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Dokument-ID: 252751

Redaktion WEKA - Alexander Kdolsky | Praxiswissen | Fachbeitrag

Ermittlung des Existenzminimums

Rechtliche Grundlagen

§ 291a EO

Unpfändbarer Freibetrag, Existenzminimum

Allgemeiner Grundbetrag, Unterhaltsgrundbetrag, Unterhaltssteigerungsbetrag

Von der Berechnungsgrundlage (das der Berechnung zugrunde liegende Nettoeinkommen des Arbeitnehmers, vgl § 291 EO) hat dem Arbeitnehmer ein Existenzminimum zu verbleiben (vgl § 291a EO). Dieses wird automatisch mit einer Anpassung der Ausgleichszulagenrichtsätze um den gleichen Faktor neu berechnet.

Allgemeiner Grundbetrag

Der allgemeine Grundbetrag entspricht dem auf volle Euro abgerundeten Ausgleichszulagenrichtsatz (vgl § 293 Abs 1 lit a sublit bb ASVG). Der allgemeiner Grundbetrag beträgt:

 

2024

2023

2022

Monatlich

EUR

1.217,00

EUR

1.110,00

EUR

1.030,00

Wöchentlich

EUR

284,00

EUR

259,00

EUR

240,00

Täglich

EUR

40,00

EUR

37,00

EUR

34,00

Erhöhter allgemeiner Grundbetrag

Erhält der Arbeitnehmer keine Sonderzahlungen, gebührt ein erhöhter allgemeiner Grundbetrag (§ 291a Abs 2 Z 1 EO). Dieser beträgt:

 

2024

2023

2022

Monatlich

EUR

1.420,00

EUR

1.295,00

EUR

1.202,00

Wöchentlich

EUR

331,00

EUR

302,00

EUR

280,00

Täglich

EUR

47,00

EUR

43,00

EUR

40,00

Unterhaltsgrundbetrag

Der allgemeine Grundbetrag erhöht sich um 20 % für jede Person, höchstens aber für fünf Personen, der der Arbeitnehmer (Verpflichtete) gesetzlichen Unterhalt gewährt (Unterhaltsgrundbetrag, § 291a Abs 2 Z 2 EO), also pro Person:

 

2024

2023

2022

Monatlich

EUR

243,00

EUR

222,00

EUR

206,00

Wöchentlich

EUR

56,00

EUR

51,00

EUR

48,00

Täglich

EUR

8,00

EUR

7,00

EUR

6,00

Unterhaltssteigerungsbetrag

Geht die Berechnungsgrundlage über den so errechneten Betrag hinaus, hat dem Arbeitnehmer ein allgemeiner Steigerungsbetrag von 30 % des Mehrbetrags und zusätzlich 10 % des Mehrbetrags für jede Person, der der Verpflichtete gesetzlichen Unterhalt gewährt, zu verbleiben, höchstens jedoch für fünf Personen, also 80 % (Unterhaltssteigerungsbetrag, § 291a Abs 3 EO).

Höchstberechnungsgrundlage

Der das Vierfache des Ausgleichszulagenrichtsatzes übersteigende Teil der Berechnungsgrundlage ist zur Gänze pfändbar (§ 291a Abs 3 letzter Satz EO). Das ist jenes Nettogehalt, welches

 

2024

2023

2022

Monatlich

EUR

4.860,00

EUR

4.440,00

EUR

4.120,00

Wöchentlich

EUR

1.135,00

EUR

1.035,00

EUR

960,00

Täglich

EUR

162,00

EUR

148,00

EUR

137,00

übersteigt.

Bagatellgrenze

Die Bagatellgrenze, um die das Existenzminimum überstiegen werden darf, ohne dass eine Pfändung durchgeführt werden muss, beläuft sich 2024 voraussichtlich auf EUR 10,– monatlich, EUR 2,50 wöchentlich bzw EUR 0,50 täglich (§ 292f Abs 5 EO).

Zu klärende Fragen

Die Berechnung des Existenzminimums hängt von bestimmten Kriterien ab, die vor der Ermittlung zu klären sind.

  • Besteht eine Unterhaltexekution (Pfändung wegen gesetzlichen Unterhalts) oder eine gewöhnliche Exekution (Pfändung wegen sonstiger Forderungen)? Das Existenzminimum wird je nachdem unterschiedlich berechnet.
  • Bestehen gesetzliche Unterhaltspflichten des Mitarbeiters? Gesetzliche Unterhaltspflichten erhöhen nämlich das Existenzminimum.
  • Hat der Mitarbeiter Anspruch auf Sonderzahlungen?

