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Umgründungssteuerrichtlinien 2002
3.4.3.2.1.2. Auslands- und Exporteinbringungen
937
Bringt der Steuerinländer inländische Kapitalanteile in eine ausländische Körperschaft ein, wird das Besteuerungsrecht Österreichs an den eingebrachten Kapitalanteilen eingeschränkt, wenn ein Doppelbesteuerungsabkommen dem OECD-MA entsprechend dem ausländischen Staat (Ansässigkeitsstaat der übernehmenden Körperschaft) das alleinige Besteuerungsrecht zuteilt. Es kommt in diesem Fall zur Aufdeckung der stillen Reserven im eingebrachten Vermögen (§ 17 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG iVm § 16 Abs. 1 zweiter Satz UmgrStG). Dies gilt unabhängig davon, ob das Besteuerungsrecht in der gewährten Gegenleistung ersatzweise weiter besteht. Für die Rechtsfolgen der Einschränkung des Besteuerungsrechtes ist relevant, ob die übernehmende Körperschaft in einem EU/EWR-Staat oder in einem Drittstaat ansässig ist.
- Im Falle der Einbringung in die Körperschaft eines anderen EU/EWR-Staates ist zu unterscheiden:
- Bei ab dem 1.1.2020 beschlossenen oder vertraglich unterfertigten Einbringungen besteht in der Regel die Wahl zwischen der sofortigen Entrichtung der Steuerschuld und einem Antrag, die Steuerschuld gemäß § 17 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1a iVm § 17 Abs. 1a UmgrStG nicht festzusetzen (Anteilstausch mit Nichtfestsetzung, siehe Rz 860b).
Beispiel 1:
Der in Österreich ansässige A bringt seine 50 %-Beteiligung an der inländischen B-GmbH in die ihm zu 100 % gehörende niederländische C-BV ein. Österreich hat das Besteuerungsrecht hinsichtlich der stillen Reserven in den (wertmäßig erweiterten; siehe Rz 860b) Gegenleistungsanteilen an der C-BV; § 17 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 UmgrStG ist anzuwenden. Danach wird Österreich einbringungsbedingt in seinem Besteuerungsrecht hinsichtlich der stillen Reserven im eingebrachten Vermögen eingeschränkt, weshalb es zur Aufdeckung der stillen Reserven kommt. Da jedoch ein Anteilstausch gemäß § 16 Abs. 1a UmgrStG vorliegt (Einbringung in eine EU-Körperschaft) kann A die Nichtfestsetzung der Steuerschuld gemäß § 17 Abs. 1a UmgrStG beantragen.
- Bei bis zum 31.12.2019 beschlossenen oder vertraglich unterfertigten Einbringungen besteht die Wahl zwischen der sofortigen Entrichtung der Steuerschuld und einem Antrag, die Steuerschuld gemäß § 17 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 UmgrStG in Raten zu entrichten (siehe Rz 860a; bis 31.12.2015 „alte“ Nichtfestsetzung, siehe Rz 860c).
Beispiel 2:
Der in Österreich ansässige A bringt seine 50 %-Beteiligung an der inländischen B-GmbH in die ihm zu 100 % gehörende niederländische C-BV ein. Österreich hat das Besteuerungsrecht hinsichtlich der stillen Reserven in den (wertmäßig erweiterten) Gegenleistungsanteilen an der C-BV; § 17 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 UmgrStG ist anzuwenden. Auf Grund der Übertragung des Kapitalanteils in das Ausland hat Österreich nach der Einbringung jedoch kein Besteuerungsrecht hinsichtlich der stillen Reserven im eingebrachten Vermögen. Da dieses Besteuerungsrecht gegenüber einem EU-Staat (Niederlande) eingeschränkt wird, kommt es hinsichtlich der stillen Reserven im eingebrachten Vermögen zur sofortigen Besteuerung; auf Antrag kann A die Steuerschuld jedoch in Raten entrichten (bis 31.12.2015: die Steuerschuld auf Antrag aufschieben).
- Im Falle der Einbringung in die Körperschaft eines DBA-Drittstaates kommt es zum Einbringungsstichtag zur Besteuerung der stillen Reserven. Es besteht in diesen Fällen keine Möglichkeit, die Steuerschuld nicht festzusetzen (ab 1.1.2019) bzw. diese in Raten zu entrichten (bis 31.12.2019 bzw. „alte“ Nichtfestsetzung bis 31.12.2015).
Zur Vermeidung einer zweifachen Besteuerung siehe Rz 1093 ff.
