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Umgründungssteuerrichtlinien 2002
3.4.3.1 Allgemeines
929
§ 17 UmgrStG regelt die Bewertung von einzubringenden Kapitalanteilen, die nicht zu einem Betriebsvermögen des Einbringenden gehören. Von dieser Bewertungsregel betroffen sind daher
- die Einbringung außerbetrieblich gehaltener Kapitalanteile sowie
- die Einbringung von Kapitalanteilen eines ausländischen Betriebsvermögens (Isolationstheorie, EStR 2000 Rz 7904).
Die Einbringung von nicht unter § 12 Abs. 2 Z 3 UmgrStG fallenden Kapitalanteilen fällt nicht unter Art. III UmgrStG, sondern unter § 6 Z 14 lit. b EStG 1988 (Tausch).
Der Anwendungsbereich von § 17 Abs. 1 und Abs. 2 UmgrStG ist wie folgt abzugrenzen:
- § 17 Abs. 1 UmgrStG regelt die Einbringung von steuerverstrickten Kapitalanteilen (Rz 932);
- § 17 Abs. 2 UmgrStG regelt die Einbringung von nicht steuerverstrickten Kapitalanteilen (Rz 933).
930
Auf Grund der Verweise in § 18 Abs. 1 Z 2 und Z 3 UmgrStG und § 20 Abs. 2 und Abs. 4 Z 1 UmgrStG hat § 17 UmgrStG auch Bedeutung für die Bewertung bei der übernehmenden Körperschaft und für die Bewertung der Gegenleistungs-Anteile an der übernehmenden Körperschaft.
931
Werden im Geltungsbereich des § 17 Abs. 1 UmgrStG Kapitalanteile aus dem Privatvermögen oder außerbetrieblichen Vermögen einer nicht unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallenden Körperschaft eingebracht, sind sie unabhängig von ihrem Wert zum Einbringungsstichtag grundsätzlich mit den Anschaffungskosten anzusetzen. Die Anschaffungskosten sind dabei – soweit nicht Rz 932 maßgebend ist – nach Maßgabe des § 27a Abs. 3 Z 2 EStG 1988 zu bestimmen. Es handelt sich um die historischen Anschaffungskosten des Anteiles einschließlich nachträglicher oder späterer Anschaffungskosten auf Grund von Kapitalerhöhungen, tatsächlichen Einlagen oder Anteilserwerben oder von Anschaffungskostenminderungen auf Grund von Einlagenrückzahlungen im Sinne des § 4 Abs. 12 EStG 1988. Die Berücksichtigung einer Teilwertabschreibung oder einer die Anschaffungskosten berührenden Investitionsbegünstigung kann methodisch nicht in Betracht kommen. Liegt der gemeine Wert der Kapitalanteile zum Einbringungsstichtag unter den Anschaffungskosten, sind diese dennoch maßgebend. Eine vor der Anteilseinbringung durchgeführte Kapitalberichtigung nach dem Kapitalberichtigungsgesetz, BGBl. Nr. 171/1967, hat keine Auswirkungen auf die Anschaffungskosten.
932
Hinsichtlich der Bewertung von steuerverstrickten Kapitalanteilen ist nach § 17 Abs. 1 UmgrStG zu unterscheiden:
- Das Grundprinzip ist die Bewertung mit den Anschaffungskosten (§ 17 Abs. 1 erster Satz UmgrStG).
- Bei Exporteinbringungen (Übertragung von Kapitalanteilen auf ausländische Körperschaften) ist die Bewertung mit den Anschaffungskosten ausgeschlossen, wenn das österreichische Besteuerungsrecht an den eingebrachten Kapitalanteilen eingeschränkt wird. Damit kommt es grundsätzlich zur Tauschbesteuerung (siehe Rz 933). Erfolgt die Einbringung der Kapitalanteile in Körperschaften eines anderen EU/EWR-Staates ist im Hinblick auf die daran geknüpften Rechtsfolgen zu differenzieren:
- Für bis zum 31.12.2019 beschlossene oder vertraglich unterfertigte Einbringungen ist die Steuerschuld gemäß § 17 Abs. 1 zweiter Satz iVm § 16 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG auf Antrag in Raten zu entrichten (bis 31.12.2015: Nichtfestsetzung). In diesem Fall kommt es zur Bewertung mit dem Fremdvergleichswert (siehe Rz 860a).
- Für ab dem 1.1.2020 beschlossene oder vertraglich unterfertigte Einbringungen ist in der Regel das Sonderregime Anteilstausch mit Nichtfestsetzung anzuwenden (siehe Rz 860b). Die Steuerschuld ist gemäß § 17 Abs. 1 zweiter Satz iVm § 16 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG iVm § 17 Abs. 1a UmgrStG auf Antrag nicht festzusetzen.
- Erfolgt die Einbringung eines steuerhängigen Kapitalanteils durch einen im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen, wobei die Steuerhängigkeit am Kapitalanteil selbst gewahrt bleibt, ist wie folgt zu differenzieren:
- Ist der Einbringende in einem EU/EWR-Staat ansässig, sind die Anschaffungskosten anzusetzen (§ 17 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG iVm § 16 Abs. 2 Z 1 UmgrStG iVm § 16 Abs. 1 erster Satz UmgrStG).