Ermittlung des Existenzminimums

  • Manuelles Ausrechnen
  • Ablesen aus den Lohnpfändungstabellen (für echte Dienstnehmer in der Regel die Lohnpfändungstabellen 1 a m bzw 2 a m)
  • Online-Lohnpfändungsrechner
  • Lohnsoftware-Pfändungsmodul

Beispiel: Ermittlung des Existenzminimums

Ein Arbeitnehmer hat einen Monatsbezug von EUR 2.900,–. Darin ist der Gewerkschaftsbeitrag von EUR 20,– und eine Aufwandsentschädigung von EUR 50,– enthalten. Der Arbeitnehmer erhält zweimal jährlich eine Sonderzahlung von je EUR 2.900,–. Er ist sorgepflichtig für ein Kind und seine (nicht erwerbstätige Ehefrau). Sein Arbeitseinkommen wird von einem Versandhaus gepfändet.

1. Ermittlung der Berechnungsgrundlage

 

 
 

Monatslohn brutto („Gesamtbezug“ iSd § 291 Abs 1 EO)

EUR

2.900,00

− Dienstnehmeranteil Sozialversicherung (angenommen)

EUR

520,00

− Lohnsteuer (angenommen)

EUR

320,00

− Aufwandsentschädigung (vgl § 290 Abs 1 Z 1 EO)

EUR

50,00

− Gewerkschaftsbeitrag (vgl § 291 Abs 1 Z 3 EO)

EUR

20,00

Berechnungsgrundlage (ungerundet)

EUR

1.990,00

Berechnungsgrundlage (abgerundet auf einen durch 20 teilbaren Betrag, vgl § 291 Abs 2 EO)

EUR

1.980,00

2. Ermittlung des Grundbetrages

 

 
 

Allgemeiner Grundbetrag

EUR

1.217,00

+ Unterhaltsgrundbetrag (für zwei Personen)

EUR

486,00

Grundbetrag

EUR

1.703,00

3. Ermittlung des Mehrbetrages und des Steigerungsbetrages

 

 
 

Berechnungsgrundlage

EUR

1.980,00

− Grundbetrag

EUR

1.703,00

Mehrbetrag

EUR

277,00

Allgemeiner Steigerungsbetrag (30 %)

EUR

83,10

Unterhaltssteigerungsbetrag (2 x 10 %)

EUR

55,40

Steigerungsbetrag
Allgemeiner Steigerungbetrag: 30 % vom Mehrbetrag
Unterhaltssteigerungsbetrag: 10 % pro unterhaltspflichtiger Person (= 20 %)

EUR

138,50

4. Pfändungsfreies Entgelt – Existenzminimum

 

 
 

Grundbetrag

EUR

1.703,00

+ Steigerungsbetrag

EUR

138,50

Existenzminimum

EUR

1.841,50

5. Pfändbares Einkommen

 

 
 

Berechnungsgrundlage (ungerundet)

EUR

1.990,00

− Existenzminimum

EUR

1.841,50

Pfändbares Einkommen

EUR

148,50

Gewöhnliche Exekution

Die Berechnungsgrundlage ist die Gesamtsumme aller Geld- und Sachbezüge der Abrechnungsperiode exklusive bestimmter Abzugsbeträge (unpfändbare Bezüge [§ 290 EO], Lohnsteuer, Dienstnehmeranteil zur Sozialversicherung etc [§ 290 EO]).

Der pfändbare Betrag errechnet sich aus der Differenz zwischen der Berechnungsgrundlage und dem Existenzminimum.

Unterhaltsexekution

Hier gibt es drei wichtige Besonderheiten (vgl § 291b Abs 2 und 3 EO):

  • Das Unterhaltsexistenzminimum beträgt nur 75 % des normal berechneten Existenzminimums.
  • Jene Unterhaltspflichten, gegen die Unterhaltexekution geführt wird, werden für die Berechnung des Existenzminimums nicht berücksichtigt.
  • Höhere Pfändbarkeit gegenüber anderen Forderungen.

