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Kündigungsfristen und -termine
Rechtliche Grundlagen
Definition Kündigung
Eine Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die ein – regelmäßig auf unbestimmte Zeit abgeschlossenes – Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet.
Eine Kündigung kann sowohl durch den Arbeitgeber als auch durch den Arbeitnehmer erfolgen. Sie ist grundsätzlich an keine bestimmte Form gebunden. Demgemäß kann sowohl mündlich, schriftlich, konkludent, per SMS, E-Mail oder sogar WhatsApp gekündigt werden.
Es gibt jedoch Ausnahmen von dieser Formfreiheit, sodass etwa der Kollektivvertrag (oder auch der Arbeitsvertrag) Schriftlichkeit anordnen kann. Diesfalls ist im Falle eines Verstoßes gegen das Formgebot die Kündigung unwirksam. Spezielle Regelungen bestehen beispielsweise auch für Vertragsbedienstete gem § 32 Abs 1 VBG (Schriftlichkeit und Angabe von Gründen).
Beispiel: Kündigung per WhatsApp
Ein über WhatsApp übermitteltes Foto der schriftlichen Kündigungserklärung erfüllt nicht das Schriftformgebot, weil sich der Empfänger der WhatsApp-Nachricht nicht ohne weiteres einen Ausdruck in Form eines physischen Schriftstücks des ihm übermittelten Fotos des Kündigungsschreibens herstellen kann. Der Zweck des Schriftformgebots, nämlich die ausreichende Prüfungsmöglichkeit des Kündigungsschreibens und der Beweiszweck, insbesondere auch für den Empfänger, ist in diesem Fall nicht erfüllt (vgl OGH 9 ObA 110/15i).
Beispiel: Kündigung per SMS
Auch die Kündigung eines Dienstverhältnisses per SMS entspricht nicht dem Schriftformgebot und ist daher nicht rechtswirksam. So bedarf die vorzeitige Auflösung eines Lehrverhältnisses zur Rechtswirksamkeit der Schriftform. Die Kündigung eines Lehrlings mittels SMS entspricht nicht dem Schriftlichkeitsgebot des § 15 Abs 2 BAG. Da die Kündigung mittels SMS rechtswidrig ist, hat der Lehrling nun die Wahl, das Lehrverhältnis fortzusetzen oder eine Kündigungsentschädigung zu fordern (OGH 9 ObA 96/07v).
Beispiel: Kündigung per E-Mail
Die Kündigung eines Dienstverhältnisses mittels E-Mails ohne digitale Signatur entspricht – so wie die Kündigung per SMS – nicht dem Schriftformgebot. Eine Kündigung per E-Mail ist problematisch, da nicht mit Sicherheit nachweisbar ist, dass die Kündigung dem Adressaten auch tatsächlich persönlich zugegangen ist. Selbst die Versendung an die persönliche Mailanschrift des Adressaten samt Lesebestätigung ist kein völlig sicherer Nachweis dafür, dass die Kündigung den Gekündigten auch tatsächlich persönlich erreicht hat.
Beispiel: Kündigung per E-Mail mit digitaler Signatur
Digital signierte E-Mails entsprechen aber dem Schriftformgebot und sind daher rechtswirksam.
Die Angabe eines Kündigungsgrundes ist in der Regel nicht erforderlich. Eine Ausnahme davon besteht, sofern der Kollektivvertrag die Angabe eines Kündigungsgrundes vorsieht, oder sondergesetzliche Ausnahmen bestehen: zB bei Vetragsbediensteten (§ 32 Abs 1 VBG, wonach der Dienstgeber ein Dienstverhältnis, das ununterbrochen ein Jahr gedauert hat, nur schriftlich und mit Angabe des Grundes kündigen kann).
Wird im Arbeitsvertrag eines Angestellten ein Schriftformgebot für die Kündigung auch für eine Arbeitnehmerkündigung festgelegt, so ist diese jedoch unwirksam. Ein Angestellter kann sowohl mündlich als auch schlüssig rechtwirksam kündigen.
