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Umgründungssteuerrichtlinien 2002
5.1.1.1. Begriffsbestimmung
1509
Eine Realteilung im Sinne des § 27 Abs 1 UmgrStG liegt vor, wenn
- Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften)
- Vermögen
- aufgrund eines Teilungsvertrages (Gesellschaftsvertrages)
- zum Ausgleich untergehender Gesellschafterrechte
- ohne oder ohne wesentliche Ausgleichszahlungen
- auf Nachfolgeunternehmer übertragen, denen das Vermögen ganz oder teilweise zuzurechnen war.
1510
Für die Realteilung bestehen keine unternehmens- und gesellschaftsrechtlichen Grundlagen. Der Tatbestand der Realteilung wird somit ausschließlich durch das Steuerrecht in den §§ 27 ff UmgrStG definiert. Daher kommt einer allfälligen Eintragung einer Realteilung in das Firmenbuch keine für steuerliche Zwecke maßgebende Wirkung zu, dh auch in diesem Fall hat die Abgabenbehörde das Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen des § 27 UmgrStG eigenständig zu beurteilen.
1511
Personengesellschaften sind Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind. Darunter fallen insb. die OG, KG, die GesBR, Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung sowie die atypisch stille Gesellschaft, wenn sie die Gesellschafter jeweils Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 (betriebliche Einkunftsarten) erzielen.
1512
Zum begünstigten Vermögen zählen nur (in- oder ausländische) Betriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile. Ausnahmen von der Teilbetriebseigenschaft werden bei Forstflächen und beim Kunden- bzw. Klientenstock gemacht (siehe Rz 1550 ff).
Das Vermögen muss einen positiven Verkehrswert haben und auf Gesellschafter verteilt werden, die bereits an diesem Vermögen beteiligt waren. Das Aufgehen eines übertragenen Vermögens in einem bereits bestehenden Betrieb ist unschädlich. Wird ein Betrieb (Teilbetrieb) zerschlagen oder werden lediglich einzelne Gegenstände des Betriebsvermögens auf einen Gesellschafter überführt, liegt keine Realteilung im Sinne des Art V UmgrStG vor. Dies gilt auch dann, wenn derartige Gegenstände weiterhin betrieblich eingesetzt werden.
Zur Frage der tatsächlichen Übertragung siehe Rz 738 ff und Rz 1371 ff.
1513
Nachfolgeunternehmer können natürliche und juristische Personen oder Mitunternehmerschaften sein. In Betracht kommen unbeschränkt oder beschränkt Steuerpflichtige.
1514
Zwingende Anwendungsvoraussetzungen des Art V UmgrStG sind nach § 27 Abs 1 UmgrStG folgende:
- Ein schriftlicher Teilungsvertrag (Änderung des Gesellschaftsvertrags, siehe Rz 1526)
- Ein Vermögen (Teilungsvermögen) im Sinne des § 27 Abs. 2 bzw. § 27 Abs. 3 UmgrStG (siehe Rz 1545 ff)
- Ein Jahres- oder Zwischenabschluss
- Eine Teilungsbilanz (§ 12 Abs. 2 UmgrStG) zum Teilungsstichtag (siehe Rz 1536 f), die zumindest den Erfordernissen des § 4 Abs. 1 EStG 1988 entspricht (siehe Rz 1598 ff)
- Ein positiver Verkehrswert des Teilungsvermögens nach der „Stand-alone-Methode“ (siehe Rz 1546 ff)
- Die tatsächliche Übertragung des Vermögens auf den oder die Rechtsnachfolger (siehe Rz 1563)
- Eine Gegenleistung in Form der vollständigen oder teilweisen Aufgabe von Gesellschafterrechten ohne oder ohne wesentliche Ausgleichszahlungen (siehe Rz 1564 ff).
Teilungsstichtag kann jeder beliebige Tag sein, zu dem die vorgenannten Anwendungsvoraussetzungen vorliegen.
Art. V UmgrStG ist international ausgelegt, dh. darunter können inländische, ausländische und grenzüberschreitende Realteilungen fallen, es können an der teilenden Personengesellschaft inländische und ausländische Gesellschafter beteiligt sein und es kann inländisches und ausländisches Vermögen übertragen werden.
1515
Bei Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen des § 27 Abs. 1 UmgrStG ist Art. V UmgrStG im Hinblick auf § 27 Abs. 5 UmgrStG gesamthaft anzuwenden. Entstehen bei der für die Verkehrsteuern zuständigen Abgabenbehörde (Finanzamt Österreich gemäß §§ 60 f BAO) Zweifel, ob die Anwendungsvoraussetzungen des § 27 UmgrStG erfüllt sind, ist im Interesse einer einheitlichen Beurteilung der Umgründung eine Abstimmung mit den für die Ertragsbesteuerung der Mitunternehmerschaft und der Nachfolgeunternehmer zuständigen Abgabenbehörden herbeizuführen.
Wie in allen anderen Umgründungstatbeständen gilt auch im Bereich der Realteilungen, dass bei Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen des § 27 UmgrStG sämtliche Bestimmungen des Art. V UmgrStG und damit auch die neben der Ertragsbesteuerung bestehenden zwingend anzuwenden sind. Zu den Folgen außerhalb der Ertragsbesteuerung siehe Rz 1628 ff.
Liegen die Anwendungsvoraussetzungen des § 27 UmgrStG nicht vor, sind die allgemeinen Vorschriften des Abgabenrechts zwingend anzuwenden. Für den ertragsteuerlichen Bereich ist § 24 EStG 1988 maßgebend, nach dem die Realteilung zu einem Veräußerungsgewinn führt (siehe Rz 1640 ff). Es besteht somit kein Wahlrecht für die Anwendung oder den Verzicht auf Art. V UmgrStG bzw. des § 24 EStG 1988.