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Andreas Gerhartl | News | 14.07.2021
Neue Novelle zum Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz
Lesen Sie in diesem Beitrag, welche wichtigen Änderungen die geplante Novelle für Lohn- und Sozialdumping mit sich bringt. Welche Verwaltungsstrafen können drohen?
Der Nationalrat hat noch vor der Sommerpause eine Novelle des LSD-BG beschlossen. Vor dem Hintergrund der EuGH-Judikatur wurden vor allem die Verwaltungsstrafbestimmungen im LSD-BG umfassend überarbeitet. Weiters wurde der Entsendebegriff des LSD-BG an jenen der Entsenderichtlinie angeglichen. Die Neuregelungen hätten überwiegend mit 01.09.2021 in Kraft treten sollen (nun kommt es zu einer zeitlichen Verzögerung des Inkrafttretens, da der Beschluss im Bundesrat noch ausständig ist). |
Anwendungsbereich
Entsendebegriff
Der Begriff der Entsendung nach Österreich im LSD-BG wurde an den Entsendebegriff der Entsende-Richtlinie angepasst. So wurde der Katalog der Ausnahmebestimmungen erweitert und etwa gesetzlich klargestellt, dass die Teilnahme an Schulungen keine Entsendung/Überlassung zur Erbringung einer Arbeitsleistung darstellt. Auch die Lieferung von Waren durch entsandte Arbeitnehmer eines ausländischen Verkäufers bzw Vermieters oder das Abholen von Waren durch entsandte Arbeitnehmer eines ausländischen Käufers oder Mieters fällt nicht unter das LSD-BG. Diese Änderungen dienen vor allem der Klarstellung.
Arbeitsrechtliche Ansprüche
Österreichisches Arbeitsrecht ist auf nach Österreich grenzüberschreitende, entsandte oder überlassene Arbeitnehmer ab einer Dauer der Entsendung von 12 bzw 18 Monaten mit Ausnahme der in der Richtlinie (EU) 2018/957 genannten Bestimmungen iZm dem Abschluss oder der Beendigung des Arbeitsvertrages anzuwenden (§ 2 Abs 3 LSD-BG).
Ein entsandter Arbeitnehmer hat unbeschadet des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Rechts für die Dauer der Entsendung zwingend Anspruch auf zumindest jenen gesetzlichen, durch VO festgelegten oder kollektivvertraglichen Aufwandsersatz für Reise-, Unterbringungs- oder Verpflegungskosten, die während der Entsendung in Österreich anfallen, der am Arbeitsort vergleichbaren Arbeitnehmern von vergleichbaren Arbeitgebern gebührt. Dieser Aufwandersatz umfasst Kosten anlässlich von Reisebewegungen, wenn der Arbeitnehmer von einem regelmäßigen Arbeitsplatz im Inland zu einem anderen Arbeitsplatz im Inland reist (§ 3 Abs 7 LSD-BG).
Montagearbeiten für im Ausland hergestellte Betriebsanlagen, zugehörige Arbeiten zur Inbetriebnahme samt Schulungen sowie etwaig notwendige Reparatur- und Servicearbeiten durch nach Österreich entsendete ausländische Arbeitnehmer sind künftig jeweils – und nicht insgesamt – drei Monate von der Pflicht zur Lohngleichstellung ausgenommen.
Verwaltungsstrafe
Strafrahmen
In der Neuregelung des § 29 Abs 1 LSD-BG wird vom bisherigen Modell der Bestrafung pro Arbeitnehmer abgegangen. Anstelle dessen werden nunmehr mehrere Strafrahmen (in fünf Stufen) vorgesehen. Bei der Gestaltung der Strafrahmen wird auf die Höhe des vorenthaltenen Entgelts bzw bei der letzten Stufe (bis zu EUR 400.000,–) zusätzlich auf den Verschuldensgrad und die Höhe der durchschnittlichen Unterentlohnung abgestellt.
