellten – Mitglieder des Stiftungsvorstands entschließt, so ist dies jedenfalls als wichtiger Grund iSd § 27 Abs 2 PSG anzusehen, der von seiner Bedeutung her den in § 27 Abs 2 Z 1 bis 3 PSG ausdrücklich statuierten Abberufungsgründen wertungsmäßig entspricht.

11.5. Insoweit erweist sich daher das Vorbringen des antragstellenden einstweiligen Sachwalters als schlüssig. Die Plausibilität dieses Vorbringens ebenso wie diejenige des weiteren Vorbringens zum Vorliegen einer Unvereinbarkeit bei zumindest einem der abberufenen Vorstandsmitglieder auf der Tatsachenebene ist hingegen der Kognition des Obersten Gerichtshofs entzogen. Daher war spruchgemäß mit Aufhebung und Zurückverweisung an das Rekursgericht vorzugehen. Dieses wird den Rekurs einer inhaltlichen Prüfung zu unterziehen haben. Dabei wird insbesondere zu beurteilen sein, ob im Hinblick auf bereits vorliegende Gutachten aus dem Pflegschaftsverfahren die vom einstweiligen Sachwalter erhobenen Behauptungen hinsichtlich der mangelnden Geschäftsfähigkeit des Stifters plausibel erscheinen oder ob insoweit ergänzende Erhebungen durch das Firmenbuchgericht erforderlich sind. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des Firmenbuchverfahrens im Hinblick auf den allgemeinen Verweis auf das AußStrG in § 15 Abs 2 FBG alle im AußStrG vorgesehenen Erkenntnisquellen, daher auch die Bestellung eines Sachverständigen, grundsätzlich in Betracht kommen. In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof etwa bereits in der Entscheidung 6 Ob 196/03x dem Erstgericht die Einholung eines Unternehmensbewertungsgutachtens aufgetragen (vgl dazu auch Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 11 Rz 10; Mädel/G. Nowotny, Einbringung und verdeckte (verschleierte) Sacheinlage im GmbH-Recht, FS Wiesner 267 [283]).

11.6. Der Oberste Gerichtshof verkennt nicht, dass nach dem am 3. 5. 2010 im Sachwalterschaftsverfahren erstatteten Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen, das dem Obersten Gerichtshof aus Anlass der Verfahren 6 Ob 240/10b, 6 Ob 241/10z bekannt ist, die Geschäftsfähigkeit des Stifters „zumindest für die letzten sechs Monate […] auszuschließen ist“. Die Schlüssigkeit dieses Gutachtens ist jedoch der Beurteilung des Obersten Gerichtshofs, der auch im Außerstreitverfahren nie Tatsacheninstanz ist (RIS-Justiz RS0108449 [T2]; RS0006737; 16 Ok 2/09), entzogen. Daher war spruchgemäß mit Aufhebung und Zurückverweisung an das Rekursgericht vorzugehen.

12. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 78 AußStrG iVm § 15 Abs 2 FBG.

Leitsätze