Praxistipp:
Eine Kündigung hat fristgerecht zuzugehen. In der Praxis empfiehlt es sich daher für beide Parteien (und auch für einen Angestellten) aus Beweisgründen schriftlich mit Zugangsbestätigung zu kündigen.
In diesem Sinne ist zu denken an eine persönliche Übergabe der Kündigung mit Übernahmebestätigung, per Einschreiben oder per Mail mit Zugangs- und Lesebestätigung. Denkbar ist grundsätzlich auch eine mündliche Kündigung, die zu Beweiszwecken in Anwesenheit eines Zeugen erfolgt.
Zu beachten ist bei einer Kündigung per Einschreiben, dass – wenn der Empfänger nicht angetroffen wurde – die Hinterlegung erfolgt und die Zustellung erst ab dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt gilt (OGH 26.06.2002, 9 ObA 144/02w; RS0014078).
Ist eine Kündigung dem anderen Vertragspartner rechtswirksam zugegangen, kann sie grundsätzlich nicht mehr einseitig widerrufen werden. Ebenso wenig kann der Arbeitgeber bei irrtümlicher fristwidriger Kündigung nach Entdecken seines Irrtums erklären, die Kündigung gelte für den nächsten zulässigen Termin und bis dahin dauere auch das Dienstverhältnis fort (RS0028298).
Im beiderseitigen Einvernehmen bzw mit ausdrücklicher oder schlüssiger Zustimmung des Erklärungsgegners ist hingegen die eine Rücknahme der Kündigung möglich (OGH 16.07.2004, 8 ObA 57/04x).
Generell ist für eine gültige Kündigung auch die Einhaltung der allgemeinen Voraussetzungen für Willenserklärungen gem § 869f ABGB notwendig.
Definition Kündigungsfrist
Unter Kündigungsfrist wird der Zeitraum zwischen dem Ausspruch der Kündigung und dem tatsächlichen Ende des Arbeitsverhältnisses verstanden.
Definition Kündigungstermin
Der Kündigungstermin ist der Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses.
Hinweis:
Mit 01.10.2021 erfolgte die Angleichung der Kündigungsfristen für Arbeiter an jene der Angestellten. Mit diesem Stichtag sind die Kündigungsbestimmungen gem § 77 GewO 1859 außer Kraft getreten. Nunmehr regelt § 1159 ABGB die für Arbeiter geltenden Fristen entsprechend dem Angestelltengesetz.
Für die Arbeitnehmerkündigung gilt – mangels einer für den Arbeitnehmer günstigeren Vereinbarung – eine Kündigungsfrist von 1 Monat zum Monatsletzten. Durch Vereinbarung kann diese Kündigungsfrist bis zu 6 Monaten ausgedehnt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die ausgedehnte Frist für die Arbeitnehmerkündigung jener für die Arbeitgeberkündigung entspricht.
Abhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses beträgt die Kündigungsfrist für Arbeitgeber:
Dauer des Arbeitsverhältnisses | Kündigungsfrist |
Im 1. und 2. Arbeitsjahr | 6 Wochen |
Ab dem 3. Arbeitsjahr | 2 Monate |
Ab dem 6. Arbeitsjahr | 3 Monate |
Ab dem 16. Arbeitsjahr | 4 Monate |
Ab dem 26. Arbeitsjahr | 5 Monate |
Der Kündigungstermin nach dem Angestelltengesetz ist für
- Arbeitnehmer der Monatsletzte,
- Arbeitgeber das Quartalsende.
Hinweis:
Da einem Arbeitgeber gem AngG nur vier Mal im Jahr eine Kündigungsmöglichkeit offen stünde, kann durch Vereinbarung auch der 15. eines Monats oder der Monatsletzte als weitere Kündigungstermine vereinbart werden. Derartige Vereinbarungen sind üblich.
