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WEKA (aga) | News | 20.05.2021

Praxisfall: Rückersatz von Ausbildungskosten

Erfahren Sie in diesem aktuellen Praxisfall, wann ein Arbeitgeber die Ausbildungskosten zurückverlangen kann und wann nicht. Nutzen Sie hierzu auch den Gratis-Download für eine Musterformulierung zum Ausbildungskostenrückersatz.

Der Praxisfall

Eine Sekretärin absolviert nach Ersuchen des Arbeitgebers und unter Zusicherung der Kostenübernahme einen externen Buchhaltungskurs. Nach erfolgreicher Absolvierung des Kurses wird die Mitarbeiterin dann auch im Bereich der Buchhaltung eingesetzt. Zwei Monate nach Abschluss der Ausbildung wird das Dienstverhältnis auf Ersuchen der Mitarbeiterin einvernehmlich aufgelöst.

Der Arbeitgeber fordert nach Beendigung des Dienstverhältnisses die Kurskosten in Höhe von EUR 600,– von der Mitarbeiterin zurück, die diese auch zurückzahlt. Erst später erfährt sie, dass eine Vereinbarung über einen Ausbildungskostenrückersatz der Schriftform bedarf und verlangt vom Arbeitgeber die Rückzahlung.

Muss der Arbeitgeber der ehemaligen Mitarbeiterin den Betrag von EUR 600,– wieder refundieren?

Voraussetzungen der Rückerstattungspflicht

Schriftliche Vereinbarung

Den Rückersatz von Ausbildungskosten kann der Arbeitgeber nur dann fordern, wenn er diesen mit dem Arbeitnehmer vorab schriftlich vertraglich vereinbart hat. Mündlich getroffene Rückzahlungsvereinbarungen sind daher hinfällig.

Aliquotierungsregel

Insbesondere muss eine Aliquotierungsregel in die Vereinbarung aufgenommen werden, da die Rückersatzvereinbarung sonst zur Gänze unwirksam ist. Formulierungen, wie „1/60 der Kosten der bezahlten Dienstfreistellung“ sind unzureichend, da der Rückzahlungsvereinbarung jegliche betragliche Präzisierung fehlt und die konkrete Höhe des zu ersetzenden Entgelts nicht hervorgeht (vgl OGH 9 ObA 7/18x). Auch eine pauschale Vorwegvereinbarung des Rückersatzes ist rechtlich unwirksam (OGH 8 ObA 92/11d).

Tipp:

Sicherheitshalber sollten Rückzahlungsvereinbarungen für jede Ausbildung gesondert vereinbart werden und nicht nur allgemein im Arbeitsvertrag für alle zukünftigen Ausbildungen. Aus der schriftlichen Vereinbarung muss die konkrete Höhe der zu ersetzenden Ausbildungskosten hervorgehen.

Weitere wichtige Voraussetzungen der Rückerstattungspflicht sind:

  • Der Arbeitnehmer darf im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung nicht noch minderjährig sein bzw muss auch sein gesetzlicher Vertreter seine Zustimmung erteilt haben.
  • Das Arbeitsverhältnis endet vor Ablauf von vier bzw in besonderen Fällen acht Jahren ab der Ausbildung bzw bei einem befristeten Dienstverhältnis durch Fristablauf.
  • Die mittels der Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten müssen generell, dh auch bei anderen Arbeitgebern, anwendbar sein.
  • Einschulungskosten sind explizit von der Rückerstattung ausgenommen, eine darüber abgeschlossene Vereinbarung wäre in diesem Umfang nichtig.

Die Lösung des Praxisfalles

Der Ausbildungskostenrückersatz war nicht schriftlich vereinbart worden; dh ohne schriftliche Vereinbarung war der Rückerstattungsanspruch hinfällig. Mit der Rückerstattung der Ausbildungskosten durch die Mitarbeiterin wurde auch nicht die für einen Ausbildungskostenrückersatz nach § 2d Abs 2 AVRAG erforderliche Vereinbarung „nachgeholt“.

Die Mitarbeiterin zahlte nur, weil sie der unrichtigen Ansicht war, dass die Rückerstattung auch ohne besondere Vereinbarung nach § 2d AVRAG verpflichtend sei. Damit hat sie aber die Zahlung von EUR 600,– aus einem vom Arbeitgeber veranlassten Rechtsirrtum heraus grundlos geleistet. Die ehemalige Mitarbeiterin ist nach § 1431 ABGB daher berechtigt den Betrag wieder zurückzufordern (vgl OGH 24.02.2021, 9 ObA 121/20i).