- Ist der Einbringende in einem Drittstaat ansässig und bleibt zwar die Steuerhängigkeit des Kapitalanteils gewahrt, wird aber das österreichische Besteuerungsrecht insofern eingeschränkt, als ein Besteuerungsrecht an den Gegenleistungsanteilen nicht gegeben ist, sind die eingebrachten Anteile verpflichtend mit dem gemeinen Wert anzusetzen (§ 17 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG iVm § 16 Abs. 2 Z 2 UmgrStG), ohne dass eine Möglichkeit auf Ratenzahlung bzw. Nichtfestsetzung besteht.
- Führt die Einbringung im Ausland zur Steuerpflicht und besteht mit dem ausländischen Staat ein Doppelbesteuerungsabkommen, das die Anrechnungsmethode vorsieht oder wird eine vergleichbare Maßnahme zur Vermeidung der Doppelbesteuerung getroffen, besteht das Wahlrecht zum Ansatz der Anschaffungskosten oder des gemeinen Wertes (§ 17 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG iVm § 16 Abs. 3 UmgrStG).
933
Bei der Prüfung der Steuerhängigkeit der Kapitalanteile ist zu beachten, dass die von Österreich abgeschlossenen DBA in der Regel dem OECD-MA folgen und somit das Besteuerungsrecht an den Kapitalanteilen ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat des Anteilsinhabers zusteht (Art. 13 Abs. 5 OECD-MA).
Beispiel:
A ist im Inland ansässig und bringt seinen im Privatvermögen gehaltenen Kapitalanteil an der inländischen X-GmbH (keine Immobiliengesellschaft iSd Art. 13 Abs. 2 DBA-Deutschland) in die deutsche Y-GmbH ein.
Österreich hat ein Besteuerungsrecht am Gegenleistungsanteil; es ist daher § 17 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 UmgrStG anzuwenden. Jedoch verliert Österreich nach dem DBA-Deutschland das Besteuerungsrecht am eingebrachten Kapitalanteil durch die Einbringung.
Rechtsfolgen ab 1.1.2020:
Da das Vermögen in eine deutsche GmbH eingebracht wird, unterliegt die Einbringung dem Sonderregime Anteilstausch gemäß § 17 Abs. 1a UmgrStG. Gemäß § 17 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 iVm § 17 Abs. 1a UmgrStG kann A daher einen Antrag stellen, die auf die stillen Reserven im eingebrachten Vermögen entfallende Steuerschuld nicht festzusetzen.
Rechtsfolgen bis 31.12.2019:
Da das Besteuerungsrecht am eingebrachten Vermögen gegenüber einem EU-Staat eingeschränkt wird (Deutschland), kann A gemäß § 17 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 UmgrStG einen Antrag stellen, die auf die stillen Reserven im eingebrachten Vermögen entfallende Steuerschuld in Raten zu entrichten. Die Ratenverteilung hat auf fünf Jahre zu erfolgen.
Einzelne DBA sehen jedoch abweichend vom OECD-MA vor, dass das Besteuerungsrecht an den Kapitalanteilen auch dem Staat zusteht, in dem die Beteiligungsgesellschaft ansässig ist (Besteuerungsrecht des Quellenstaates, zB im DBA mit Frankreich, Indien, China und Brasilien). Da neben dem Quellenstaat jedoch auch der Ansässigkeitsstaat des Anteilsinhabers (jeweils mit Anrechnungsverpflichtung für den Ansässigkeitsstaat des Veräußerers) besteuern darf und der Anteil somit steuerhängig ist, ist der Ansässigkeitsstaat des Anteilsinhabers hinsichtlich der Besteuerung des Kapitalanteiles nicht eingeschränkt.
Dasselbe gilt für DBA, die dem OECD-MA folgen und eine Sonderregelung für Immobiliengesellschaften (Art. 13 Abs. 4 OECD-MA) vorsehen, wonach das Besteuerungsrecht auch von jenem Staat ausgeübt werden kann, in dem das unbewegliche Vermögen gelegen ist (zB DBA mit China, Deutschland, Frankreich, Irland, Kanada, Philippinen, USA und Zypern).
934
Hinsichtlich der Bewertung von nicht steuerverstrickten Kapitalanteilen ist nach § 17 Abs. 2 UmgrStG zu unterscheiden:
- Fehlt Österreich am Einbringungsstichtag ein Besteuerungsrecht an den eingebrachten Kapitalanteilen im Verhältnis zu anderen Staaten, sind diese mit dem gemeinen Wert anzusetzen, sofern im Einbringungsvertrag nicht die niedrigeren Anschaffungskosten bzw. Buchwerte festgelegt werden (§ 17 Abs. 2 Z 1 UmgrStG).
- Fehlt am Einbringungsstichtag das Besteuerungsrecht an den eingebrachten Kapitalanteilen aufgrund einer Ausnahme von der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht, sind diese mit dem höheren gemeinen Wert anzusetzen (§ 17 Abs. 2 Z 2 UmgrStG).