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Elternteilzeit mit Rechtsanspruch
Rechtliche Grundlagen
Voraussetzungen
Einen Rechtsanspruch auf Elternteilzeit besteht für Dienstnehmerinnen,
- in Betrieben mit mehr als 20 Dienstnehmern,
- deren Dienstverhältnis zum Zeitpunkt des Antritts der Elternteilzeit ununterbrochen drei Jahre gedauert hat, und
- deren wöchentliche Normalarbeitszeit um mindestens 20 % reduziert wird und zwölf Stunden nicht unterschreitet (Bandbreite).
Die Elternteilzeit mit Rechtsanspruch beginnt frühestens mit dem Ende der Schutzfrist und kann längstens bis zum 7. Lebensjahr des Kindes bzw bis zum späteren Schuleintritt des Kindes dauern. Die Mindestdauer der Elternteilzeit beträgt zwei Monate. Dieser gesetzliche Anspruch ist für Mütter in § 15h MSchG bzw für Väter in § 8 VKG geregelt.
Nach dem Ende der Elternteilzeit besteht das Recht auf Rückkehr zur bisherigen Arbeitszeit.
Beginn, Dauer, Ausmaß und Lage der Teilzeitbeschäftigung sind individuell mit dem Dienstgeber zu vereinbaren. Diesbezüglich sind im Gesetz keine zwingenden Vorgaben vorgesehen. Es sind jedoch die betrieblichen Interessen sowie die Interessen des Dienstnehmers zu berücksichtigen.
Ermittlung der Anzahl der Dienstnehmer (20 Personen-Grenze)
Für die Ermittlung der Dienstnehmeranzahl ist maßgeblich, wie viele Dienstnehmer regelmäßig im Betrieb beschäftigt werden. Dabei kommt es nicht darauf an, wie viele Arbeitnehmer zum Antrittszeitpunkt tatsächlich anwesend sind, sondern wie viele dem Arbeitgeber regelmäßig zur Arbeitsleistung zur Verfügung stehen (vgl Nercher/Stech, aaO, Rz 26). Irrelevant ist damit, ob es sich um befristet oder unbefristet aufgenommene Arbeitnehmer handelt, ebenso der Umfang der Beschäftigung (vgl OGH 9 ObA 39/18b).
Hinweis:
Es ist keine reine Stichtagsbetrachtung vorzunehmen, sondern im Hinblick auf den Zeitpunkt des Antritts der Teilzeitbeschäftigung zu beurteilen, ob mehr als 20 Dienstnehmer regelmäßig im Betrieb beschäftigt werden. Es geht daher um die regelmäßige zahlenmäßige Stärke der Arbeitnehmerschaft (Beschäftigtenstand). Wie häufig und in welchen Intervallen die einzelnen Arbeitnehmer herangezogen werden, ist dagegen nicht entscheidend (vgl OGH 9 ObA 76/21y).
Für die Ermittlung der Anzahl der Dienstnehmer sind zu berücksichtigen:
- Vollzeitbeschäftige Arbeiter und Angestellte
- Teilzeitbeschäftigte
- Geringfügig Beschäftigte, wenn sie regelmäßig beschäftigt sind
- Fallweise Beschäftigte, wenn sie regelmäßig beschäftigt sind (vgl OGH 9 ObA 76/21y)
- Lehrlinge
- Leitende Angestellte
- Geschäftsführer mit einem Dienstvertrag
- Leiharbeiter, wenn sie regelmäßig beschäftigt sind
Auch der jeweilige Antragsteller selbst ist bei der Ermittlung der Beschäftigungszahl zu berücksichtigen (vgl OGH 9 ObA 39/18b, Ercher/Stech, aaO, Rz 25; Schrittwieser, aaO, 399).
Auch karenzierte oder sich im Präsenz- oder Zivildienst befindliche, ansonsten regelmäßig beschäftigte Dienstnehmer sind bei der Ermittlung der Gesamtzahl der Dienstnehmer zu berücksichtigen.
Hinweis:
Die Vertretungen für karenzierte oder sich im Präsenz- bzw Zivildienst befindliche Dienstnehmer sind im Gegenzug nicht bei der Ermittlung der maßgeblichen Dienstnehmerzahl zu berücksichtigen.
Nicht zu berücksichtigen sind: Freie Dienstnehmer, Werkvertragsnehmer, Volontäre, Ferialpraktikanten, Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer mit Mehrheits- oder Sperrminoritätsbeteiligung, sowie geringfügig und fallweise Beschäftigte, wenn sie nicht regelmäßig im Unternehmen beschäftigt sind.
Vorübergehende und fallweise Unterschreitungen der Zahlengrenze sind nicht zu berücksichtigen.
In Betrieben mit saisonal schwankender Dienstnehmerzahl gilt das Erfordernis der Mindestanzahl der Dienstnehmer als erfüllt, wenn die Dienstnehmerzahl in den letzten zwölf Monaten vor dem Antritt der Teilzeitbeschäftigung durchschnittlich mehr als 20 Dienstnehmer betragen hat.
