Dokument-ID: 359225

Vorschrift

Umgründungssteuerrichtlinien 2002

Inhaltsverzeichnis

3.7.4.4. Herabsinken unter die Grenze des § 31 EStG 1988

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Für Einbringungen mit Abschluss des Einbringungsvertrages bis 30.3.2012:

§ 20 Abs. 5 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 ist durch das AbgÄG 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, aufgehoben worden, wobei keine ausdrückliche Vorschrift im Gesetz über das Außerkrafttreten enthalten ist, sodass das Inkrafttreten nach der Regelung des Art. 49 Abs. 1 B-VG zu beurteilen ist. Allerdings ist durch das BudBG 2011 bereits vor diesem Zeitpunkt, nämlich für Einbringungen mit zivilrechtlicher Wirksamkeit ab 31.3.2012 (in der Regel ist dies der Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages), keine faktische Anwendbarkeit mehr gegeben, weil ein Absinken der Beteiligungsquote nach dem 30.3.2012 unter 1 % gemäß § 124b Z 185 lit. a erster TS EStG 1988 eine Versteuerung der Beteiligungsveräußerung gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 nicht hindert.

§ 20 Abs. 5 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 betrifft zum Unterschied zu § 20 Abs. 6 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 nicht die anlässlich einer Einbringung gewährten neuen Anteile, sondern regelt die Verminderung der Beteiligungsquote der Altgesellschafter der übernehmenden Körperschaft unter die 1 %-Grenze des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 (siehe Rz 1134). Ein Absinken der Beteiligungsquote ist nur bei fusionsähnlichen Einbringungen denkmöglich, da bei Konzerneinbringungen im Sinne des § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG eine durch die Einbringung unveränderte Beteiligungsquote Anwendungsvoraussetzung ist. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 ist die Steuerverstrickung für einen im Privatvermögen gehaltenen Anteil bei einem Absinken auf 5 Jahre beschränkt (siehe EStR 2000 Rz 6668 idF vor Wartungserlass 2013). Nach Ablauf dieser Frist könnte eine Veräußerung steuerfrei erfolgen. § 20 Abs. 5 Satz 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 verlängert diese Frist bei einem einbringungsbedingten Absinken bis zum Ende des zehnten Jahres nach Ablauf des Einbringungsstichtages.

Beispiel:

Das Stammkapital der A-GmbH beträgt 1.200.000. A ist mit 15.000 (= 1,25 %) beteiligt, die Höhe des Nominales ist ident mit den Anschaffungskosten. Das Reinvermögen der A-GmbH beträgt zu Verkehrswerten 4.000.000, sodass der Anteil des A 50.000 beträgt. B bringt sein Einzelunternehmen mit einem Verkehrswert von 2.000.000 unter Anwendung des § 19 Abs. 2 Z 2 UmgrStG in die A-GmbH ein. Alle Gesellschafter gewähren dem B jeweils ein Drittel ihrer Beteiligung in Gesamthöhe von 400.000, sodass sie in der Folge am unveränderten Stammkapital der übernehmenden A-GmbH in Höhe von 1.200.000 dem wahren Wert der vereinigten Unternehmen entsprechend beteiligt sind. Die Beteiligung des A sinkt dadurch auf 10.000, seine Beteiligungsquote auf 0,83 %. Die steuerlich maßgebenden Anschaffungskosten des A betragen trotz Verminderung des Nominalwertes um 5.000 auf Grund § 20 Abs. 3 Satz 1 UmgrStG weiterhin unverändert 15.000. Die Beteiligung des A ist gemäß § 20 Abs. 5 Satz 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 noch für einen Zeitraum von 10 Jahren steuerhängig im Sinne des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011.

Für Einbringungen mit Abschluss des Einbringungsvertrages ab 31.3.2012:

Sinken durch eine Einbringung die Anteile der Altgesellschafter unter 1 % und wird diese Einbringung nach dem 30.3.2012 wirksam, hindert dieses Absinken die Steuerhängigkeit der Anteile nicht (§ 124b Z 185 lit. a erster TS EStG 1988).