Bei Unterentlohnung drohen Geldbußen bis zu EUR 250.000,–, wenn die Summe des vorenthaltenen Entgelts EUR 100.000,– übersteigt. Für Kleinstunternehmen mit bis zu neun Arbeitnehmern wird für die erstmalige Tatbegehung die Obergrenze des Strafrahmens auf EUR 20.000,– herabgesetzt, wenn auch die Summe des vorenthaltenen Entgelts unter diesem Betrag liegt.
Werden Lohnunterlagen nicht bereitgehalten bzw übermittelt oder Lohnkontrollen vereitelt, drohen Strafen bis zu EUR 20.000,– bzw EUR 40.000,–. Verstöße gegen Meldepflichten bei Entsendung ausländischer Arbeitskräfte nach Österreich können mit bis zu EUR 20.000,– bestraft werden.
Wirkt der Arbeitgeber bei der Wahrheitsfindung unverzüglich und vollständig mit, ist anstelle des Strafrahmens bis EUR 100.000,– bzw EUR 250.000,– der jeweils niedrigere Strafrahmen anzuwenden (Strafmilderung). Die Mitwirkung des Arbeitgebers an der Wahrheitsfindung bezieht sich nur auf das Verwaltungsstrafverfahren (nicht auf das Ermittlungsverfahren der Kontrollbehörden).
Vorläufige Sicherheit und Zahlungsstopp
Eine vorläufige Sicherheit bis zum Höchstmaß der angedrohten Geldstrafe kann eingehoben werden, wenn der begründete Verdacht eines Verstoßes gegen das LSD-BG vorliegt und aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen in der Person des Arbeitgebers (Auftragnehmers) oder Überlassers unmöglich oder wesentlich erschwert sein wird. Das LSD-BG enthält detaillierte Regelungen über das Freiwerden bzw den Verfall dieser Leistung.
Unter diesen Voraussetzungen kann weiters ein Zahlungsstopp verfügt werden. Der Zahlungsstopp darf nicht höher sein als der noch zu leistende Werklohn bzw das noch ausständige Überlassungsentgelt und umfasst (wenn er niedriger ist) jenen Teil dieser Leistung, der zunächst fällig wird. Auch die Verpflichtung zur Hinterlegung einer Sicherheitsleistung kommt in Betracht.
Sonstiges
Die Finanzpolizei wird ermächtigt, die Übermittlung der Lohnunterlagen auch bis zu einem Monat nach der Beendigung der Entsendung bzw Überlassung vom Arbeitgeber (Überlasser) zu verlangen. Diese Unterlagen sind binnen 14 Tagen zu übermitteln. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung ist durch eine Verwaltungsstrafe sanktioniert. Das Amt für Betrugsbekämpfung bzw die Finanzpolizei ist weiters zur Einsichtnahme in die Datenbank des Kompetenzzentrums LSDBG bzw in die Datenbank des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger zu den Sozialversicherungsdokumenten E 101 oder A1 befugt. Diese Kompetenzen kommen auch der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse zu.
Das Fehlen von Informationen auf der Entsendeplattform (www.entsendeplattform.at) über die im Fall einer Entsendung/Überlassung anzuwendenden österreichischen Normen ist einem Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des LSD-BG als Milderungsgrund zu werten. Bei Vereitelungshandlungen iZm der Lohnkontrolle sind im Rahmen der Strafbemessung grob fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln besonders (als erschwerend) zu berücksichtigen.
Der Beschäftiger von grenzüberschreitend nach Österreich überlassenen Arbeitskräften hat deren Arbeitgeber über die für diese geltenden gesetzlichen arbeitsrechtlichen Regelungen und die für deren Entlohnung geltenden kollektivvertraglichen Bestimmungen zu informieren. Dieser Informationspflicht kann auch durch einen Verweis auf die Entsendeplattform (www.entsendeplattform.at) bzw durch einen Hinweis auf die gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften, die im Falle einer Entsendung/Überlassung anzuwenden sind, entsprochen werden.