937a
Bringt ein Steuerinländer inländische Kapitalanteile in eine EU-/EWR-Körperschaft ein und geht das Besteuerungsrecht Österreichs an den eingebrachten Kapitalanteilen nicht verloren, weil mit dem Ansässigkeitsstaat der übernehmenden Körperschaft ein von Art. 13 Abs. 5 OECD-MA abweichendes Doppelbesteuerungsabkommen besteht, das auch dem Quellenstaat Österreich das Besteuerungsrecht belässt, hat die Einbringung der Kapitalanteile unter Ansatz der Anschaffungskosten zu erfolgen. Ob an den Gegenleistungsanteilen ein Besteuerungsrecht besteht, ist in diesem Fall hingegen irrelevant, dh. eine Einbringung zu Anschaffungskosten erfolgt auch dann, wenn Österreich kein Besteuerungsrecht an der Gegenleistung hat, weil § 16 Abs. 2 Z 1 UmgrStG auf § 16 Abs. 1 UmgrStG verweist.
Beispiel 1:
Der in Österreich ansässige A bringt seine 25 %-Beteiligung an der inländischen X-GmbH (AK: 100, gemeiner Wert: 1.000) in eine französische SA ein und erhält dafür als Gegenleistung eine Beteiligung von 20 % an dieser Gesellschaft.
Österreich hat das Besteuerungsrecht an den Gegenleistungsanteilen, weshalb § 17 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 UmgrStG anzuwenden ist. Auch an den eingebrachten Kapitalanteilen hat Österreich nach der Einbringung das Besteuerungsrecht (Art. 13 Abs. 3 lit. a DBA-Frankreich sieht vor, dass auch der Quellenstaat, dh. der Staat, in dem die X-GmbH ansässig ist, ab einer Beteiligungshöhe von 25 % das Besteuerungsrecht hat). Daher erfolgt die Einbringung unter Ansatz der Anschaffungskosten (§ 17 Abs. 1 erster Satz UmgrStG iVm § 16 Abs. 1 UmgrStG).
Beispiel 2:
Der in Österreich ansässige B bringt seine 25 %-Beteiligung an der inländischen Y-GmbH (AK: 100, gemeiner Wert: 300) in eine französische SA ein und erhält dafür als Gegenleistung eine Beteiligung von 30 % an dieser Gesellschaft.
Hinsichtlich der Gegenleistungsanteile steht das Besteuerungsrecht ab einer Beteiligungshöhe von 25 % auch dem Quellenstaat Frankreich und somit nicht alleine Österreich zu (Art. 13 Abs. 3 lit. a DBA Frankreich; mit Anrechnungsverpflichtung für Österreich); das Besteuerungsrecht Österreichs ist folglich nicht eingeschränkt; § 16 Abs. 1 UmgrStG ist anzuwenden, wonach das Besteuerungsrecht am eingebrachten Vermögen entscheidend ist: Da Österreich auch nach der Einbringung das Besteuerungsrecht an den eingebrachten Anteilen hat, erfolgt die Einbringung unter Ansatz der Anschaffungskosten (§ 17 Abs. 1 erster Satz UmgrStG iVm § 16 Abs. 1 UmgrStG).
937b
Werden inländische Kapitalanteile durch einen Steuerinländer in eine in einem Drittstaat ansässige Körperschaft eingebracht, ist für die Rechtsfolgen der Einbringung zunächst entscheidend, ob ein Besteuerungsrecht Österreichs an den Gegenleistungsanteilen besteht.
Hat Österreich – dem OECD-Musterabkommen entsprechend – das alleinige Besteuerungsrecht an den Gegenleistungsanteilen, ist § 16 Abs. 1 UmgrStG anzuwenden und es ist maßgeblich, ob das Besteuerungsrecht Österreichs im eingebrachten Vermögen eingeschränkt ist. Ist das Besteuerungsrecht im eingebrachten Vermögen eingeschränkt, weil dem Ansässigkeitsstaat der übernehmenden Körperschaft das Besteuerungsrecht zukommt, kommt es zu einer Aufdeckung der stillen Reserven im eingebrachten Vermögen, ohne dass die Möglichkeit besteht, einen Antrag auf Nichtfestsetzung bzw. Ratenzahlung zu stellen (siehe Rz 937, Einschränkung des Besteuerungsrechtes gegenüber Drittstaaten).
Das österreichische Abkommensnetz kennt zwar auch DBA, die abweichend vom OECD-Musterabkommen das Besteuerungsrecht für Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanteilen nicht ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat des Veräußerers einräumen, sondern auch dem Quellenstaat (Ansässigkeitsstaat der Beteiligungskörperschaft), wodurch jedoch das Besteuerungsrecht hinsichtlich der Gegenleistungsanteile nicht eingeschränkt ist (siehe Rz 933 und 935).
Beispiel:
Die im Inland ansässige natürliche Person B bringt ihre 25 %-Beteiligung an der inländischen X-GmbH (AK: 100, gemeiner Wert: 1.000) in eine chinesische Körperschaft ein und erhält dafür als Gegenleistung eine Beteiligung von 20 % an dieser Gesellschaft.