Ausnahme Saisonbetriebe
Für Branchen, in denen Saisonbetriebe überwiegen, können kollektivvertraglich abweichende Regeln festgelegt werden. Der Gesetzgeber verweist im Hinblick auf Saisonbetriebe auf § 53 Abs 6 ArbVG. Demnach handelt es sich bei Saisonbetrieben um Betriebe, die ihrer Art nach nur zu bestimmten Jahreszeiten arbeiten oder die regelmäßig zu gewissen Zeiten des Jahres erheblich verstärkt arbeiten.
Die Ausnahme umfasst daher einerseits Betriebe, die – vor allem witterungsbedingt – in Abhängigkeit von den Jahreszeiten nicht ganzjährig arbeiten (zB Zirkus, Moorbadebetrieb, Ziegeleien, Seilbahnen, Fremdenverkehrsbetriebe, Betriebe des Baugewerbes etc) und andererseits auch ganzjährig geöffnete Betriebe, die regelmäßig zu gewissen Zeiten des Jahres erheblich verstärkt arbeiten (vgl OGH 9 ObA 116/21f mwN).
Berechnung der Kündigungsfrist
Für die Berechnung der Dauer der Kündigungsfrist ist weder der Zeitpunkt des Zuganges der Kündigungserklärung noch der letzte Tag des Arbeitsverhältnisses ausschlaggebend. Die Frist richtet sich nach jenem Zeitpunkt, zu dem der Zugang der Kündigungserklärung unter Einhaltung der kürzeren Frist für den gewünschten Endtermin des Arbeitsverhältnisses spätestens möglich ist. Ist zu diesem Zeitpunkt bereits die entsprechende Anzahl von Dienstjahren für die längere Kündigungsfrist vollendet, ist jene auch einzuhalten.
Nach der Rechtsprechung des OGH endet ein Arbeitsverhältnis auch dann durch Arbeitgeberkündigung, wenn einem Arbeitgeber während der Kündigungsfrist eines gekündigten Arbeitnehmers ein von diesem gesetzter Entlassungsgrund zur Kenntnis kommt, der Arbeitgeber die Entlassung aber nicht mehr innerhalb der Kündigungsfrist ausspricht. Dem Arbeitnehmer gebührt bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen eine Abfertigung.
Kündigungsfrist von … | 6 Wochen | 2 Monate | 3 Monate | 4 Monate | 5 Monate |
| Ist der späteste Zugang der Kündigung der … | ||||
Kündigungstermin |
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31.03. | 17.02. (18.02.) | 31.01. | 31.12. | 30.11. | 31.10. |
30.06. | 19.05. | 30.04. | 31.03. | 28.02. (29.02.) | 31.01. |
30.09. | 19.08. | 31.07. | 30.06. | 31.05. | 30.04. |
31.12. | 19.11. | 31.10. | 30.09. | 31.08. | 31.07. |
Hinweis:
Es besteht – ausgenommen bei Rechtsmissbrauch – keine Verpflichtung des Arbeitnehmers, den Urlaub in einer längeren Kündigungsfrist zu verbrauchen (OGH 29.10.2014, 9 ObA 110/14p). So liegen beispielsweise bei einer kurzen Kündigungsfrist und einem großen Umfang an noch offenem Urlaub keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs vor.
Beispiel: Berechnung der Kündigungsfrist
Arbeitnehmer A wird am 15.12.2022 zum 31.01.2023 gekündigt. A vollendet am 31.12.2022 das zweite Jahr seiner Betriebszugehörigkeit. Bis dahin gilt eine Kündigungsfrist von sechs Wochen, ab 01.01. eine Kündigungsfrist von zwei Monaten. Rechnet man vom Endzeitpunkt 31.01.2023 sechs Wochen zurück, so kommt man auf den 20.12.2022 als Zeitpunkt des letztmöglichen Ausspruchs der Kündigung zum 31.01.2023. Dieser Tag liegt noch im alten Jahr der Betriebszugehörigkeit, die Kündigungsfrist beträgt daher noch sechs Wochen, die Kündigung ist ordnungsgemäß.
