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Johann Schöffthaler | News | 09.10.2018
Wichtige Änderungen im Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetz
Gastautor Johann Schöffthaler berichtet in seinem Beitrag, welche neuen Bestimmungen seit 1. September 2018 hinsichtlich „Sonstiger Arbeitnehmer/innen“ und „nahe Angehöriger“ gelten.
Durch die Novelle das Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetzes (BGBl I Nr 53/2018) kam es nicht nur zur Einführung des sog 12-Stunden-Arbeitstages (siehe hierzu den Beitrag „Mit 01.09.2018 gilt der 12-Stunden-Arbeitstag“) sondern auch zur Klärung der Begriffe der „sonstigen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen“ sowie „nahe Angehörige“.
Sonstige Arbeitnehmer/innen – leitende Angestellte
Bisher waren gemäß § 1 Abs 2 Z 8 AZG leitende Angestellte, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind, vom Arbeitszeitgesetz ausgenommen.
Dies wurde mit der Novelle nun geändert in: leitende Angestellte oder sonstige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denen maßgebliche selbstständige Entscheidungsbefugnis übertragen ist und deren gesamte Arbeitszeit aufgrund der besonderen Merkmale der Tätigkeit
a) nicht gemessen oder im Voraus festgelegt wird, oder
b) von diesen Arbeitnehmerinnen bzw Arbeitnehmern hinsichtlich Lage und Dauer selbst festgelegt werden kann.
Bestimmungen der Arbeitszeit-Richtlinie
Die Arbeitszeit-Richtlinie der EU (Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung) ermöglicht in Art 17 Abs 1 Ausnahmen für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Laut Regierungsprogramm sollen daher künftig neben den leitenden Angestellten auch „sonstige Personen mit selbstständiger Entscheidungsbefugnis“ gemäß Art 17 Abs 1 lit a der Richtlinie 2003/88 vom Geltungsbereich des AZG ausgenommen werden.
Wann gilt die Ausnahmeregelung?
Grundvoraussetzung für eine Ausnahme ist nach dem Einleitungssatz des Art 17 Abs 1 der Richtlinie, dass die Arbeitszeit nicht gemessen, im Voraus festgesetzt oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt wird. Dies muss sich aus den besonderen Merkmalen der Tätigkeit ergeben. Wird die Arbeitszeit freiwillig nicht gemessen (sogenannte Vertrauensarbeitszeit), liegt diese Voraussetzung daher nicht vor.
Eine solche Ausnahmeregelung kann daher nicht in vollem Umfang auf eine ganze Arbeitnehmer/innengruppe angewandt werden, sondern nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des Einleitungssatzes. Die EU-Kommission hält fest, dass die Voraussetzung nur vorliegt, wenn die gesamte Arbeitszeit und nicht nur ein Teil nicht gemessen werden kann oder selbst festgelegt wird.
In ihrer Mitteilung zu Auslegungsfragen in Bezug auf die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Amtsblatt C 165 vom 24.5.2017, S 45) hat die EU-Kommission dazu festgestellt: „Infolgedessen ist die Kommission der Auffassung, dass unter die Ausnahmeregelung bestimmte hochrangige Führungskräfte fallen könnten, deren gesamte Arbeitszeit nicht gemessen oder nicht im Voraus festgelegt wird, da sie nicht verpflichtet sind, zu festgesetzten Zeiten am Arbeitsplatz anwesend zu sein, sondern über ihre Arbeitszeiteinteilung selbst entscheiden können.“
Bedeutung für die Praxis
Leitende Angestellte oder sonstige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Entscheidungsbefugnissen können daher nur dann ausgenommen werden, wenn die Voraussetzungen „Nichtmessbarkeit bzw Nichtfestlegbarkeit“ oder „Selbstfestlegung“ wegen der besonderen Merkmale der Tätigkeit vorliegen.
Es kann sich daher weiterhin nur um Führungskräfte handeln, die maßgeblichen Einfluss auf den Betrieb haben. Im Gegensatz zum Begriff „leitender Angestellter“, der nach der Judikatur im Wesentlichen nur die 1. und 2. Führungsebene umfasst, wird nunmehr auch die 3. Führungsebene bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen einbezogen.
Somit muss sich jede Firma, welche zB mehrere Filialen in Österreich hat, überlegen ob ihr oder ihre Filialleiter/in dieser Hierarchieebene angehört. Die meisten größeren Konzerne in Österreich besitzen ein Organigramm, aus welchem normalerweise nachvollziehbar und schlüssig erkennbar ist, welche Person welcher Hierarchieebene zuordenbar ist.
Nahe Angehörige
Als „Familienangehörige“ gelten nahe Angehörige gemäß § 284c ABGB. Dazu zählen Eltern, Kinder, Ehegatten und eingetragene Partner, die im gemeinsamen Haushalt leben und Lebensgefährten, die seit mindestens drei Jahren im gemeinsamen Haushalt leben.
Auch bei dieser Gruppe von Beschäftigten ist nach den Bestimmungen der Arbeitszeit-Richtlinie 2003/88 keine generelle Ausnahme möglich, da die Voraussetzungen „Nichtmessbarkeit bzw Nichtfestlegbarkeit“ oder „Selbstfestlegung“ wegen der besonderen Merkmale der Tätigkeit vorliegen müssen (siehe auch § 1 Abs 2 Z 7 AZG).
Alle Änderungen sind mit 1. September 2018 in Kraft getreten.
Mehr zur Novelle des AZG
Für weiterführende Informationen lesen Sie den Beitrag "Seit 01.09.2018 gilt der 12-Stunden-Arbeitstag" inkl Gratis-Download.