Österreich kommt nicht das alleinige Besteuerungsrecht an den Gegenleistungsanteilen zu (Art. 13 Abs. 5 DBA-China); gemäß Art. 24 Abs. 2 lit. b DBA-China hat Österreich die in China entrichtete Steuer anzurechnen. Eine Einschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich der Gegenleistung liegt nicht vor. § 16 Abs. 1 UmgrStG ist anzuwenden. Da Österreich weiterhin das Besteuerungsrecht am eingebrachten Vermögen hat (Österreich darf als Quellenstaat besteuern), kann die Einbringung unter Ansatz der Anschaffungskosten erfolgen.
938
Bringt der Steuerinländer ausländische (in Österreich steuerhängige) Kapitalanteile in eine ausländische Körperschaft ein, mit deren Ansässigkeitsstaat ein dem Art. 13 Abs. 5 OECD-MA entsprechendes DBA besteht, hat Österreich idR das Besteuerungsrecht an den Gegenleistungsanteilen; § 17 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 UmgrStG ist anzuwenden. Geht das Besteuerungsrecht Österreichs an den eingebrachten Kapitalanteilen mit der Einbringung verloren, ist zu unterscheiden:
- Wird das Besteuerungsrecht Österreichs am eingebrachten Vermögen gegenüber einem EU/EWR-Staat eingeschränkt, kann ein Antrag auf Nichtfestsetzung (Anteilstausch ab 1.1.2020) bzw. Ratenzahlung (bis 31.12.2019 bzw. bis 31.12.2015 „alte“: Nichtfestsetzung) gestellt werden (§ 17 Abs. 1 UmgrStG iVm § 16 Abs. 1 UmgrStG).
Beispiel 1:
Der in Österreich ansässige A bringt seine 25 %-Beteiligung an einer spanischen Aktiengesellschaft (AK: 100, gemeiner Wert: 1.000) in eine deutsche Aktiengesellschaft ein. Österreich hat das Besteuerungsrecht an den Gegenleistungsanteilen, weshalb § 17 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 UmgrStG anwendbar ist. Am eingebrachten Kapitalanteil hat Österreich nach der Einbringung hingegen kein Besteuerungsrecht, weshalb die stillen Reserven gemäß § 17 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 UmgrStG realisiert werden.
Ab 1.1.2020 beschlossene bzw. unterfertigte Einbringungen:
Da jedoch ein Anteilstausch gemäß § 17 Abs. 1a UmgrStG vorliegt und infolgedessen das Besteuerungsrecht gegenüber einem EU-Mitgliedstaat eingeschränkt ist (Einbringung in deutsche Gesellschaft), kann A gemäß § 17 Abs. 1a UmgrStG einen Antrag auf Nichtfestsetzung stellen.
Bis 31.12.2019 beschlossene bzw. unterfertigte Einbringungen:
Weil das Besteuerungsrecht gegenüber einem EU-Mitgliedstaat (Deutschland) eingeschränkt wird, kann A daher in sinngemäßer Anwendung des § 6 Z 6 lit. c bis d EStG 1988 einen Antrag auf Ratenzahlung stellen (bis 31.12.2015: in sinngemäßer Anwendung des § 1 Abs. 2 UmgrStG einen Antrag auf Nichtfestsetzung der Steuerschuld stellen).
- Wird das Besteuerungsrecht Österreichs am eingebrachten Vermögen gegenüber einem Drittstaat eingeschränkt, kommt es gemäß § 17 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 UmgrStG zur Realisierung der stillen Reserven im eingebrachten Vermögen, ohne dass die Möglichkeit besteht, einen Antrag auf Nichtfestsetzung bzw. auf Ratenzahlung zu stellen. Die Besteuerung der stillen Reserven erfolgt zum Einbringungsstichtag.
Beispiel 2:
Der in Österreich ansässige A bringt seine 25 %-Beteiligung an einer deutschen Aktiengesellschaft (AK: 100, gemeiner Wert: 600) in eine US-LLC (Limited Liability Company) ein. Österreich hat das Besteuerungsrecht an den Gegenleistungsanteilen, sodass § 17 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 UmgrStG anwendbar ist.
Da aber das Besteuerungsrecht am eingebrachten Kapitalanteil gegenüber einem Drittstaat verloren geht, ist gemäß § 17 Abs. 1 iVm § 16 Abs. 1 UmgrStG iVm § 6 Z 6 EStG 1988 die auf die stillen Reserven im Kapitalanteil von 500 entfallende Steuerschuld sofort zur Gänze zum Einbringungsstichtag zu entrichten, ohne dass ein Antrag auf Ratenzahlung gestellt werden kann.
Aufgrund der Einbringung in eine Drittstaatsgesellschaft liegt auch kein Anteilstausch gemäß § 16 Abs. 1a UmgrStG vor.