Dokument-ID: 356584

Vorschrift

Umgründungssteuerrichtlinien 2002

Inhaltsverzeichnis

1.4.2.1.1. Allgemeines

195
Bis zum Verschmelzungsstichtag entstandene und noch nicht verrechnete Verluste der übertragenden Körperschaft sind mit den verlustverursachenden Objekten zu verknüpfen, wobei die Verlustzuordnung

  • bei betriebsführenden (operativen) Gesellschaften zu Betrieben, Teilbetrieben, gegebenenfalls einem Betrieb gleichzuhaltenden Mitunternehmeranteilen und unter Umständen zu nicht einem Betrieb zurechenbaren Vermögensteilen (siehe Rz 202 ff) und
  • bei nicht betriebsführenden (vermögensverwaltenden) Gesellschaften grundsätzlich zu den einzelnen Vermögensteilen (siehe Rz 208 f)

erfolgt. Das verlusterzeugende Vermögen muss am Verschmelzungsstichtag tatsächlich vorhanden sein. Mehrere inländische Grundstücke sind gemäß § 98 Abs 1 Z 3 EStG 1988 als ein Betrieb anzusehen.

Ist dieses Vermögen am Verschmelzungsstichtag – aus welchen Gründen auch immer (zB Verkauf, Liquidation, sonstiger Untergang) – nicht mehr vorhanden, können die bezughabenden Verluste bzw Verlustvorträge nicht auf die übernehmende Körperschaft übergehen und gehen daher durch die Verschmelzung unter. Ist die Körperschaft zum Verschmelzungsstichtag überhaupt vermögenslos, gehen sämtliche Verluste unter.

Zum verschmelzungsbedingten „Wechsel“ der Verlustzuordnungseinheit siehe Rz 199.

196
Der Verlustvortragsübergang hat mit dem Schicksal des übergegangenen Vermögens nach dem Verschmelzungsstichtag dem Grunde nach nichts zu tun, es sei denn, es liegt ein Mantelkauftatbestand gemäß § 4 Z 2 UmgrStG vor, auf den keine Ausnahmeklauseln anwendbar sind (siehe Rz 241).

197
Verluste sind primär den einzelnen Verlustentstehungsquellen (Betriebe oder Teilbetriebe bei operativen Körperschaften, nicht einem Betrieb zurechenbare Vermögensteile bei vermögensverwaltenden Körperschaften) direkt zuzuordnen.

198
Nur wenn keine eindeutige Zuordnung der Verluste zu den noch vorhandenen und nicht mehr vorhandenen Betrieben, Teilbetrieben bzw nicht einem Betrieb zurechenbaren Vermögensteilen möglich ist, ist eine sachgerechte Aliquotierung der Verlustvorträge vorzunehmen. Dabei besteht kein Wahlrecht hinsichtlich einer früheren oder späteren Verrechnung von einzelnen Verlustkomponenten aus verschiedenen Einkunftsquellen, dh, es ist von einer gleichmäßigen Verrechnung aller Teilverluste im Rahmen des Verlustausgleichs und des Verlustvortrags bis zur Verschmelzung auszugehen.

199
Die Typen des verlustverursachenden Vermögens – Betrieb, Teilbetrieb oder nicht einem Betrieb zurechenbarer Vermögensteil – sind sowohl für die verlustvortragsbezogenen Einschränkungen nach § 4 Z 1 lit a und lit b UmgrStG (tatsächliches Vorhandensein des verlustverursachenden Vermögens) als auch nach § 4 Z 1 lit c UmgrStG (qualifizierte Umfangsminderung und wirtschaftliche Vergleichbarkeit des verlustverursachenden Vermögens) maßgeblich.

Kommt es verschmelzungsbedingt zu einem „Wechsel“ des Verlustzuordnungsobjekts (zB Verschmelzung einer nicht betriebsführenden Gesellschaft auf eine betriebsführende Gesellschaft), ist für dabei übergehende bzw. aufrecht bleibende Verluste das jeweils ursprünglich im Verlustentstehungszeitpunkt maßgebliche Verlustzuordnungsobjekt (Rz 195) auch künftig relevant (siehe auch Rz 205); erst für nach der Verschmelzung anfallende Verluste ist die verschmelzungsbedingt geänderte Verlustzuordnungseinheit maßgeblich.

Beispiel:

Die eine Immobilie verwaltende A-GmbH wird zum 31.12.01 gemäß Art. I UmgrStG auf die betriebsführende B-GmbH verschmolzen. Die bisher von der übertragenden A-GmbH verwaltete Immobilie wird verschmelzungsbedingt Betriebsvermögen der übernehmenden B-GmbH. Sowohl die übertragende als auch die übernehmende Gesellschaft haben Verlustvorträge, die verschmelzungsbedingt übergehen bzw. erhalten bleiben. Zum 31.12.04 wird die C-GmbH auf die B-GmbH verschmolzen.

Für die anlässlich der Erstverschmelzung von der vermögensverwaltenden A-GmbH durch die B-GmbH übernommenen und noch bestehenden Verlustvorträge ist weiterhin die ursprünglich keinem Betrieb zurechenbare Immobilie als Verlustzuordnungsobjekt anzusehen. Ist diese Immobilie am Stichtag noch wirtschaftlich vergleichbar vorhanden, bleiben die Verlustvorträge auch anlässlich der Zweitverschmelzung aufrecht; für zwischen Erst- und Zweitverschmelzung im Zusammenhang mit der Immobilie entstandene Verlustvorträge ist bereits der Betrieb der B-GmbH das Verlustzuordnungsobjekt (zur Frage der Vergleichbarkeit siehe jeweils Rz 218 ff). Folglich bleiben die in diesem Zeitraum angefallenen Verluste bei wirtschaftlicher Vergleichbarkeit des Betriebes selbst dann aufrecht, wenn die Immobilie zum Zweitverschmelzungsstichtag gar nicht mehr zum Betriebsvermögen der B-GmbH gehört. Dies gilt sinngemäß hinsichtlich der im Zuge der Erstverschmelzung weiterbestehenden Verluste aus dem Betrieb der übernehmenden B-GmbH (siehe auch Rz 205).

200
Die Begriffe „Betrieb“ und „Teilbetrieb“ sind nach ertragsteuerlichen Kriterien auszulegen (siehe EStR 2000 Rz 5506 ff). Auch Mitunternehmeranteile im Sinne der §§ 21 bis 23 EStG 1988 gelten als Betriebe und sind daher ebenfalls Zuordnungseinheit für Verlustvorträge. Der Verkauf, die Stilllegung oder die qualifizierte Umfangsverminderung einer (verlustverursachenden) Produktionseinheit oder Filiale, die für sich keine Teilbetriebseigenschaft aufweist, vor dem Verschmelzungsstichtag führt daher für sich allein zu keiner Kürzung eines Verlustabzuges. Näheres siehe Rz 202.

201
„Nicht einem Betrieb zurechenbare Vermögensteile“ sind alle außerhalb einer betrieblichen Einheit stehenden Vermögenswerte (zB Beteiligung, Grundstücke usw). Näheres siehe Rz 208 f.