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Datenschutzrecht oder Einsichtsrechte des Betriebsrats – Was wiegt stärker?
Eine Balance zwischen Betriebsrat und Datenschutz ist in der betrieblichen Praxis von großer Bedeutung. Erfahren Sie, wie Sie einen rechtskonformen Umgang sicherstellen und welche Rechte innerhalb Ihres Unternehmens dominieren können.
Beitrag zum Praxisseminar:
Ausführliche Informationen erhalten Sie in unserem aktuellen Online-Seminar „Rechtskonformer Umgang mit dem Betriebsrat“.
Um aktuelle Fragen zu den Rechten und Pflichten des Betriebsrats zu verdeutlichen, soll folgende Grundsatzentscheidung herangezogen werden.
Wichtige OGH-Entscheidung zu Datenschutz und Einsichtsrecht des Betriebsrates
OGH vom 17.09.2014 zu 6 ObA 1/14m
Sachverhalt und Lauf des Verfahrens in den ersten beiden Instanzen
Der Betriebsrat begehrte im Unternehmen der Beklagten Einsicht in Gehalts- und Lohnabrechnungen aller Mitarbeiter. Da sich mehrere Mitarbeiter sowohl mündlich als auch schriftlich gegenüber der Geschäftsführung gegen die Übermittlung derartiger Unterlagen an den Betriebsrat aussprachen und um Geheimhaltung ihrer Daten ersuchten, gewährte die Beklagte dem Betriebsrat keine Einsicht. Dagegen richtet sich der Betriebsrat mit seiner Klage.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auf Einsicht des Betriebsrats in die von der Beklagten geführten Aufzeichnungen über Bezüge der Arbeitnehmer, die sich gegen eine Einsicht ausgesprochen hatten, in die zur Berechnung dieser Bezüge erforderlichen Unterlagen, in alle auf diese Bezüge bezugnehmenden Auszahlungsunterlagen sowie in sämtliche Aufzeichnungen, deren Führung durch Rechtsvorschriften vorgesehen ist, insbesondere in Urlaubskarteien und Krankenstandsaufzeichnungen (§ 89 Z 1 ArbVG), statt.
Weiters erklärte es das Unternehmen schuldig, dem Betriebsrat Einsicht in Arbeitszeiterfassungen dieser Arbeitnehmer zu geben sowie den Betriebsrat von jeder seit einem bestimmten Datum erfolgten Einstellung von Dienstnehmern zu informieren, wobei diese Mitteilung Angaben über die vorgesehene Verwendung und Einstufung des Arbeitnehmers, den Lohn oder das Gehalt sowie eine allfällige vereinbarte Probezeit oder Befristung des Arbeitsverhältnisses zu enthalten hat.
Schließlich sprach das Erstgericht aus, dass die Arbeitgeberin gemäß § 99 Abs 4 ArbVG verpflichtet ist, den Betriebsrat von jeder erfolgten Neueinstellung eines Arbeitnehmers zu informieren, wobei die Mitteilung wiederum Angaben über die vorgesehene Verwendung und Einstufung des Arbeitnehmers, den Lohn oder das Gehalt sowie eine allfällige vereinbarte Probezeit oder Befristung des Arbeitsverhältnisses zu enthalten hat.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.
Rechtliche Beurteilung des OGH
Zusammengefasst hat der OGH Folgendes ausgesprochen:
Das Überwachungsrecht des Betriebsrats gem § 89 Z 1 ArbVG besteht auch ohne Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers (Reissner aaO § 89 ArbVG Rz 17; Mosler aaO, § 91 ArbVG Rz 13). Lediglich zur Einsicht in Personalakten ist gem § 89 Z 4 ArbVG die Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers erforderlich (§ 89 Z 4 und § 91 Abs 2 Z 3 ArbVG).
Das Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) enthält ein abgestuftes Modell der Rechte der Einsichtnahme und Information des Betriebsrats und nimmt damit Rücksicht auf die schutzwürdigen Interessen der Dienstnehmer. Zutreffend verweist schon das Berufungsgericht darauf, dass etwa die Einsichtnahme in den Personalakt ausdrücklich an die Zustimmung des Dienstnehmers geknüpft ist (§ 89 Z 4 ArbVG). Weiters bildet auch § 99 Abs 4 ArbVG nach überwiegender Auffassung (Resch aaO, § 99 ArbVG Rz 57) keine Rechtsgrundlage für eine Befugnis zur Überwachung von Individualarbeitsverträgen. Insbesondere hat der Betriebsrat aufgrund dieser Bestimmung kein Recht auf Einsichtnahme in die Dienstzettel gem § 2 AVRAG.
Zutreffend hat auch bereits das Berufungsgericht auf die Verschwiegenheitspflicht der Betriebsratsmitglieder hingewiesen, die durch eine Verwaltungsstrafe (§ 115 Abs 4 ArbVG) und den Entlassungsgrund des § 122 Abs 1 Z 4 ArbVG, allenfalls auch durch § 122 StGB sowie durch einen gerichtlich klagbaren Unterlassungsanspruch, gegebenenfalls auch Schadenersatzansprüche (dazu Mosler in Zeller Kommentar 2 § 115 ArbVG Rz 50; Schneller in Czerny/Gahleitner/Preiss/Schneller, Arbeitsverfassungsrecht 4 § 115 ERl 9; Kuderna in FS Floretta 589 f) sanktioniert ist.
Im Hinblick auf diese vielfältigen Sanktionen im Fall der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht durch ein Betriebsratsmitglied ist jedenfalls davon auszugehen, dass der Gesetzgeber angemessene Garantien für die Wahrung des Datenschutzes auch durch den Betriebsrat geschaffen hat.
Zusammenfassend bringt daher die Beklagte keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung zur Darstellung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.
Abschließende Bemerkungen
Diese Entscheidung wurde noch auf Basis des alten Datenschutzrechts gefällt. Nunmehr wären die Rechtsfragen auf Basis der DSGVO zu klären. Es ist jedoch davon auszugehen, dass dies im Grundsätzlichen zu keinem anderen Ergebnis führen würde.
Wie wohl somit die Rechte des Betriebsrates den Rechten der betroffenen Arbeitnehmer im Bereich des Datenschutzrechts in einigen Punkten vorgehen dürften, so ist in Einzelfällen doch zu beachten, dass die Bestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes nicht jegliche Einsicht in Arbeitnehmer-Dokumente erlauben.
Eindeutig dürfte bisher sein, dass Einsicht in Personalakte oder Dienstverträge nur mit Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers zulässig sein wird. Die Tücke liegt daher wie so oft im Detail.