Die Bestimmungen der Exekutionsordnung können als Orientierungshilfe bei der Ermittlung der Belastungsgrenze im Rahmen der Unterhaltsbemessung dienen. Die Grenze des § 291b EO kann jedoch in Hinblick auf § 292b EO nicht als Untergrenze der Belastung des Unterhaltsschuldners bei der Unterhaltsbemessung herangezogen werden. Die Unterhaltsbemessung kann vielmehr darüber hinausgehen, doch ist zu berücksichtigen, dass der Unterhaltspflichtige nicht so weit belastet wird, dass er in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet wäre (RS0047455 = OGH 21.09.1993, 10 Ob 505/93; OGH 29.08.2019, 8 Ob 16/19i).

Im Rahmen der vom Gericht nach § 291b EO zu treffenden Ermessensentscheidung ist auch zu berücksichtigen, ob der Verpflichtete allein lebt oder nicht, mindert doch, wenn sein Ehepartner oder Lebensgefährte sich an den regelmäßigen Fixkosten beteiligt, dies die eigene finanzielle Belastung des Unterhaltspflichtigen doch deutlich (RS0079861 = OGH 31.08.2006, 6 Ob 184/06m).

Beispiel: Ermittlung des Unterhaltsexistenzminimums

Fortsetzung von obigem Beispiel: Außer dem Versandhaus führt auch die Ehefrau Exekution zur Hereinbringung ihrer Unterhaltsforderung von EUR 200,– monatlich und eines Unterhaltsrückstandes von EUR 725,–.

Für die Ermittlung des unpfändbaren Betrages gegenüber einem Unterhaltsberechtigten ist das Unterhaltsexistenzminimum heranzuziehen. Bei der Ermittlung der Zahl der Unterhaltsberechtigten ist der Unterhaltsberechtigte, der selbst Exekution führt, nicht mitzuzählen. Das Unterhaltsexistenzminimum ist jenes Einkommen, das dem Arbeitnehmer und den übrigen Unterhaltsberechtigten ungeschmälert verbleibt.

1. Ermittlung der Berechnungsgrundlage

 

 
 

Siehe obiges Beispiel

 

 
 

Berechnungsgrundlage (ungerundet)

EUR

1.990,00

Berechnungsgrundlage (abgerundet auf einen durch 20 teilbaren Betrag)

EUR

1.980,00

2. Ermittlung des Grundbetrages

 

 
 

Allgemeiner Grundbetrag

EUR

1.217,00

+ Unterhaltsgrundbetrag (für eine Person)

EUR

243,00

Grundbetrag

EUR

1.460,00

Davon 75 %

EUR

1.095,00

3. Ermitlung des Mehrbetrages und Steigerungsbetrages

 

 
 

Berechnungsgrundlage

EUR

1.980,00

− Grundbetrag

EUR

1.460,00

Mehrbetrag

EUR

520,00

Allgemeiner Steigerungsbetrag (30 %)

EUR

156,00

Unterhaltssteigerungsbetrag (10 %)

EUR

52,00

Steigerungsbetrag

EUR

208,00

Davon 75 %

EUR

156,00

4. Pfändungsfreies Entgelt – Unterhaltsexistenzminimum

 

 
 

Grundbetrag

EUR

1.095,00

+ Steigerungsbetrag

EUR

156,00

Unterhaltsexistenzminimum

EUR

1.251,00

Der Differenzbetrag zwischen Existenzminimum und Unterhaltsexistenzminimum kommt ausschließlich dem unterhaltsberechtigten Gläubiger zu (vgl § 291 Abs 3 EO).

 

 
 

Existenzminimum (siehe obiges Beispiel)

EUR

1.841,50

− Unterhaltsexistenzminimum

EUR

1.251,00

Differenzbetrag

EUR

590,50

5. Der Arbeitgeber hat daher folgende Beträge zu überweisen

 

 
 

An den Arbeitnehmer

EUR

1.251,00

An den Exekution führenden Unterhaltsgläubiger

EUR

417,00

An das Exekution führende Versandhaus (siehe obiges Beispiel)

EUR

322,00

Existenzminimum bei Sachleistungen

Setzt sich der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers aus Geld- und Sachleistungen zusammen, ist der Sachbezugswert vom unpfändbaren Freibetrag in voller Höhe abzuziehen. Dem Arbeitnehmer muss neben der Sachleistung aber mindestens noch ein Geldbetrag in Höhe des halben allgemeinen Grundbetrages verbleiben (vgl § 292 Abs 4 EO).

