Dokument-ID: 377157

Vorschrift

Umgründungssteuerrichtlinien 2002

Inhaltsverzeichnis

6.8.2. Abspaltung zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft, an deren Unternehmen eine atypisch stille Beteiligung besteht

1789
Da das abzuspaltende Vermögen steuerlich der stillen Mitunternehmerschaft zuzurechnen ist, die aus der Kapitalgesellschaft und dem atypisch Stillen gebildet wird, hängt die steuerliche Beurteilung von der Rechtsstellung des stillen Mitunternehmers nach der Spaltung ab:

  • Soll der stille Mitunternehmer am Gesamtvermögen beteiligt bleiben, ist der Spaltungsvorgang zweistufig darzustellen:
    • Die stille Mitunternehmerschaft nimmt zunächst eine verhältniswahrende Abteilung zur Neugründung im Sinne des Art V UmgrStG insofern vor, als das zu spaltende Vermögen zunächst auf die neue stille Mitunternehmerschaft, die bei der neuen Kapitalgesellschaft entstehen soll, übergeht. Die spaltende Kapitalgesellschaft und der stille Mitunternehmer sind nunmehr an beiden stillen Mitunternehmerschaften gleich beteiligt.
    • Die spaltende Körperschaft überträgt eine juristische Sekunde später den an der neuen Mitunternehmerschaft entstandenen Mitunternehmeranteil auf die übernehmende Körperschaft. Die Abspaltung von Vermögen nach dem SpaltG ist daher ertragsteuerlich als Abspaltung eines Mitunternehmeranteiles zu werten. Nach erfolgter Durchführung besteht bei der spaltenden Körperschaft weiterhin eine um das übertragene Vermögen verringerte Mitunternehmerschaft mit dem Stillen. Bei der neuen Körperschaft, auf die das Vermögen abgespalten wird, entsteht eine Mitunternehmerschaft mit dem atypisch Stillen, wobei auf die neue Körperschaft und den atypisch Stillen der abteilungsgeborene Mitunternehmeranteil (der das übertragene Vermögen repräsentiert) steuerlich übertragen wird.

Beispiel:

A hat sich atypisch still am Unternehmen der B-GmbH beteiligt. Steuerlich ist A zu 20 % und die B-GmbH zu 80 % an der stillen Mitunternehmerschaft beteiligt. Aufgrund der Abspaltung eines Teilbetriebes auf die neue C-GmbH im Ausmaß von 50 % des Verkehrswertes des Vermögens der B-GmbH und der Fortsetzungsklausel des A ist zunächst eine nach den Vorschriften des Art V UmgrStG zu vereinbarende verhältniswahrende Realteilung dahingehend vorzunehmen, dass der abzuspaltende Teilbetrieb auf die neue Schwester-Mitunternehmerschaft übergeht; A und die B-GmbH sind nunmehr an der ursprünglichen und der neuen stillen Mitunternehmerschaft jeweils mit 20 % bzw 80 % beteiligt. Nunmehr spaltet die B-GmbH spaltungsrechtlich den Teilbetrieb und steuerrechtlich den Mitunternehmeranteil an der neuen stillen Mitunternehmerschaft auf die neue (spaltungsgeborene) C-GmbH ab. Neben der bisherigen stillen Mitunternehmerschaft, an der unverändert A zu 20 % und die B-GmbH zu 80 % beteiligt sind, besteht die neue stille Mitunternehmerschaft, an der A mit 20 % und die C-GmbH mit 80 % beteiligt sind. Der mit der neuen C-GmbH zivilrechtlich abzuschließende Gesellschaftsvertrag ist kein Zusammenschluss iSd Art. IV UmgrStG, da nur ein spaltungsveranlasster und damit steuerneutraler Gesellschafterwechsel (die C-GmbH übernimmt die Mitunternehmerstellung der B-GmbH) in der neuen stillen Mitunternehmerschaft vorliegt.

  • Soll der stille Mitunternehmer nur am Restvermögen der spaltenden Körperschaft beteiligt sein, kommt es ebenfalls zu einem zweistufigen Spaltungsvorgang:
    • Im ersten Rechtsschritt kommt es zu einer nicht verhältniswahrenden Abteilung im Sinne des Art V UmgrStG dahingehend, dass die spaltende Körperschaft das abzuspaltende Vermögen gegen Verminderung der Beteiligung an der stillen Mitunternehmerschaft übernimmt.
    • Der zweite Rechtsschritt entspricht der in der ersten Variante dargestellten Abspaltung.

Nach erfolgter Durchführung besteht bei der spaltenden Körperschaft hinsichtlich des Restvermögens weiterhin eine um das übertragene Vermögen verringerte Mitunternehmerschaft mit dem stillen Mitunternehmer. Das abgespaltene Vermögen ist der neugegründeten Körperschaft unmittelbar zuzurechnen, die Beteilung an dieser ist dem oder den Anteilsinhabern der spaltenden Körperschaft zuzurechnen.

  • Soll der stille Mitunternehmer nur am abgespaltenen Vermögen beteiligt sein, muss der Vorgang dreistufig dargestellt werden:
    • Der erste Rechtsschritt entspricht der in der ersten Variante dargestellten verhältniswahrenden Abteilung.
    • Im Hinblick auf die realteilungsbedingte Anwendungsvoraussetzung des § 27 Abs 1 UmgrStG, dass jeder Mitunternehmer begünstigtes Vermögen erhalten muss, kommt es im zweiten Rechtsschritt zu einem Mitunternehmeranteilstausch im Rechtskleid einer weiteren Realteilung im Sinne des Art V UmgrStG dahingehend, dass der stille Mitunternehmer seinen Anteil an der das Restvermögen haltenden stillen Mitunternehmerschaft gegen Übernahme eines Teiles des von der spaltenden Körperschaft gehaltenen Anteils an der das gespaltene Vermögen haltenden stillen Mitunternehmerschaft tauscht. Die Funktion des Tausches als Fall der Realteilung ist mit einer gedanklichen Vereinigung der beiden stillen Mitunternehmerschaften begründet. Dadurch kommt es bei der spaltenden Körperschaft hinsichtlich des Restvermögens zu einer Anteilsvereinigung und damit diesbezüglich zum Untergang der stillen Mitunternehmerschaft. Die stille Mitunternehmerschaft hinsichtlich des abgespaltenen Vermögens ändert sich dahingehend, dass der stille Mitunternehmer höher und die Körperschaft geringer beteiligt sind.
    • Der dritte Rechtsschritt entspricht der in der ersten Variante dargestellten Abspaltung des Teilvermögens bzw steuerlich des Mitunternehmeranteils.

Nach erfolgter Durchführung ist das Restvermögen der spaltenden Körperschaft unmittelbar zuzurechnen. Die stille Mitunternehmerschaft hinsichtlich des abgespaltenen Vermögens ändert sich nur dahingehend, dass an die Stelle der abspaltenden Körperschaft die neue Körperschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge getreten ist.

Da es sich bei den dargestellten Vorgängen um Mehrfachumgründungen handelt, wird die Zusammenfassung auf einen Stichtag mittels eines Umgründungsplans im Sinne des § 39 UmgrStG erreicht werden können (siehe Rz 1874 ff).