Mindestbeschäftigungsdauer
Der gesetzliche Anspruch auf Elternteilzeit besteht nur, wenn das Dienstverhältnis vor dem beabsichtigten Antritt der Elternteilzeit ununterbrochen drei Jahre gedauert hat. Unmittelbar vorausgegangene Dienstverhältnisse zum selben Arbeitgeber sind zwingend anzurechnen (zB Übernahmen von Arbeitern ins Angestelltenverhältnis ebenso wie die volle Anrechnung unmittelbar vorausgegangener Lehrverhältnisse). Ein Unterbrechungszeitraum von 16 Tagen ist noch als „unmittelbar vorausgegangen“ anzusehen.
Längere Unterbrechungen lösen grundsätzlich den Zusammenhang und lassen damit den Lauf der Wartezeit neu beginnen. Wurde jedoch eine Wiedereinstellungszusage oder Wiedereinstellungsvereinbarung getroffen, so hat bei Beendigung und späterer Wiedereinstellung eine Zusammenrechnung zu erfolgen. Die Mindestbeschäftigungsdauer wird durch Ruhen des Arbeitsverhältnisses nicht verkürzt. Im Arbeitsverhältnis liegende Präsenz- oder Zivildienstzeiten sind ebenso einzurechnen wie Zeiten des Beschäftigungsverbotes oder längere Krankenstände.
Weiters sind bei der Ermittlung der Mindestbeschäftigungsdauer auch Karenzzeiten nach MSchG und VKG – sowohl Elternkarenz als auch unbezahlter Urlaub – mit einzubeziehen.
Reduktion der Arbeitszeit
Der gesetzliche Anspruch auf Elternteilzeit besteht nur dann, wenn die wöchentliche Arbeitszeit um mindestens 20 % von der Normalarbeitszeit gesenkt wird und die Mindestarbeitszeit zwölf Stunden pro Woche beträgt (Bandbreite). Dies gilt auch für eine vereinbarte Elternteilzeit. Diese Regelungen findet auch für die einmalige Änderungsmöglichkeit (§ 15j Abs 5 und 6) der Basisvereinbarung der Elternteilzeit Anwendung.
Bei Vereinbarungen außerhalb der Bandbreite liegt dennoch eine Elternteilzeit vor. Da ein Teilzeitmodell außerhalb der Bandbreite ausschließlich aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien zustande kommen kann, ist ein solches Ausgestaltungsmodell nie Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens. Ein gerichtlichen Verfahren ist nur bei einer fehlenden Einigung über die Ausgestaltung innerhalb der Bandbreite möglich.
Verfahren bei Nichteinigung
Auf Verlangen des Dienstnehmers kann bei den Verhandlungen über Beginn, Dauer, Ausmaß und Lage der Elternteilzeit der Betriebsrat hinzugezogen werden. Kommt binnen zwei Wochen ab Bekanntgabe keine Einigung zu Stande, können im Einvernehmen zwischen Dienstnehmer und Dienstgeber Vertreter der gesetzlichen Interessenvertretungen beider Seiten den Verhandlungen beigezogen werden. Der Dienstgeber hat das Ergebnis der Verhandlungen schriftlich aufzuzeichnen. Diese Ausfertigung ist sowohl vom Dienstgeber als auch vom Dienstnehmer zu unterzeichnen. Eine Kopie ist dem Dienstnehmer auszuhändigen.
Kommt binnen vier Wochen ab Bekanntgabe keine Einigung über Beginn, Dauer, Ausmaß oder Lage der Elternteilzeit zu Stande, kann der Dienstnehmer die Elternteilzeit zu den von ihm bekannt gegebenen Bedingungen antreten, sofern der Dienstgeber nicht binnen weiterer zwei Wochen beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht einen Antrag auf einen prätorischen Vergleich (§ 433 Abs 1 ZPO) stellt.
Kommt ein derartiger Vergleich binnen weiterer vier Wochen nicht zustande, kann der Dienstnehmer die Elternteilzeit in Anspruch nehmen, es sei denn, der Dienstgeber bringt binnen einer weiteren Woche beim ASG eine Klage ein. Der Klage ist stattzugeben, wenn die betrieblichen Erfordernisse die Interessen des Arbeitnehmers überwiegen (§ 15k MSchG, § 8c VKG).
Kommt zwischen dem Elternteil und dem Arbeitgeber keine Einigung über die Elternteilzeit zustande, kann die Dienstnehmerin dem Dienstgeber binnen einer Woche bekannt geben, dass er anstelle der Elternteilzeit oder bis zur Entscheidung durch das ASG Karenz (längstens jedoch bis zum Ablauf des 2. Lebensjahres des Kindes) in Anspruch nimmt (§ 15m MSchG, § 8e VKG).