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§ 20 Abs. 5 Satz 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 kommt nur für Anteile zur Anwendung, die bereits zum Zeitpunkt der Einbringung als Beteiligungen im Sinne des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 einzustufen sind. Als maßgeblicher Zeitpunkt gilt der Zeitpunkt der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Einbringung (in der Regel der Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages). Damit sind auch im Rückwirkungszeitraum erworbene, nach § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 steuerhängige Anteile von § 20 Abs. 5 Satz 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 miterfasst. Nicht miterfasst sind aber unter der 1 %-Grenze des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 gehaltene Anteile, die im Zeitpunkt der Einbringung lediglich auf Grund § 31 Abs. 1 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 wegen nicht abgelaufener Fünfjahresfrist (siehe EStR 2000 Rz 6668 idF vor Wartungserlass 2013) steuerhängig sind. Für diese Beteiligungen kann eine weitere einbringungsbedingte Verminderung der Beteiligungsquote zu keinem Wegfall der Eigenschaft als Beteiligung im Sinne des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 führen, die Steuerhängigkeit nach § 31 Abs. 1 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 bleibt daher unverändert.

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Die Zehnjahresfrist beginnt mit Ablauf des Einbringungsstichtages (siehe Rz 1092). Bis zum Ende der stichtagbezogenen Frist gelten die Anteile als Beteiligung im Sinne des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011. Eine Veräußerung innerhalb des Zehnjahreszeitraumes und außerhalb der Spekulationsfrist sowie bis zum 31.3.2012 löst Einkünfte nach § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 aus, die bei natürlichen Personen begünstigt nach § 37 Abs. 4 Z 2 lit. b EStG 1988 idF vor BudBG 2011 zu versteuern sind (siehe EStR 2000 Rz 7308 idF vor Wartungserlass 2013) und bei Privatstiftungen nach § 13 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 idF vor BGBl. I Nr. 111/2010 in Verbindung mit § 22 Abs. 3 KStG 1988 der Zwischenbesteuerung unterliegen (siehe StiftR 2001 Rz 92). Erfolgt die Veräußerung nach dem 31.3.2012, wobei sie aber innerhalb des Zehnjahreszeitraumes erfolgt, führt dies bei natürlichen Personen zu Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988, die mit dem 27,5-prozentigen Sondersteuersatz des § 27a Abs. 1 Z 2 EStG 1988 idF StRefG 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015 (bis 2015: mit dem 25-prozentigen Sondersteuersatz, siehe EStR 2000 Rz 6223) zu versteuern sind und unterliegt diese bei Privatstiftungen der Zwischenbesteuerung nach § 13 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 idF BGBl. I Nr. 111/2010 in Verbindung mit § 22 Abs. 3 KStG 1988. § 20 Abs. 5 Satz 2 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 betont, dass § 30 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 durch § 20 Abs. 5 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 unberührt bleibt. Dadurch wird klargestellt, dass die in § 31 Abs. 6 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 geregelte Subsidiarität der Anwendung des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 gegenüber Spekulationseinkünften nach § 30 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 auch bei Veräußerungen von Beteiligungen, die lediglich einbringungsbedingt unter die 1 %-Grenze abgesunken sind, zu beachten ist.

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§ 20 Abs 5 UmgrStG kommt aufgrund des Vorranges von betrieblichen Einkünften bei Veräußerungen von im Betriebsvermögen gehaltenen Anteilen, die einbringungsbedingt unter die 1 %-Grenze abgesunken sind, nicht zur Anwendung.

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Die steuerneutrale Aufwertungsoption des § 124b Z 57 EStG 1988 (siehe EStR 2000 Rz 6684 ff) ist für Kapitalanteile, die nur auf Grund § 20 Abs. 5 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 als Anteile im Sinne des § 31 EStG 1988 idF vor BudBG 2011 gelten, nicht möglich; betroffen davon sind sowohl Anteile der Altgesellschafter der übernehmenden Körperschaft als auch erworbene Anteile, auf die nach § 20 Abs. 6 Z 1 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 mangels anderer Bestimmungen § 20 Abs. 5 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 anzuwenden ist.

Zur Funktion des § 20 Abs. 5 UmgrStG idF vor AbgÄG 2012 als Grundnorm für die zehnjährige Steuerverstrickung siehe Rz 1134.