Erhöhung des Existenzminimums

Das Exekutionsgericht hat gem § 292a EO auf Antrag des Arbeitnehmers den unpfändbaren Freibetrag (Existenzminimum) angemessen zu erhöhen, wenn dies mit Rücksicht auf

  • wesentliche Mehrauslagen des Verpflichteten, insb wegen Hilflosigkeit, Gebrechlichkeit oder Krankheit des Verpflichteten oder seiner unterhaltsberechtigten Familienangehörigen oder
  • unvermeidbare Wohnungskosten, die im Verhältnis zu dem Betrag, der dem Verpflichteten zur Lebensführung verbleibt, unangemessen hoch sind oder
  • besondere Aufwendungen des Verpflichteten, die in sachlichem Zusammenhang mit seiner Berufsausübung stehen, oder
  • einen Notstand des Verpflichteten infolge eines Unglücks- oder eines Todesfalls oder
  • besonders umfangreiche gesetzliche Unterhaltspflichten des Verpflichteten

dringend geboten ist und nicht die Gefahr besteht, dass der betreibende Gläubiger dadurch schwer geschädigt werden könnte. Der Beschluss über die Erhöhung ist vor Ablauf der Rekursfrist in Vollzug zu setzen.

In der Regel werden besonders umfangreiche gesetzliche Unterhaltspflichten in dem Fall, dass den Verpflichteten Unterhaltspflichten für bis zu fünf Personen treffen, nicht vorliegen. In einem solchen Fall könnten nur besondere außergewöhnliche Umstände die Erhöhung des unpfändbaren Betrags gem § 292a Z 5 EO über das „Existenzminimum“ des § 291a EO hinaus rechtfertigen (RS0102757 = OGH 15.05.1996, 3 Ob 2047/96t).

Herabsetzung des Existenzminimums

Das Exekutionsgericht hat gem § 292b EO auf Antrag des betreibenden Gläubigers das Unterhaltsexistenzminimum angemessen herabzusetzen,

  • wenn laufende gesetzliche Unterhaltsforderungen durch die Exekution nicht zur Gänze hereingebracht werden können,
  • wenn der Verpflichtete im Rahmen des Arbeitsverhältnisses Leistungen von Dritten (zB Trinkgelder) erhält, es sei denn, diese Leistungen sind bereits bei der Pfändung erfasst worden.
  • Das Exekutionsgericht hat weiters auf Antrag auszusprechen, dass eine Unterhaltspflicht nicht zu berücksichtigen ist, soweit deren Höhe den hierfür gewährten unpfändbaren Grund- und Steigerungsbetrag nicht erreicht.

Der Beschluss über die Herabsetzung ist vor Ablauf der Rekursfrist in Vollzug zu setzen.

Ermittlung des Existenzminimums bei freien Dienstnehmern

Freien Dienstnehmer (§ 4 Abs 4 ASVG) ist im Regelfall ebenfalls ein Existenzminimum zu gewähren (§ 290a Abs 1 Z 2 EO). Der Dienstgeber (Drittschuldner) kann das Existenzminimum jedoch nur dann berücksichtigen, wenn die Exekutionsbewilligung einen Pfändungsschutz bzw einen Hinweis auf die Lohnpfändungstabellen enthält. Ist dies nicht der Fall, dann sind die Einkünfte des freien Dienstnehmers voll pfändbar.

Bei der Ermittlung des Existenzminimums sind die ASVG-Beiträge eines freien Dienstnehmers gem § 4 Abs 4 ASVG von der Bemessungsgrundlage abzuziehen. Einkommensteuervorauszahlungen dürfen jedoch nicht abgezogen werden. Die Umsatzsteuer ist als durchlaufender Posten bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht zu berücksichtigen.

Allerdings käme im Hinblick auf die Einkommensteuer ein Erhöhungsantrag gem § 292a Z 3 EO in Betracht (besondere Aufwendungen des Verpflichteten, die in sachlichem Zusammenhang mit seiner Berufsausübung stehen).

Folgende Lohnpfändungstabellen kommen zur Anwendung:

Freie Dienstnehmer erhält ...

Normale Pfändung

Unterhaltspfändung

Keine Sonderzahlungen

1 b m

2 b m

Sonderzahlungen

1 a m

2 a m

Da der freie Dienstnehmer bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage die Einkommensteuer nicht abziehen darf, kann er beim Exekutionsgericht einen Antrag auf Erhöhung des Existenzminimums stellen (§ 292a EO).

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