Ein betriebliches Interesse liegt insbesondere dann vor, wenn die Elternteilzeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt und Maßnahmen zur Verhinderung dieser Beeinträchtigung, insbesondere die Aufnahme von Ersatzkräften nicht möglich sind, oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Dasselbe gilt auch im Falle der Änderung der Lage der Arbeitszeit. Bei Unternehmen mit mehreren Filialen, die keine eigenen Betriebe sind, wird auch die räumliche Entfernung der Filialen zueinander zu berücksichtigen sein. So wird es zB im städtischen Bereich leichter sein, den teilweisen Ausfall von Arbeitskräften durch personelle Verschiebungen zwischen den Filialen auszugleichen, als im ländlichen Bereich.
Hinweis:
Eine Rechtsstreitigkeit nach § 15k Abs 3 MSchG setzt eine Bekanntgabe der Dienstnehmerin über Beginn, Dauer, Ausmaß und Lage der von ihr beanspruchten Teilzeitbeschäftigung, das Nichtzustandekommen einer Einigung zwischen der Dienstnehmerin und dem Dienstgeber, weiters einen Antrag des Dienstgebers nach § 433 ZPO und ein Scheitern einer gütlichen Einigung vor Gericht voraus. Will der Dienstgeber in einem solchen Fall verhindern, dass die Dienstnehmerin die Teilzeitbeschäftigung zu den von ihr bekanntgegebenen Bedingungen antreten darf, so muss er eine Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht nach § 15k Abs 3 MSchG einbringen. Diese Klage ist auf die Einwilligung der Dienstnehmerin in die vom Dienstgeber vorgeschlagenen Bedingungen der Teilzeitbeschäftigung gerichtet. Die Verpflichtung zur Klage nach § 15k MSchG obliegt somit immer dem Dienstgeber (OGH 26.02.2016, 8 ObA 8/16h).
Rechtliche Neuerung: Änderung des Zeitrahmens
Bei der Elternteilzeit soll der äußerste Zeitrahmen vom 7. auf das 8. Lebensjahr des Kindes ausgeweitet werden.
Die Änderung betrifft sowohl die Elternteilzeit mit Rechtsanspruch (bei mindestens 3-jähriger Betriebszugehörigkeit und mehr als 20 Dienstnehmer) sowie die Elternteil, die mit dem Dienstgeber vereinbart werden muss (bei weniger als dreijähriger Betriebszugehörigkeit oder maximal 20 Dienstnehmern).
Entsprechend der geplanten Änderung soll Elternteilzeit künftig wie folgt möglich sein
- bis zum Ablauf des achten Lebensjahres des Kindes (Rahmenzeitraum),
- innerhalb dieses Zeitrahmens allerdings im Ausmaß von höchstens sieben Jahren. Vom siebenjährigen Höchstausmaß werden allerdings die Zeit des Beschäftigungsverbotes (Mutterschutz) nach der Geburt sowie die Karenzzeiten für dieses Kind abgezogen.
Hintergrund dieser kompliziert klingenden Regelung ist die – zumindest formale - Erfüllung der EU-Richtlinie („bis zum Alter von acht Jahren“), andererseits aber die Elternteilzeit wieder mit dem (ungefähr) siebenten Lebensjahr zu begrenzen.
Beispiel:
Geburt 18.12.2023, Mutterschutz nach der Geburt: bis 12.02.2024 (56 Kalendertage)
Karenz der Mutter: 13.02.2024 bis 18.10.2025 (614 Kalendertage)
Karenz des Vaters: 19.10.2025 bis 18.12.2025 (61 Kalendertage)
Gewünschte Elternteilzeit (Mutter und/oder Vater): ab 19.12.2025
Der Elternteilzeitanspruch beträgt 7 Jahre bzw 2.557 Kalendertage (365 x 7 + 2 Tage für die Schaltjahre 2024 und 2028)
Von diesen 2.557 Tagen werden die Mutterschutzzeit nach der Geburt und die Karenzen beider Elternteile abgezogen: Somit ergeben sich 1.826 Kalendertage (= 2.557 – 56 – 614 – 61).
Ausgehend vom 19.12.2025 (Elternteilzeitbeginn) ist Elternteilzeit bis zum 18.12.2030 möglich (entspricht in diesem Fall dem 7. Geburtstag des Kindes).
Zahlung für die freiwillige Auflösung des Dienstverhältnisses
Soll der Arbeitnehmer einen finanziellen Anreiz dafür erhalten, dass er der sofortigen beziehungsweise vorzeitigen Auflösung seines Arbeitsverhältnisses zustimmt, dann ist dieser Abfindungsbetrag eine Abgangsentschädigung. Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen sind solche, die der Arbeitgeber freiwillig leistet, um den Arbeitnehmer zur vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses zu bewegen bzw eine solche zu ermöglichen (zB VwGH 2007/15/023). Die Abgangsentschädigung ist in der Praxis ein Anreiz, um eine einvernehmliche Dienstvertragsauflösung mit „schwer kündbaren“ Arbeitnehmern zu erreichen. Schwer kündbar sind zum Beispiel Arbeitnehmer in Karenz oder in Elternteilzeit. Solche Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen sind von der begünstigten Besteuerung ausgenommen und daher gem § 67 Abs 10 EStG im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats zu besteuern (vgl VwGH Ra 2017/15/0073; Ro 2020/13/0013).
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