Anders wäre, wenn A am 31.12.2022 zum 15.02.2023 gekündigt wird. Rechnet man die Kündigungsfrist von sechs Wochen vom 15.02.2023 zurück, so kommt man auf den 04.01.2023. Dieser Tag liegt bereits im neuen Jahr der Betriebszugehörigkeit. Die Kündigung zum 15.02.2023 ist daher fristwidrig. Korrekt wäre unter Einhaltung der ab dem dritten Jahr geltenden Kündigungsfrist von zwei Monaten zum 28.02.2023 zu kündigen gewesen.
Die zeitwidrige Kündigung löst das Arbeitsverhältnis zum verfehlten Kündigungstermin auf (RIS-Justiz RS0028223). Enthält eine Kündigungserklärung weder eine Kündigungsfrist noch einen Kündigungstermin, so gilt die Kündigung mit Wirkung zum nächstmöglichen Kündigungstermin (OGH 15.10.1974, 4 Ob 60/74).
Hinweis:
Bei einer termin- bzw fristwidrige Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis zu diesem Termin, jedoch steht eine Kündigungsentschädigung zu, die binnen sechs Monaten gerichtlich geltend zu machen ist (RIS-Justiz RS0028200).
Treffen neben den gesetzlichen Regelungen aufgrund Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung und Arbeitsvertrag unterschiedliche Kündigungstermine und -fristen aufeinander, so gilt das Günstigkeitsprinzip gem §§ 3, 31 Abs 3 ArbVG. Die Rechtsnormen sind sohin zugunsten des Arbeitnehmers einseitig zwingend.
Günstigkeitsvergleich
Ein späterer KollV dringt gegenüber einer günstigeren Betriebsvereinbarung nicht durch, andererseits ist aber eine ungünstigere Betriebsvereinbarung für die Dauer des KollV wirkungslos. Bei der Prüfung, ob eine Sondervereinbarung iSd § 3 Abs 1 ArbVG günstiger ist als der KollV, sind jene Bestimmungen zusammenzufassen und gegenüberzustellen, die in einem rechtlichen und sachlichen Zusammenhang stehen. Damit ist jedenfalls klargestellt, dass ein Günstigkeitsvergleich mit einer Betriebsvereinbarung als Ganzes unzulässig ist. Sieht das eine Betriebsvereinbarung vor, liegt diesbezüglich eine Teilnichtigkeit der Betriebsvereinbarung vor. Ein Zusammenhang besteht aber etwa dann, wenn es sich um mehrere Bestimmungen handelt, welche sich auf tatsächliches Ereignis beziehen, etwa alle die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses betreffenden Bestimmungen, oder Bestimmungen, die ihre Grundlage in der langdauernden Betriebszugehörigkeit haben (Jubiläums-Treuegelder) (RS0050968).
Die in den Gesetzen, Kollektivverträgen, Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträgen angegeben Kündigungsfristen sind grundsätzlich Mindestfristen, sodass eine Verlängerung dieser Mindestfristen möglich ist. In diesem Sinne sieht § 20 Abs 2 AngG ebenfalls je nach vollendeten Dienstjahren längere Kündigungsfristen vor.
Musterformulierung: Kündigung
Das Arbeitsverhältnis kann von beiden Seiten unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von (Kündigungsfrist einsetzen) Monaten mit Wirkung zum (zB 15. jeden Monats oder Monatsletzten) eines jeden Kalendermonats gekündigt werden.
Das Arbeitsverhältnis kann – soweit nicht im Einzelfall der Kollektivvertrag etwas anders regelt – vom Arbeitgeber unter vorheriger Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist von (Kündigungsfrist einfügen) zu jedem Fünfzehnten oder Letzten eines Kalendermonats gekündigt werden.
Das Arbeitsverhältnis kann vom Arbeitnehmer unter vorheriger Einhaltung der für den Arbeitgeber geltenden gesetzlichen Kündigungsfrist und den Kündigungsterminen des Arbeitgebers aufgelöst werden.